Historische Mitte und nickende Tauben
Mehr los als man denkt
Einstmals war hier alles dicht bebaut; denn wir befanden uns in der historischen Mitte der Stadt. Wir standen am Roten Rathaus, wo eines von drei auf Berliner Stadtgebiet brütenden Wanderfalkenpaaren brütet. Das ist auch wieder so etwas, auf das wir in Berlin durchaus stolz sein können. Wanderfalken sind Felsenbrüter, haben aber, genau wie Mauersegler, die Stadt als Felsenersatz entdeckt. Inzwischen hat sich der Bestand dieser tollen Vögel wieder erholt, denen ging es nämlich genauso wie vielen anderen Greifvögeln: Durch den massiven Einsatz von bestimmten Pestiziden hatten ihre Eier keine feste Schale mehr und die Jungen konnten sich nicht entwickeln. Außerdem wurden sie von vielen Menschen gejagt und getötet. Zum Glück lernen wir Menschen ja manchmal doch dazu.
Das Rote Rathaus ist auch der Sitz der Regierung von Berlin, also des Senats. Davon sahen wir heute nichts. Von den Wanderfalken auch nicht. Na ja, ist halt unvorhersehbar. Aber Ihr wisst davon ja nun und achtet darauf! Von der Größe her sind Wanderfalken etwas größer als Tauben, wobei es einen ziemlichen Unterschied in der Größe zwischen Männchen und Weibchen gibt. Wie bei vielen Greifvögeln ist das Weibchen größer, was man im Flug allerdings schlecht einschätzen kann. Bekannt ist vom Wanderfalken, dass er wahnsinnig schnell wird, wenn er jagt, bis zu rund 300 km/h. Wenn Ihr euch mal anguckt, wie schnell ein Auto mit 50 km/h ist und euch das dann sechsmal so schnell vorstellt…Allerdings muss man dazu sagen, dass diese Geschwindigkeit nur im Sturzflug erreicht wird. Hier ein wunderschöner Film über Wanderfalken und Habichte. Letztere kennen wir ja schon gut 😉
Falken gehören übrigens nicht mehr in die Ordnung der Greifvögel, wie man das anhand ihrer Lebensweise mal eingeteilt hatte. Und wie ihr gelernt habt, töten sie ihre Beute nicht mit den „Fängen“ also den Füßen, sondern mit dem Schnabel. Sie sind also „Bisstöter“ im Gegensatz zu den „Grifftötern“. Dazu haben sie an ihrem sowieso scharfen Schnabel noch den sogenannten Falkenzahn. Seit die Wissenschaftler*innen genetische Untersuchungen anstellen können, sind viele Stammbäume durcheinandergewirbelt worden. Und wisst Ihr, wohin die Falken gehören? Zu den Papageienvögeln! Nach dem Neptunbrunnenhaben wir uns welche der dortigen Bewohnerinnen genauer angeguckt (und ein weiterer Grund, weshalb Wanderfalken und Habichte in Berlin so erfolgreich brüten): Die Straßentauben.
Es ist wie mit den Haussperlingen, genannt Spatz: Alle denken die genau zu kennen. Aber wusstet Ihr, dass die Tauben diese Form haben, weil sie ganz starke Brustmuskeln haben? Die Tauben haben diese Muskeln, weil sie damit direkt von der Erde aus starten können. Wir haben versucht, das zu zeigen, aber die Stadttauben sind inzwischen so abgehärtet, dass eine erst versucht hat, zu Fuß aus dem Weg zu gehen und dann ein ganz, ganz kleines Stück geflogen ist =)) Das kennen alle, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Aber achtet einfach darauf, wenn Ihr Tauben seht! Das ist es ja, was ich erreichen will: Guckt genau hin!
Deshalb haben wir an anderer Stelle auch bei einer Gruppe von Vögeln Halt gemacht und ich habe darum gebeten, dass die genau angeguckt und dann beschrieben werden: Den Haussperlingen, genannt „Spatzen“. Wir haben es hier mit einer Art, aber zwei Geschlechtern zu tun. Die Männchen sind die mit dem schwarzen Brustlatz und der grauen Kopfplatte. Die mit dem braunen Kopf und dem Streifen über den Augen sind die Weibchen und Jungvögel. Wir gingen dann ins Nikolaiviertel, den ältesten Teil Berlins. Leider wurden in diesem Bereich auch nahezu alle Gebäude im Zweiten Weltkrieg zerstört. Im letzten Jahrhundert wurde das Nikolaiviertel wiederaufgebaut. Hier sahen wir mehrfach die Zeichen dafür, dass in einem Baum Trupps von Vögeln übernachtet haben. Wenn Vögel schlafen, müssen sie sich nämlich auch erleichtern, sprich Vogelkot ablassen. Und der ist dann unter diesen Bäumen in Mengen zu sehen.
Vögel haben nicht wie Säugetiere einen Körperausgang für Kot und eine Blase mit Harnleiter für Urin. Diese Blase wäre ja dann mit einer Flüssigkeit gefüllt und das wäre beim Fliegen doch sehr hinderlich. Versucht mal, mit einer Schüssel Wasser in der Hand zu rennen, ohne etwas zu verschütten! Das hat so seine eigene Geschwindigkeit! Vielmehr vermischen sich Kot und Urin bei den Vögeln und kommt dann als (überwiegend) weiße Masse aus dem einzigen Ausgang. Anhand des Aussehens kann man übrigens durchaus auch bestimmen, welche Vögel dort gesessen haben. Und wie bei uns kann man auch sagen, ob die z. B. viele Beeren gefressen haben (Rotfärbung) oder Gemüse bzw. Gras gefressen wurde (Grünfärbung). Was wir uns genau betrachteten, war die Tatsache, dass Tauben immer mit dem Kopf nicken, wenn sie laufen. Das machen ganz viele Vogelarten.
