Immerhin Verwandtschaft!
Tiergarten, Tiere und Springkraut
Man glaubt gar nicht, dass man sich mitten in der Großstadt befindet, also mehr Mitte geht nicht! Ich gebe zu, den Straßenverkehr hörten wir die ganze Zeit, aber trotzdem war es ein wunderschöner Rundgang durch diesen Teil des großen Parks. Es ist Herbst, wie wir gleich besprachen, die Zeit der bunten Blätter, der Früchte und der plötzlichen Regengüsse. Letztere haben uns ja überwiegend verschont, aber zum Nachmittag hin wurde es ziemlich nass. Wir hatten jedenfalls Glück und liefen immer am Wasser entlang, dass dort in einem wunderschönen Kanalsystem fließt. Dabei bestimmten wir Bäume, wobei ja als allererstes einmal der der größte Unterschied benannt werden muss, nämlich der zwischen Laubbäumen und Nadelbäumen. Eigentlich ganz einfach, oder? Aber wie kommt das eigentlich zustande? Und warum? Warum haben Bäume Blätter oder Nadeln? Nun, Bäume haben – wie alle Pflanzen – Wurzeln, Stamm (mit Ästen) und Blätter, an denen dann Blüten und später Früchte zu finden sind. Ein Baum ist ein Lebewesen – erinnert euch an die vereinfachte Definition des Lebendigen:
- Stoffaustausch mit der Umwelt
- Reaktion auf äußere Reize
- Wachstum
- Vermehrung
- Evolution
Die Lebewesen teilen wir ein in Pflanzen und Tiere (die anderen lassen wir heute weg). Alle Lebewesen wollen leben und sich vermehren, dazu brauchen Sie Energie. Bäume nehmen Mineralstoffe und Wasser über die Wurzeln auf, verteilen diese dann über die Äste an die Blätter und verdunsten das Wasser dann. Über die Blätter wird auf der anderen Seite Sonnenlicht aufgefangen und damit Zucker hergestellt.
Nadeln sind nichts anderes als Blätter, die eine andere Form haben - sie sind eingerollt - und von einer Wachsschicht umgeben sind, die sie vor dem Austrocknen oder Erfrieren schützt. Sie haben gegenüber den Laubbäumen also diesen Vorteil, aber den Nachteil, dass sie nicht soviel Sonnenlicht aufnehmen und damit Photosynthese betreiben können. Deshalb müssen Nadelbäume ihre „Blätter“ nicht abwerfen, wenn es kalt wird, sind aber nicht so effektiv bei der Energienutzung. (Eine Ausnahme bildet die Lärche, der einzige Nadelbaum bei uns, der seine Nadeln abwirft). Wir sahen dort im Tiergarten überall einen bestimmten Nadelbaum, nämlich die Eibe. Wunderschön, aber hochgiftig! Die rot leuchtenden Beeren haben es schon manchem Kind angetan, die kann man auch noch essen, aber die darin befindlichen Samen sind giftig. Besonders giftig sind allerdings die Nadeln und Zweige. Also passt auf die ganz Kleinen auf! Viele Tiere vertragen die allerdings gut.
Daneben bestimmten wir Erlen (an den Früchten gut erkennbar) und Platanen, gut zu bestimmen an der abplatzenden Rinde. Die Rinde ist die äußere Haut des Stammes, deren äußerste Schicht besteht aus abgestorbenen Zellen, der Borke. Bäume wachsen nicht nur in die Höhe, sondern auch in die Breite, dabei wächst die Rinde mit. Nicht jedoch bei der Platane! Da fällt die alte Rinde ab und eine neue Schicht bildet sich. Eiben haben übrigens eine ganz tolle Rinde und wachsen nicht mit einem hohen, geraden Stamm, sondern sehen sehr pittoresk aus. Man kann diese Bäume auch oft auf Friedhöfen finden.
Und wisst Ihr, wer sich gerne darin verbirgt? Die Waldohreule! Deren Gefieder ist ähnlich gezeichnet wie die Eibenrinde, deshalb sieht man sie fast nicht. Wir guckten uns Pilze auf Totholz an, fanden eine Pflanzenrosette, an deren Blättern eifrig genascht worden war - den oder die Schuldigen haben wir nicht gefunden…Entdeckten an einem Baum einen Tausendfüßer und dabei haben wir uns einige Vögel und Vogelstimmen angeguckt und angehört und da war ein Habichtweibchen!
