Grenzen des Wachstums erreicht
Berliner Umweltverbände fordern eine sozial-ökologische Stadtentwicklung
Berlin steckt mitten in der Klimakrise – das hat zuletzt der im Mittel um vier Grad zu warme Januar gezeigt. Noch ist die Hauptstadt nicht ausreichend auf eine heißere Zukunft vorbereitet, doch die anstehenden Wiederholungswahl bietet Chancen auf eine grundlegend neue Stadtplanung. Deshalb fordern heute fünf Berliner Umweltverbände die Politiker*innen in einer gemeinsamen Erklärung auf, Berlin zu einer echten Zukunftsstadt zu entwickeln. Dafür bedarf es einer sozial-ökologischen Stadtentwicklung, welche die blau-grüne Infrastruktur über Neubauinteressen stellt.
„Durch die Versiegelung für die zahlreichen neuen Stadtquartiere verschärfen wir die Klimakrise“, sagt Juliana Schlaberg, Naturschutzreferentin des NABU Berlin, „das können wir uns einfach nicht mehr leisten! Wir müssen sofort die Netto-Null-Versiegelung umsetzen. Unsere begrenzten Flächen müssen wir zudem sinnvoller nutzen: bereits versiegelte Flächen für Geschosswohnungsbau, alternativ Entsiegelung für artenreiches Stadtgrün und – am allerwichtigsten – wertvolle Freiflächen für die Klimaanpassung erhalten.“
Berlin braucht eine definierte und planungsrechtlich abgesicherte grün-blaue Infrastruktur und einen Stopp des weiteren Flächenverbrauchs. Mehr als die Hälfte der Berliner Landesfläche sind bereits als Siedlungs- oder Verkehrsfläche ausgewiesen. Da bleibt nicht mehr viel für die lebensnotwendige Versorgung mit Grünflächen übrig, die jedoch unverzichtbar für ein erträgliches Stadtklima sind und Lebensraum für Tiere und Pflanzen bieten. Werden die besonders bedrohten, wertvollen grünen Freiflächen kurzfristigen Nutzungsinteressen geopfert, stehen sie der Stadt nicht mehr für nachhaltige Verwendungszwecke zur Verfügung. Das Planungsinstrument, um die Stadtentwicklung in die gewünschte Richtung zu lenken, ist der Flächennutzungsplan.
„Berlin braucht endlich einen Flächennutzungsplan, der die Grenzen des Wachstums der Siedlungs- und Verkehrsfläche definiert und eine neue Steuerungswirkung entfaltet – weg von einer Ausweisung weiterer Baugebiete, hin zu einer Sicherung des Stadtgrüns und Schutz des Stadtklimas", sagt Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND Berlin.
Gert Schoppa, Präsident des Landesverbands der Gartenfreunde ergänzt: „Den politischen Beteuerungen zum Erhalt der Berliner Kleingärten müssen endlich zeitnah Taten folgen. Eine Anpassung des Flächennutzungsplans verbunden mit einer baurechtlichen Erklärung auch zur Sicherung der Flächen unter drei Hektar wäre eine logische Konsequenz aus allen öffentlichen Absichtserklärungen.“
Nicht nur auf planerischer Ebene, auch in der praktischen Umsetzung gibt es derzeit viele Probleme in Berlin. Uwe Hiksch, NaturFreunde Berlin, erklärt: „Die Grünflächenämter und Naturschutzbehörden brauchen deutlich mehr Personal und Finanzmittel, damit das Berliner Grün endlich ausreichend entwickelt, die Artenvielfalt verbessert und das Stadtgrün im Interesse des Naturschutzes und der Aufenthaltsqualität für die Menschen aufgewertet wird.“
Lena Assmann, Grüne Liga Berlin, fügt hinzu: „Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass das Stadtgrün wieder fachgerecht gepflegt wird und auch für die Pflege geschultes Personal eingesetzt wird. Wir dürfen keine weiteren Lebensräume mehr durch mangelnde, falsche oder zu intensive Pflege verlieren. Für die angepasste, biodiversitätsfördernde Pflege und Unterhaltung des Stadtgrüns muss ein ausreichendes Budget bereitgestellt werden."
Ohne die genannten Maßnahmen wird die Lebensqualität in Berlin schon bald sinken. Denn je weniger Grün der Stadt bleibt, desto unerträglicher werden die dicht bebauten Stadtquartiere im Sommer. Fest steht: Die neue Berliner Landesregierung steht vor gewaltigen Herausforderungen, die nun dringender denn je angegangen werden müssen. Gerne unterstützen die Umwelt- und Naturschutzverbände den künftigen Senat bei der sozial-ökologischen Transformation der Stadtentwicklung.
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