Warum viele Vögel hüpfen ist uns wieder eine Beobachtung wert. Hier fanden wir die Frucht der Baum-Hasel, die ursprünglich viel weiter im Südosten beheimatet ist, aber schon lange gerne bei uns angepflanzt wird. Sie ist mit dem heimischen Haselstrauch verwandt, dessen Früchte aber anders aussehen. Wir bestimmten die Linde anhand ihrer Blätter und Früchte, ließen die Frucht hubschraubermäßig zu Boden fliegen, bewunderten den Apfelbaum vor der Kirche, der ganz viele Früchte trug und waren dann alle beschäftigt: Denn weit oben am Himmel waren zwei Greifvögel auszumachen. Zu erkennen daran, dass sie richtig groß waren (aber Vorsicht: Sperber und Turmfalke zum Beispiel sind ziemlich klein) und dass sie am Himmel im Gleitflug unterwegs waren. Man konnte gut erkennen, dass es sich um Mäusebussarde handelt: Breite, abgerundete Flügel, kurzer breiter Schwanz (hier sagt man: Stoß).
Dann wurde unsere Pause von einem sechsbeinigen Besuch unterbrochen – also genau genommen waren nur noch fünf Beine da, aber wir haben akzeptiert, dass es keine fünfbeinigen Tiere gibt….Und während die ersten Rufe nach „Wanze“ klangen, kam ganz schnell „oder Käfer“, seufz…wir besprechen das nochmal ausführlich, keine Angst =) Es dürfte sich hier um eine der vielen Baumwanzen handeln. Wir gingen dann weiter, am Museum Knoblauchhaus entlang, bestimmten Platanen an der abgeplatzten Rinde (erinnert euch an den letzten Bericht) und lernten einen weiteren Nadelbaum (bzw. hier in Buschform) mit Beeren kennen, diesmal nicht rot wie bei den Eiben, sondern blau: Wacholder. Die Beeren vom Gemeinen Wacholder sind ungiftig, aber viele von anderen Arten nicht, also lieber die Finger (und die Schnute) davon lassen! Die Beeren werden als Gewürz verwendet (aber vorsichtig dosieren!) und man kann daraus Schnaps machen. Auf der Mühlendammbrücke (Baustelle! Stress! Krach!) guckten wir hinunter und hinauf und oben zogen Gänse. Keine Stare, die fliegen in dichtem Schwarm – nebenbei bemerkt: Alle, die mit der S-Bahn zum Alexanderplatz gefahren sind, können die vielen, vielen, vielen Stare dort oben nicht übersehen oder überhört haben, wir werden noch das zweite Rom!
Das waren Gänse, sieht aus wie Graugänse, die bilden Formationen, wenn sie auf dem Zug sind. Das spart Energie. Wir sahen eine Große Königskerze, beliebtes Ziel von vielen Insekten, das Gewöhnliche Greiskraut („Greis“ wegen der weißen Haare im Alter) und kamen dann endlich vom Verkehr weg wieder in etwas ruhigere Zonen. Hier konnten wir auch wieder einen Trupp Straßentauben sehen. Wir fanden Pilze, an denen wir prompt wieder zwei interessante Insekten (sechs Beine!!) entdeckten. Eine Feuerwanze, die wir inzwischen alle kennen, und eine Ameise, aber eine mit Flügeln! Geflügelte Tiere bei Ameisen sind nur die sogenannten Geschlechtstiere, also die für die Vermehrung zuständigen Tiere. Dann waren wir am Historischen Hafen, den ich als Ausflugsziel empfehlen kann und wo wir wieder interessante Berliner Mitbewohnende sehen konnten:
- Blässhühner – benannt nach der Blesse auf der Stirn (andere Schreibweise)
- Grünfüßige Teichhühner, davon waren mindestens drei da
- Silbermöwe
- Kormorane
Die letzteren haben im Gegensatz zu anderen Wasservögeln keine Möglichkeit, ihr Gefieder einzuölen, um es vor dem Nasswerden zu schützen. Sie müssen deshalb in der Sonne trocknen, dazu breiten sie die Flügel weit aus. Wenn das Gefieder nass wird, gehen Vögel unter! Dann noch Stockenten, Lachmöwen und einen Buntspecht, dann war es mächtig Zeit, zum Treffpunkt zu gehen, der lag im Köllnischen Park, wo uns Heinrich Zille begrüßte, wir das Märkische Museum bewunderten und am Bärenzwinger die Eltern trafen. Nachdem die letzte Bärin (namens Schnute) 2015 verstorben ist, wurden dort zum Glück keine Bären mehr gehalten; denn das ist ja nun nicht gerade artgerecht. Der Bär ist zwar das Wappentier von Berlin, aber inzwischen ist das hier ein Kulturort. Lieber sollen Menschen tanzen als Bären =) Dort sahen wir noch einen Hausrotschwanz, aber da wart Ihr fast alle schon weg. Es ist erstaunlich, wie viel man auf einem so kurzen Weg sehen und erleben kann. Und wie sehr einem die Füße wehtun können….Und eines haben wir auf jeden Fall erfahren: Stadt ist anstrengend! Übrigens nicht nur für uns: Viele Arten hat es in die Stadt gezogen, weil hier
- nicht gejagt wird
- ein hohes Nahrungsangebot existiert
- es im Durchschnitt wärmer ist, besonders nachts und im Winter