Der Gemeine Liguster
(Ligustum vulgare)
Eigentlich verbindet man seinen schweren Duft ja mit warmen Sommernächten. Dass wir den Liguster trotzdem im Januar vorstellen, verdankt er seinem Laub, das in milden Wintern lange am Strauch haften bleibt. Damit gehört er zwar nicht zu den immergrünen Gewächsen (wie etwa Efeu oder Buchsbaum), gilt aber als „wintergrün“. Und wer einen Garten hat, weiß in der kalten Jahreszeit ja jedes grüne Pflänzchen zu schätzen, das sich vom allgegenwärtigen Grau-Braun abhebt.
Robuste Schönheit mit duftender Blütenpracht
Sein wintergrünes Laub ist denn auch einer der Gründe, weshalb der Liguster so häufig als Hecken- und Sichtschutzpflanze Verwendung findet. Die anderen Gründe sind seine extreme Anspruchslosigkeit und Schnittverträglichkeit: Klaglos gedeiht der Liguster auch in schlechten (Stadt-)Böden und mit wenig Sonne, lässt sich zu Quadern, Würfeln oder Fantasiegebilden stutzen und gibt damit dem Garten ganzjährig Struktur.
Die jedoch hat einen Preis: Wer den Liguster regelmäßig zurückschneidet, beraubt sich seiner cremeweißen, duftenden Blütenrispen im Juni. Denn wie die meisten heimischen Sträucher bildet der Liguster seine Blütenknospen ausschließlich an jungen Trieben. Kappt man diese, wie es beim Heckenschnitt routinemäßig geschieht, kann die Pflanze niemals blühen.
So ist der Liguster geradezu der Prototyp des Abstandsgrüns – ein Strauch, der zwar überall herumsteht, den aber niemand wirklich wahrnimmt und zu schätzen weiß. Das ist schade, denn der Liguster blüht nicht nur durchaus attraktiv, sondern hat auch der Tierwelt viel zu bieten: Wildbienen, Schwebfliegen, Schmetterlinge und vor allem Nachtfalter fliegen auf seine röhrenförmigen Blüten, die vor allem in den Morgenstunden reich mit Nektar gefüllt sind. Und wo sich Nachtfalter tummeln, finden auch Fledermäuse einen gedeckten Tisch.
Laub und Früchte
Das feste, glänzende Laub des Ligusters, das auf seine Verwandtschaft mit dem Olivenbaum hinweist, sieht zwar nicht nach einer zarten Delikatesse aus, schmeckt aber etlichen Raupenarten gut, etwa dem Ligusterschwärmer, der Bunten Ligustereule oder der Liguster-Rindeneule. Die schwarzen, beerenartigen Steinfrüchte wiederum sind recht bitter und bleiben lange am Strauch hängen, so dass sie Vögeln im Winter über die Runden helfen. Ligusterbeeren gelten zwar als schwach giftig, doch Eltern können unbesorgt sein: Kein Kind würde so viele fies schmeckende Beeren in den Mund stecken, dass ernsthafte Vergiftungserscheinungen auftreten könnten.
Lieber möchten Kinder aus diesen Früchten eine brauchbare Tinte zum Malen und Zeichnen herstellen. Überhaupt hat der Liguster den Menschen in vorindustriellen Zeiten wertvolle Rohstoffe geliefert: Sein hartes Holz nutzte man für Schnitzarbeiten, Beeren, Rinde und Blätter ergaben Tinte und Farbstoffe, und Auszüge von Blättern oder Blüten setzte man gegen Entzündungen der Haut und im Mundbereich ein. Die jungen, langen und biegsamen Triebe schließlich verwendete man in der Korbflechterei, was dem Strauch seinen Namen gab: „Liguster“ leitet sich von „ligare“, dem lateinischen Wort für „flechten“ ab.
So vielseitig wie seine traditionellen Nutzungen sind auch seine Einsatzmöglichkeiten im Garten: Liguster wächst praktisch überall, wenngleich er einen fruchtbaren, eher feuchten Boden bevorzugt. Wichtig ist nur, ihm ausreichend Platz einzuräumen, damit er seine vielen erstaunlichen Talente entfalten kann. Auch Ligusterhecken können durchaus blühen, wenn man nicht den gesamten Austrieb wegschneidet. Vielleicht reicht es ja, sie alle zwei Jahre in Form zu bringen?
Unser Fazit: Ein verkannter Alleskönner, der dringend eine Chance braucht. Pflanzen, wenn nicht bereits vorhanden, und dann in Ruhe wachsen lassen!