Berliner Spatz in Gefahr?
Wir rufen am Weltspatzentag zum Schutz von Gebäudebrütern auf
Durch Modernisierungsarbeiten und energetische Sanierungen gehen immer mehr seiner Brutplätze verloren. Um Nistplätze für ihn und andere Gebäudebrüter zu erhalten, ruft der NABU Berlin zum Mitmachen auf.
„Du süßer Spatz" – ein nettes Kompliment, gilt der Spatz doch als gewitzt, drollig und anpassungsfähig. Anders als die Stadttaube hat er die meisten Menschen auf seiner Seite, auch wenn sein monotones Getschilpe schon manchmal etwas nerven kann. In manchen Gegenden war der Spatz so häufig, dass man ihn als Schädling verfolgte und massenhaft tötete. Auf seinen Bestand wirkte sich das jedoch nie nennenswert aus.
Doch in den letzten Jahren es ist still geworden um den Spatz. Weil sein fröhliches Treiben in Deutschland immer seltener zu beobachten ist, wählte der NABU 2002 den Haussperling sogar zum „Vogel des Jahres“. Auf das zunehmende Verstummen des kleinen Spaltenkünstlers will auch der Weltspatzentag aufmerksam machen. Wir beobachten besonders in deutschen Großstädten in den letzten Jahrzehnten einen dramatischen Bestandsrückgang. Wie still es in Großstädten werden kann, wenn Spatzen immer seltener werden, ist zum Beispiel in Hamburg schon zu beobachten. Inzwischen steht der Haussperling in der Roten Liste der gefährdeten Arten sogar bundesweit auf der Vorwarnliste.
Auch das Berliner Stadtbild verändert sich: Durch Sanierungen und Dachausbauten gehen Lebensstätten geschützter Arten verloren. Ein Spalt unter der Dachrinne, eine Fuge in der Brandmauer, das reicht einem Sperling, einem Mauersegler oder einer Fledermaus als Quartier oder Nistplatz – doch davon gibt es immer weniger. Fassaden werden gedämmt und versiegelt, Neubauten sind möglichst glatt, makellos und hermetisch abgedichtet. Das erklärte Ziel der Koalition ist es, mit finanzieller Unterstützung der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, die Rate der energetischen Gebäudesanierung in den nächsten 5 Jahren von 0,8 % auf 2% zu steigern.
Außerdem wächst der Bedarf an Wohnraum ständig – und das alles auf Kosten der Artenvielfalt. Dabei darf das nicht sein. Nach § 44 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten wild lebender Tiere der besonders geschützten Arten zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Ausnahmeregelungen können zum Beispiel für Sanierungen erteilt werden, dann müssen aber u. a. die zerstörten Niststätten im Verhältnis 1:1 ersetzt werden. Allein zwischen 2000 und 2012 wurden Befreiungen für die Zerstörung von mehr als 30.000 Niststätten erteilt, davon rund 26.000 Niststätten von Haussperlingen und Mauerseglern. Damit wurden also auch über 30.000 Ersatzniststätten neu angebracht. Diese Ersatzmaßnahmen sind wahrscheinlich einer der Hauptgründe, warum der Berliner Haussperlingsbestand anders als in allen anderen deutschen Großstädten mit ca. 150.000 Brutpaaren noch relativ groß ist. Die Dunkelziffer von ohne Befreiung zerstörten Niststätten ist jedoch auch in Berlin sehr hoch, da es für Bauherren keine generelle Verpflichtung gibt, bei Baumaßnahmen an Gebäuden einen Gutachter hinzu zu ziehen. Eine „Ausrottung mit Ansage“, findet der Biologe, denn Sanierungsziel ist unter anderem, dass danach kein Tier mehr Zugang in das Haus erhält und damit auch kein Sperling und keine Fledermaus. Dabei ist es ganz einfach, Ersatzniststätten in die oft notwendigen Sanierungen zu integrieren. Die Kosten fallen dabei kaum ins Gewicht.
Der Haussperling steht am Weltspatzentag stellvertretend für viele Singvögel- oder Fledermausarten, die durch schwindende Lebensräume gefährdet sind. Jeder kann persönlich ganz leicht helfen. Pflanzen, die viele Insekten anziehen, können ausgesät, Nistkästen für Spatzen gekauft oder selbst gebaut und angebracht werden. Der NABU Berlin hält dafür Tipps bereit. Doch vor allem Bauherren und Architekten müssen ein Bewusstsein dafür bekommen, dass in Gebäuden auch häufig rechtlich geschützte Vögel und Fledermäuse leben, die bei Baumaßnahmen zu berücksichtigen sind. Werden die Tiere in der Planung früh genug mitgedacht, gibt es in der Regel kein Problem bei der Umsetzung von Sanierungs- oder Bauvorhaben.