Brutablösung beim Turmfalken-Paar - Foto: Turmfalken Webcam
Turmfalken vor der Kamera 2018
Katrin Koch kommentiert das Geschehen
Exponierte, frei anfliegbare Nistplätze mit guter Aussicht sind für Turmfalken „Top-Adressen“ im Häusermeer Berlins. Im Rahmen des Artenhilfsprogramms für Turmfalken wurden daher bevorzugt Turmaufbauten mit Nistkästen bestückt. Am Gebäude der PARK-KLINIK WEISSENSEE wurden 2 Nistkästen im Giebelbereich eingebaut, die von den Falken bereits seit mehreren Jahren besetzt wurden.
Das Falken-Revier
Ein Turmfalkenrevier besteht aber nicht nur aus einem Brutplatz. Benötigt werden gute Sitz- und Ruhewarten, wo die Tiere sich den Rest des Jahres über niederlassen können. Unterhalb solcher Ruheplätze findet man oft die sogenannten „Gewölle“ – kleine pelzige Ballen mit unverdauten Nahrungsresten (Fell- Feder und wenige Knochenreste), welche die Vögel ausspeien.
Um selbst satt zu werden und zusätzlich Junge aufzuziehen bedarf es weiterhin ausreichender Nahrung. Turmfalken haben ein breites Nahrungsspektrum. Als typische Bodenjäger ernähren sie sich größtenteils von Kleinsäugern (Mäuse), Insekten (Heuschrecken, Käfer), Reptilien, Wirbellosen (Regenwürmer!) und Kleinvögeln. Das Beutespektrum Berliner Turmfalken ist gut untersucht (Stefan Kupko, NABU-AG Greifvogelschutz Berlin & Bernau): Hauptbeute sind auch hier Kleinsäuger, der Anteil von Kleinvögeln kann jedoch bis zu 50% betragen! Neben Haussperlingen, Meisen, Grünfinken, Feldsperlingen, Staren werden auch Mauersegler erbeutet - Zeichen der außerordentlichen Flug- und Jagdkünste der Turmfalken.
Der „grüne“ Stadtbezirk Pankow bietet mit seinen Parks, Friedhöfen, Bahntrassen, dem Mauerstreifen, Sportplätzen, Kleingartenanlagen, Gewässerrändern und seiner Stadtrandlage sehr gute Bedingungen als Jagdgebiet. Und so müssen Pankower Turmfalken keine weiten Strecken zurücklegen, um satt zu werden oder Nahrung für die Jungen zu erbeuten.
Auf Wohnungssuche
Die milde Witterung der letzten Jahre nötigte Turmfalken zu keinen weiten Abwanderungen. Daher konnte man auch im Winterhalbjahr immer wieder Turmfalken im Bereich des Klinikgeländes sehen. Infrage kommende Brutplätze werden von den Falken dann schon inspiziert. Bereits im zeitigen Frühjahr wird die Bindung an das Brutrevier enger. Gesteuert durch die Helligkeit und mildere Temperaturen kommt der Hormonhaushalt der Tiere in Fahrt. Kopulationen im Februar – weit vor der Brutzeit – sind keine Seltenheit. Ein gutes Nahrungshabitat sowie ein attraktiver Brutplatz garantieren Erfolge bei potentiellen Partnerinnen. Im Balzritual spielt daher neben einer Flugshow, einhergehend mit lauten Rufen, auch das Zeigen und Besuchen des Brutplatzes eine Rolle.
Das 1. Ei ist da!
2. Mai 2018
Seit dem Wochenende saß das Weibchen oft im Kasteneingang oder war im Nistkasten. Eine flache Vertiefung, die von den Vögeln in den Sand gescharrt wurde, deutete darauf hin, dass demnächst mit der Eiablage zu rechnen war. Am Vormittag des 2. Mai 2018 war es dann soweit - das erste lag Ei in der Nestmulde. Es wird noch nicht von Beginn an „fest“ bebrütet. Die kurzen Brutpausen sind unproblematisch. Beide Vögel- Weibchen und Männchen – bedecken das Ei mit dem Bauchgefieder. Ein federloser Bereich - der sogenannten Brutfleck- ermöglicht dabei den Direktkontakt des Eis mit der Haut der Falken. Im Abstand von 1 bis 2 Tagen werden hoffentlich weitere Eier folgen.
