Jagd - nur noch bleifrei!
Zum Schutz von Mensch und Tier
Während man bei bleifreiem Benzin bereits seit rund 30 Jahren nicht mehr über den Sinn und Zweck seiner Einführung redet, ist diese Diskussion bei bleifreier Munition teilweise immer noch sehr emotional im Gange. Konkret geht es dem NABU Berlin um die meist sehr dramatischen Nebenwirkungen von bleihaltigen Geschossresten, die insbesondere von Seeadlern mit ihrer Nahrung aufgenommen werden. Dabei sind bleifreie Alternativen bei der Geschosswahl bereits vorhanden, einige Firmen haben sich sogar auf seltene Kaliber spezialisiert und die physikalischen Wirkungen bleifreier Munition sind umfassender untersucht worden als dies jemals zuvor bei anderer Munition der Fall gewesen ist.
Die Population der majestätischen Greifvögel hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, doch drohen ihnen immer wieder herbe Rückschläge durch Vergiftungsfälle, die sich auf lange Sicht negativ auf den Bestand auswirken können. Dies liegt an dem Zeitpunkt ihrer Geschlechtsreife und an der geringen Zahl ihrer Nachkommenschaft pro Brut. Seeadler werden meist fünf bis sechs Jahre alt, bevor sie sich an der Reproduktion beteiligen. Auch gibt es pro Nest meist nur einen Nachwüchsigen, d.h. die Vermehrungsrate ist sehr gering. Die jährlich hohe Zahl an Vergiftungsfällen mit tödlichem Ausgang hatte den NABU Berlin bereits 2009 dazu bewogen, ein Verbot bleihaltiger Munition zu fordern. Dieser Forderung schlossen sich mit Bekanntwerden weiterer Fälle immer mehr Verbände und Institutionen an.
Wie gelangt das Blei in den Seeadler?
Seeadler sind bei ihrer Nahrung nicht immer wählerisch. Sie gehen auch an Aas oder an den sog. Aufbruch, den Jäger nach der Jagd von ihrer Beute meist im Gelände liegen lassen. Auch werden immer mal wieder Rehe oder Wildschweine bei der Jagd nur verletzt, nicht gefunden und verenden dann. Aas mit Resten von Bleimunition gilt mit zu den primären Ursachen für Vergiftungsfälle bei Seeadlern. Da die Magensäure von Greifvögeln wesentlich stärker ist als die des Menschen, gelangt das giftige Blei aus den Geschossresten sehr schnell in den Blutkreislauf des Adlers und führt binnen kurzer Zeit zum Tod.
Die Greifvogelexperten um Rainer Altenkamp haben in den letzten Jahren viele Seeadler qualvoll an Bleivergiftungen sterben sehen. Das giftige Element schädigt die Nerven, Atmung und Bewegungsapparat sind massiv eingeschränkt. Die tödliche Dosis liegt bei 1 bis 2 ppm im Blut des deutschen Wappenvogels, doch in 2012 wurden beispielsweise mehrere Vergiftungsfälle von Seeadlern dokumentiert bei denen mehr als die dreifache Bleidosis gefunden wurde. Besonders tragisch war in 2009 der Verlust des einzigen in Berlin brütenden Seeadler-Weibchens, welches trotz intensiver Bemühungen der Tierärzte nicht gerettet werden konnte. Forschungen aus den Jahren 1996 bis 2005 haben ergeben, dass nahezu ein Viertel aller tot aufgefundenen Seeadler in Deutschland an Bleivergiftung gestorben war (weitere Informationen finden sich dazu unter www.seeadlerforschung.de).
Alternativen vorhanden – der Wille zur Umstellung jedoch nur bedingt
Seit mehr als 20 Jahren ist bereits bekannt, welche Wirkung Bleigeschossreste auf den Organismus haben – egal ob bei Mensch oder Tier. Umsichtige und umweltbewusste Jäger und eine ganze Reihe von Forstverwaltungen zogen in den letzten Jahren die logische Konsequenz und stellten auf bleifreie Alternativgeschosse um. Die Hersteller reagierten ebenfalls auf die veränderte Nachfrage und produzieren mittlerweile alle gängigen Kaliber auch in bleifreien Varianten. Leider gibt es immer noch Jäger, denen es nach wie vor egal ist, ob sie sich, die Konsumenten ihres jagdlichen Erfolges oder die Aasfresser aus dem Tierreich – siehe Seeadler – gesundheitlichen Gefahren ausliefern.
Blei hat als giftiges Schwermetall für Natur und Umwelt gravierende Folgen, ebenso wie für die Gesundheit von Verbrauchern. Blei führt bei Kindern zu verminderten Intelligenz, schädigt das Nervensystem, Nieren und das Herz-Kreislaufsystem. Außerdem wird Blei als krebserregend eingestuft. Vom Verzehr von Wild, welches mit Bleimunition erlegt wurde, wird seitens des Bundesamts für Risikobewertung (BfR 2011) gewarnt.
Es wurden diverse Argumente ins Feld geführt, um nicht auf bleifreie Munition umzustellen. Doch umfangreiche Untersuchungen haben in den letzten Jahren ergeben, dass bleifreie Munition ebenso tierschutzgerecht tötet, wie bleihaltige Munition und auch keine stärkere Abnutzung der Waffen verursacht. Eine unabhängige Auswertung des sog. Abprallverhaltens der bleifreien Geschosse (Mai 2011), zerschlug auch Bedenken hinsichtlich der Jagdsicherheit der neuen Geschosse. „Auf Grundlage der Ergebnisse, den Ausführungen des Gutachters und der anschließenden Diskussion weicht das Abprallverhalten bleifreier gegenüber bleihaltiger Geschosse nicht signifikant ab.“ (BMELV 2011).
Die Munitionsindustrie ist mittlerweile mit der Zeit gegangen und hält für Jäger bleifreie Munition in einer großen Bandbreite von Kalibern und Geschosstypen bereit. Ein Umstieg auf bleifreie Geschosse ist somit jedem Jäger möglich. Die Ergebnisse weiterer Untersuchungen zeigten zudem deutlich, dass die Alternativen beispielsweise aus Kupfer oder Zink sehr wohl in der jagdlichen Praxis einzusetzen sind.
Politische Entscheidung auf Bundesebene steht immer noch aus
Bei der Agrarministerkonferenz im April 2013 hatten sich bereits elf Bundesländer für ein bundesweites Verbot bleihaltiger Munition ausgesprochen und die Bundesregierung mit der entsprechenden Umsetzung beauftragt. Da einige Länder nicht auf eine bundesweite Lösung warten wollen, haben beispielsweise die Landesforsten von Rheinland-Pfalz, Saarland, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern und Berlin auf ihren Flächen bleihaltige Munition verboten. In Schleswig-Holstein gilt dieses Verbot sogar landesweit. Wann mit einem flächendeckenden Verbot bleihaltiger Jagdmunition gerechnet werden kann, ist derzeit noch offen.
11. März 2015
Fälle aus der jüngsten Vergangenheit
Bereits zum vierten Mal starb in diesem Winter ein Seeadler an einer Vergiftung, die durch Reste von Bleimunition in der Nahrung verursacht wurde. Der NABU kritisiert die Jägerschaft scharf, die weiterhin mit bleihaltiger Munition jagt und fordert ein Verbot. Mehr →
Erneut ist ein Seeadler Opfer einer Bleivergiftung geworden. Der NABU Berlin fordert zum wiederholten Male Bund und Länder dazu auf, bleihaltige Munition endlich zu verbieten. Mehr →