Leere Horste, volle Bäume
Herbstbesuch im Storchendorf
Was sofort auffiel, waren die Storchenhorste, die nun schon seit mehreren Monaten leer sind. Der Himmel war bedeckt, aber es war für den Oktober ungewöhnlich warm. Irgendwie hat man ständig erwartet, die Störche zu sehen. Aber wisst ihr, wo die sind? In Afrika! Oder mindestens in Spanien.
Viele Zugvögel unternehmen nämlich den weiten und gefährlichen Zug gar nicht mehr, sondern fliegen einfach nur bis zur nächsten Gegend, in der sie genug zu fressen finden. Insofern ist der Zugvogelkalender schon fast überholt. Und vielleicht gehören solche Spektakel wie in Linum auch bald der Vergangenheit an. Hier wurden am letzten Dienstag noch fast 53.000 Kraniche gezählt! Wie zählt man die? Nun, ganz einfach: Man zählt die Beine und teilt dann durch zwei….Nein, im Ernst, es stehen an festgelegten Stellen Leute, die alle zur gleichen Zeit die Kraniche am Himmel zählen.
Die Kraniche, die jetzt im Herbst bei uns sind, kommen aus Skandinavien. In den letzten Tagen waren viele Kranichtrupps über uns hinweggezogen, dabei trompeten sie laut, so dass man dann auf sie aufmerksam wird. Das war nun allerdings auch die Erklärung dafür, dass am Freitag nur noch relativ wenige Tiere zu sehen waren: Die sind zum überwiegenden Teil weitergezogen! Das tun die Zugvögel, wenn sie genug gefressen haben und der Wind dreht. Wenn der von Norden/Nordosten kommt, haben sie nämlich Rückenwind. Ich selber war bereits am Nachmittag vor Ort, denn es gibt dort für uns Vogel-Begeisterte immer etwas zu sehen. Prompt gab es einen Baum voller Kormorane, viele Graureiher, Dohlen und einen ganzen Baum voller Stare, der schien lebendig zu sein! Im Schilf am Wegesrand waren Bartmeisen, die ließen sich leider nicht fotografieren. Bereits am Nachmittag zogen große Trupps von Graugänsen, Blässgänsen und Saatgänsen über uns sowie viele, viele Kraniche.
Die Jungvögel der Kraniche erkennt man am braunen Kopf. Sie sind Bodenbrüter und Nestflüchter – Ihr erklärt jetzt bestimmt euren Eltern, was das bedeutet, oder? Sie werden ungefähr ende April/Anfang Mai geboren und schon im Herbst fliegen sie mit den Eltern ins ferne Land! Dabei trompeten die Altvögel. Und die Jungvögel piepsen. Das hört sich total lustig an! Man hört es allerdings meist nur, wenn sie relativ weit unten fliegen. Kraniche und Gänse fliegen in größeren Trupps und bilden auf dem Zug Formationen, die aussehen wie ein Pfeil oder die Zahl 1. Das hilft den Vögeln, Energie zu sparen; denn das Fliegen verbraucht sehr viel Kraft.
Der erste Vogel – immer ein erfahrenes Tier – hat am meisten zu tun, aber die hinteren können im Aufwind fliegen, den er oder sie erzeugt und sparen damit Energie. Dieser erste Vogel wird regelmäßig ausgewechselt. Außerdem halten die Tiere damit Sichtkontakt untereinander. Zum Abschied gab es noch zwei weitere Konzerte, nämlich von den Staren auf ihrem Schlafbaum und von den Dohlen. Da war es dann schon so dunkel, dass man die Vögel nicht mehr sehen konnte. Auf jeden Fall kommen wir wieder im nächsten Jahr, die Störche besuchen und vielleicht auch nochmal die Kraniche!