Dass es ein Weibchen ist, war daran zu sehen, dass es richtig groß ist. Ihr erinnert euch, dass dies bei den meisten Greifvögeln so ist: Die Weibchen sind wesentlich größer und schwerer als die Männchen. Den Ruf jedenfalls haben wir uns gemerkt und werden von nun an alle Habichte in Berlin entdecken 😉Das ist übrigens gar nicht so schrecklich schwer; denn Berlin ist in der Tat die Hauptstadt der Habichte (im Tiergarten alleine gibt es drei Reviere).
Und die Hauptstadt der Nachtigallen. Und der Mauersegler. Und so weiter =) Wir haben also noch einiges vor uns! Wir wanderten dann weiter und freuten uns am Springkraut. Das entwickelt nämlich im Herbst seine Früchte in Form von Kapseln. Die Samen darin werden bei Berührung weggeschleudert. Die Pflanze heißt deshalb auf wissenschaftlich noli-tangere, das heißt „Rührmichnichtan“. Kurz besprachen wir noch Farne, die eine sehr alte Gruppe von Pflanzen sind. Sie tragen an den Unterseiten Ihrer Wedel Gruppen von Sporenkapseln, die in reifem Zustand aufreißen und die Sporen herausschleudern. Auf Rückweg kamen wir an einer großen Gruppe Kanadagänse vorbei, die sind eigentlich in Nordamerika heimisch und sind hier Gefangenschaftsflüchtlinge, und stellten fest, dass auf der anderen Seite des Wassers doch tatsächlich der Zoo lag!
Es fing dann doch ziemlich stark an zu regnen, so dass wir alle froh waren, nach Hause fahren zu können. Übrigens: In Berlin gibt es inzwischen wieder rund 100 Biber, davon ein Revier im Tiergarten. Und was soll ich euch sagen: Wir haben keine Spur von einem gefunden =( Wahrscheinlich haben wir ihn einfach nur nicht entdeckt. Es ist leider, dass die Biber nur Burgen bauen, wenn es kein passendes Uferstück gibt, in das sie ein Erdloch graben können. Darin lebt die Familie dann, das Erdloch kann mit Ästen bedeckt sein. Und auch die berüchtigten Dämme bauen sie nur, wenn der Wasserstand sinkt und den Eingang freizulegen droht. Biber waren bei uns ausgestorben, wie einige andere Tiere, die von den Menschen verfolgt wurden, weil sie irgendwie im Wege waren. Biber verändern die Landschaft, und sie fällen Bäume und fressen auch mal gerne Feldfrüchte. Das alles kann mit den Bedürfnissen der Menschen kollidieren. Dazu kommt, dass der Biberschwanz eine Fastenspeise war, weil der Biber nicht als Fleisch, sondern als Fisch angesehen wurde und deshalb während der Fastenzeit gegessen werden durfte.
Das Biberfell, das extrem dicht ist, wurde gerne für Kleidung genutzt. Biber müssen regelmäßig aus dem Wasser steigen und ihr Fell neu einölen, damit es weiterhin wasserdicht ist. Dazu haben die Tiere Drüsen am Körper, in denen ein Öl hergestellt wird. In Berlin war lange das Problem, dass die Biber zwar in die Spree oder Havel hineinschwammen, aber oft nicht rechtzeitig aus dem Wasser steigen konnten, weil die Ufer befestigt sind.
Wir werden uns mit diesen faszinierenden Tieren noch öfter beschäftigen und bestimmt öfter zumindest Spuren finden. Und warum die Überschrift „Immerhin Verwandtschaft“? Nun, wir sprachen ja wieder über die Zusammenhänge und Beziehungen in der Natur, und Biber und Habicht haben nochmal welche Verwandtschaft? Kleiner Tipp: Fangt ganz oben im System an, so bei Stamm und Klasse und so…Ich kann euch nur empfehlen, diesen Park immer mal zu besuchen und Ausschau nach den wilden Tieren in der Stadt zu gucken. Davon gibt es nämlich reichlich! Also: Augen auf!