Angelmüll gefährdet Berliner Wasservögel
Angler*innen brauchen mehr Umsicht mit Angelmaterial
Berlin, 25.Oktober 2023 – Angeln ist auch in Berlin ein weit verbreiteter Freizeitsport, der sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Obwohl die nachhaltige Entsorgung des mitgebrachten Angelmaterials längst zum verantwortungsvollen Anglerknigge gehört, häufen sich an den Berliner Gewässern zurückgelassene Haken, Köder und abgerissene Leinen – mit zum Teil fatalen Folgen für die dort lebenden Wasservögel.
Viele Schwäne, Reiher oder Enten verheddern sich beim Schwimmen in den sehr reißfesten und kaum sichtbaren Angelschnüren, die oft im Wasser treiben oder an Ästen am Ufer hängen. Darüber hinaus nehmen Wasservögel die von Angler*innen zurückgelassenen Köder samt Angelhaken oft als Nahrung wahr. Verschlucken die Vögel die Köder, verhaken sich diese im Inneren des Tieres. In der Panik versucht sich der Vogel zu befreien. Verschnürungen durch Angelleinen oder Verletzungen durch spitze Haken werden dadurch nur noch aussichtsloser. In den seltensten Fällen kann sich der Vogel aus eigener Kraft von dem Angelmüll befreien und stirbt daran.
Behandlung oft sehr schwierig
In der Klein- und Heimtierklinik der Freien Universität Berlin, Hauptanlaufstelle für verletzte Berliner Wildvögel und enger Partner der NABU-Wildvogelstation, wurden allein in den vergangenen Wochen mehrere Opfer von Angelmüll eingeliefert. „Vögel mit äußerst schmerzhaften Verletzungen durch verschluckte Angelhaken oder um die Beine gewickelte Angelschnüre sind bei uns leider keine Seltenheit”, sagt PD Dr. Kerstin Müller, Leiterin der Arbeitsgruppe Kleinsäuger, Reptilien, Zier‐ und Wildvögel. Oral aufgenommene Angelhaken müssen unter Umständen aufwändig operativ aus dem Magen-Darm-Trakt entfernt werden. Bei Verletzungen durch Umwicklung mit Angelschnüren sind neben der Haut oft auch Muskeln und Sehnen durch Abschnürungen betroffen oder die Verletzungen bereits so weit fortgeschritten, dass Gliedmaßen absterben oder fast amputiert werden müssen. „In solchen Fällen müssen die Tiere eingeschläfert werden, da sie in der freien Wildbahn nicht mehr selbständig leben können“, so Müller. Auch in Fällen mit Aussicht auf Erfolg ist eine Behandlung immer mit viel Stress für das Tier verbunden.
Angelmaterial muss fachgerecht entsorgt werden
Der NABU Berlin und die Klein- und Heimtierklinik der Freien Universität Berlin fordern daher Angler*innen auf, verantwortungsvoll mit der Entsorgung ihres Angelmülls umzugehen. Sämtliche Schnurreste, Köder und Angelhaken müssen fachgerecht entsorgt werden und dürfen nicht im Gewässer oder am Ufer liegen bleiben.
Wer beim Spaziergang am Gewässer Reste von Angelmüll entdeckt, sollte diese einsammeln und erst zu Hause entsorgen. Tiere, die nachts im Müll nach Nahrung suchen, könnten sich sonst in den Schnüren verheddern. Wer Angler*innen sieht, die ihr Zubehör liegen lassen oder falsch entsorgen, sollte sie darauf hinweisen und notfalls dem zuständigem Fischereiverein melden.
Wer einen Vogel mit Resten von Angelmaterial findet und ihn fangen kann, sollte – außer bei leicht entfernbaren Schnüren – nicht selbst versuchen, den Vogel zu befreien. Die Berliner*innen können diese Vögel in einem dunklen, größengerechten Karton in die Klein- und Heimtierklinik bringen. Frei hängende Haken sollten abgeklebt werden, um weitere Verletzungen zu vermeiden. In solchen Fällen können die Bürger*innen aber auch immer bei uns in der Wildvogelstation anrufen. Die Mitarbeiter*innen beraten gerne und versuchen die verletzten Vögel über die Beratung oder vor Ort zu sichern.
Text: Janna Einöder, Marc Engler, 25.10.2023
Sie haben einen verletzten Wildvogel gefunden und wissen nicht, wie Sie sich verhalten sollen? Die Grafik gibt Ihnen eine erste Hilfestellung. Mehr →