Spuren im Sand und Haarspliss
Nachwuchsentdecker erhalten Einführung im Spurenlesen




Interessiert hören die jungen Naturentdecker zu - Foto: Christine Kuhnert
Der Biesenhorster Sand gehört zu den vom NABU betreuten besonderen Gebieten von Berlin. Hier finden wir zum Beispiel noch Trockenrasen, auf dem eine besondere Tier- und Pflanzenwelt zu finden ist die es nur dort gibt und es herrschen besondere klimatische Bedingungen. Hier könnt Ihr über das Gebiet nachlesen.
Wir hatten aber heute nicht nur vor, das Gebiet einmal zu sehen und ein bisschen kennenzulernen, sondern wir hatten uns mit Stefanie Argow von Hiddentracks verabredet, um uns von ihr in die Kunst des Spurenlesens einführen zu lassen. Spuren sind dabei - das hatten wir auch schon einmal besprochen - nicht nur die Fußabdrücke, sondern alles, was auf die Anwesenheit von Tieren hindeutet.
Und das ging auch schnell los: Eine Ansammlung von Kiefernzapfen, an der man achtlos vorbei gehen kann. Oder man guckt genauer hin, wundert sich, dass darüber ja gar keine Kiefer ist, guckt sich den Baum genauer an und findet: Hier hat jemand die Zapfen in einer Baumspalte festgeklemmt, um sich dann an den Kiefernsamen, die sich im Zapfen befinden, zu laben. Und das war jemand, der keine Hände zum Festhalten hat: Der Specht!
Den hörten wir auch immer wieder mal, wir befanden uns ja in seinem Revier. Wir hörten ihn trommeln und rufen.
Ein Stückchen weiter fanden wir gleich weitere Spuren: Recht tiefe Löcher an einer jungen Birke, wie mit Nägeln geschlagen und die Rinde aufgerissen. Dies wiederholte sich an diesem Baum in mehreren Höhen. Auch hier war der Buntspecht am Werk: Hinter der Rinde befindet sich der Saft, der im Frühjahr ("wenn die Säfte steigen") im Baumstamm nach oben gepumpt wird. Wenn er aus Wunden am Baum austritt, wird er gerne von Fliegen und Schmetterlingen aufgesogen. Er schmeckt süßlich und kann auch von uns Menschen getrunken werden.
Wir gingen jetzt bergab. Das ganze Gebiet ist sehr trocken, aber in manchen Senken findet man ein bisschen Wasser. Und das ist dann immer ein Anziehungspunkt für Tiere. Auf dem Weg hinunter konnte eine weitere Spur besprochen werden, dieses Mal ein Trittsiegel. Wir konnten erkennen, dass es sich um ein Tier mit Hufen (also nicht Pfoten) gehandelt hat und diskutierten kurz, in welche Richtung das Tier gelaufen war, denn eine Seite war viel tiefer eingedrückt als die andere.
Unten angekommen fanden wir eine Senke mit etwas Wasser darin. Wir haben eine Wildschweinsuhle gefunden! Wenn sich das Wildschwein dort drinnen suhlt, reibt es die Uferkante ganz glatt. Es waren auch viele Trittsiegel zu finden (also Fußabdrücke) und hier besprachen wir die Anzahl von Fingern/Zehen bei Tieren und wie diese sich teilweise im Laufe der Evolution zurück gebildet haben.
4 Zehen - Caniden und Feliden (Hunde- und Katzenartige)
3 Zehen - Vögel (nicht alle, guckt mal nach Papageien)
2 Zehen - Paarhufer (Rehe, Hirschen, Wildschweine etc.)
1 Zeh - Pferde
Jetzt wurde es ganz besonders, denn Steffi hatte uns Beine von Schwarzwild (Wildschwein) und Haarwild (Reh) mitgebracht. Wir konnten uns die Hufe ansehen und sehen, dass die beiden Tierarten zwar auf zwei Hufen laufen, aber zwei weitere Zehen weiter oben am Bein noch zu finden sind. Diese nennt man "Afterklauen". Beim Wildschwein sind diese im Fußabdruck gut zu sehen.
Wir fanden sogar Knochen, wahrscheinlich vom Wildschwein, und ein Rehbett! Wenn die Rehe schlafen gehen, räumen sie unter sich die Blätter weg, obwohl es dann kälter und feuchter wird. Dies tun sie wahrscheinlich, weil die Blätter rascheln und deshalb bei jeder Bewegung die Anwesenheit von schlafenden Rehen verraten würden. Spannend, was?
Dann kamen wir zu einem sogenannten Malbaum. Das Wildschwein schubbert sich an diesem Baum kräftig und hinterlässt dabei Gerüche und Spuren, die allen anderen in der Ecke sagen: Das hier ist unser Gebiet! Wir zählten acht Malbäume in der Umgebung, damit hat also die Rotte ihr Revier gegen andere Wildschweine abgegrenzt.
Während der Pause fanden wir noch Kot von Pflanzenfressern, aber die Zeit rannte uns davon und wir gingen noch schnell zu einem schon ziemlich verrotteten Baumstamm. Hier fanden wir ein Nest, in dem und vor allem unter dem Eierschale lag. Es handelt sich um ein relativ großes Nest in Napfform, die Eier waren nicht ganz klein und die blaue Farbe war ein weiterer Hinweis darauf, welcher Vogel hier offensichtlich unvorsichtig versucht hat zu brüten: Eine Amsel. Wir lernten, dass dies ein ganz normaler und ständig vorkommender Vorgang ist, besonders häufig auch bei Ringeltauben, deren Erstbrut fast immer vernichtet, also gefressen wird. Die Bäume und Sträucher sind in der Jahreszeit, in der diese Arten zum ersten Mal brüten, noch kahl und die Nester sind deshalb leicht zu entdecken. Die Rabenvögel (Elstern, Krähen, Eichelhäher etc.) laufen auf dem Boden herum und blicken von unten in die Sträucher. So entdecken Sie Nester ganz leicht! Achtet mal darauf!
Eines gab es noch zu entdecken: An einem kleinen Baum hat ein Rehbock sein Geweih geschabt und dabei seinen Duft hinterlassen, um sein Revier zu markieren.
Und was war nun mit Spliss? Das ist ein Haar vom Wildschwein. Die haben gespaltene Haarspitzen.
Jetzt war es aber Zeit zurück zu gehen. Es hätte noch so viel zu entdecken gegeben, zum Beispiel findet dort im Biesenhorster Sand eine Beweidung mit Schafen statt. Schafe fressen fast alles ab, was hochwächst, verdichten mit ihren Hufen auch den Boden und sorgen so damit, dass die Landschaft so bleibt, wie sie einmal war, als sich dort der Trockenrasen entwickelt hat. Wenn man nämlich nichts unternimmt, ist irgendwann fast alles bei uns mit Wald bedeckt. Und dann sind die ganzen tollen und besonderen Pflanzen und Tiere weg, die nur dort leben können, wo es offen, warm und trocken ist. Dazu gehören die Zauneidechsen, die Sandstrohblume, die Heuschrecken und viele andere.
Wir werden bestimmt wiederkommen, nachdem wir diese tolle Ecke von Berlin kennengelernt haben!
Christine Kuhnert