Und da ist schon das 2. Ei!
3. Mai 2018
Überraschender Weise legte das Weibchen am Vormittag des 3. Mai das zweite Ei. Beide Vögel- Männchen und Weibchen bebrüten es abwechselnd.
Vier Eier sind gelegt - jetzt brütet das Paar
9. Mai 2018
Im Abstand von 1–2 Tagen werden die Eier gelegt. Unser Turmfalken-Weibchen legte das dritte Ei am 7. Mai und gestern kam das vierte Ei. Ein komplettes Turmfalkengelege besteht aus vier bis sechs, maximal sieben Stück. Voraussetzung dafür, fruchtbare Eier zu legen, ist die Kopulation mit dem Männchen. Die Partner umwerben sich, kopulieren mehrmals am Tag und festigen ihre Bindung.
Die Eier benötigen die Körperwärme der brütenden Falken, damit sich die befruchteten Eizellen entwickeln können. Federn isolieren bekanntermaßen hervorragend und sind ein schlechter Wärmeleiter. Deshalb vollzieht sich in der Brutzeit an der Unterbrust und am Bauch der Vögel eine Teilmauser – der sogenannte Brutfleck entsteht. Die Eier kommen nun direkt mit der nackten Haut in Berührung. Das Gefieder schirmt das Gelege seitlich ab und die Temperatur von etwa 38°C kann weitgehend konstant gehalten werden. Kommt es zu Störungen am Brutplatz, geht einer der Altvögel zugrunde oder funktioniert die Kommunikation des Brutpaares untereinander nicht, kann das Brutgeschäft unterbrochen werden. Ein damit einhergehender, längere Zeit anhaltender Temperaturrückgang kann die Entwicklung der Embryos stoppen und sie abtöten.
Es erfolgt eine regelmäßige Brutablösung durch das Männchen. Das Weibchen frisst in den Brutpausen die vom Partner gebrachte Nahrung, putzt sich und setzt Kot ab. Dann übernimmt sie wieder das Brutgeschäft.
Die Brutablösungen funktionieren bei unserem Paar hervorragend! Problemlos wechseln sich die beiden ab – ein eingespieltes Team!
Die Brutzeit beginnt
16. Mai 2018
Das Turmfalkenweibchen hat es bei vier Eiern belassen.
Ein Fünfer-Gelege ist eigentlich Durchschnitt bei Berliner Turmfalken, sagt Stefan Kupko, von der NABU AG Greifvogelschutz Berlin & Bernau.
Nun beginnt die etwa vierwöchige Brutzeit. Die Nestmulde blieb bisher an Ort und Stelle. Unsere Sorge, dass die Falken ganz aus dem Sichtfeld der Kamera geraten, ist im Moment hinfällig.
Jetzt ist die Bindung an das Gelege hoch und es bleibt nur wenige Momente unbedeckt. Ganz vorsichtig berühren die Vögel die Eier mit dem Schnabel und den ansonsten kräftigen und wehrhaften Krallen, um sie zu wenden. Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, Substrat in künstliche Nistkästen einzubringen. Ohne die kleine Mulde würden die Eier bei dieser Prozedur schnell auseinander rollen und die Falken hätten Mühe, sie zusammen zu halten. Die unterschiedlichen Temperaturen dieser Woche spielen keine Rolle, unter dem Bauchgefieder der Vögel kühlen die Eier nicht aus.
Teamarbeit
Wir können nur das Geschehen im Nistkasten beobachten – und meist sehen wir bisher das Weibchen beim Brüten. Doch nur durch „Teamarbeit“ kann das Brutpaar sich erfolgreich reproduzieren.
Das Männchen hat einen größeren Einfluss auf den Bruterfolg, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Denn es sucht nicht nur einen geeigneten Brutplatz aus, in das es sein Weibchen lockt, sondern besetzt und verteidigt ihn und das Brutrevier, versorgt das Weibchen und später die kleinen Jungen mit Nahrung. Das Weibchen muss also eine gute Wahl treffen, wenn sie sich verpaart.
Vogeleier sind kleine Wunderwerke
Die schöne Färbung der Eier mit rostroten Flecken und Sprenkeln liegt an den Blutfarbstoffen, die in die Schale eingelagert werden. Die schützende Kalkschicht ist so aufgebaut, dass sie das Gewicht der Eltern tragen, aber auch durch winzige Poren ein Gasaustausch stattfinden kann – Sauerstoff kann hinein, Kohlendioxid wird nach außen abgegeben. Hagelschnüre fixieren das Dotter im Ei, sodass die Lage des sich daraus entwickelnden Embryos stabil bleibt.
Im Ei befindet sich eine große Luftkammer, welche den Gasaustausch des Embryos erleichtert. Die Luftkammer wird mit fortschreitender Embryonalentwicklung durch Wasserverdunstung immer größer, da das Küken vor dem Schlupf auf Lungenatmung umstellen muss. Für die Küken ist es schwere Arbeit die Schale aufzubrechen.
Die Turmfalkenküken sind geschlüpft!
Anfang der 23. Kalenderwoche begann der Schlupf
Große Freude beim Klinik- und NABU-Team: der Schlupf der Turmfalken ist erfolgt!
Anfang der 23. Kalenderwoche begann der Schlupf. Ein kleines Manko gibt es allerdings: Leider liegt die Nestmulde fast außerhalb des Sichtfeldes der Kamera.
Bereits einige Tage vor dem Schlüpfen machen sich die Küken durch Lautäußerungen im Ei bemerkbar. So erkennen die Falken bereits in dieser Zeit die Stimmen ihrer Jungen, die Bindung wird gefestigt und sie können sogar heraushören, ob es ihnen gut geht.
Vor dem Schlupf dreht der Embryo seinen Kopf in Richtung der Luftkammer. Mit dem sogenannten Eizahn, einem kleinen weißen Huckel auf dem Oberschnabel, werden die Schalenhaut sowie die Kalkschale angebrochen. Der Schlupf ist ein enormer Kraftakt, bei dem die Winzlinge mehrere Löcher in die Eischale picken, sich gegen die Schale stemmen, drehen und winden müssen, bis sie es endlich geschafft haben, dass das Eiende sich öffnet. Die Altvögel helfen gelegentlich ihren Küken beim Öffnen der Schale. Der Eizahn fällt nach einigen Tagen ab. Die noch nassen Jungen
trockenen schnell, ihr erstes Dunenkleid ist schneeweiß.
Hudern
Jetzt zählt echte Elternwärme
Die Elternvögel müssen die Kleinen noch unter ihrem Gefieder „hudern“. Das weiße zarte Daunenkleid kann die Jungen noch nicht so gut wärmen. Nun können wir täglich das weitere Wachsen und Gedeihen der Küken verfolgen und es ist nach der eher ruhigen Brutzeit mit deutlich mehr „Action“ im Nistkasten zu rechnen.
Nach der Fütterung kommen die Jungen wieder unter Mutters Fittiche. Die Falkenmutter schiebt sich vorsichtig wieder über ihre Jungen um sie zu wärmen.
Mit zunehmendem Alter rücken die Jungvögel hoffentlich wieder etwas in das Kamerafeld.
11. Juni 2018
Nun ist es gewiss - aus dem Vierergelege schlüpften nur zwei Junge
Die zwei Eier sind ins Blickfeld der Kamera gerückt (rechts ist das weiße Dunenkleid eines der Jungvögel zu sehen). Zwei der vier Eier waren möglicherweise unbefruchtet, die Embryonen haben sich nicht entwickelt oder es gab andere Komplikationen. Es kommt öfter vor, dass nicht aus allen Eiern Jungvögel schlüpfen. Jedenfalls bleibt es bei zwei Jungen, die sich bisher gut entwickeln.
Fütterung
Auf wankenden Beinen
Es ist überwiegend das Weibchen, dass die beiden Jungvögel wärmt und füttert. Das Männchen sorgt sich um die Nahrung. Wenn sie den Kasten verlässt, sieht man wie sich die Jungen zusammenkuscheln. Sie können noch nicht stehen und bleiben weitgehend in der Nestmulde.