Pflegling aus dem Ausland
NABU-Wildvogelstation betreut französische Türkentaube
25.02.2020 – Türkentauben sind in Berlin selten geworden, doch seit Anfang Dezember wird ein Exemplar in der NABU-Wildvogelstation betreut. Jedoch wurde das Tier auch nicht in Berlin gefunden, sondern im tausend Kilometer weit entfernten Frankreich! Wie kam es also dazu?
Jungvogel mit schwerer Verletzung
Gefunden wurde die junge Türkentaube (Streptopelia decaocto) bereits im September von einem aufmerksamen Pärchen während ihres Frankreichurlaubs. Bei einem Spaziergang entdeckten sie den Jungvogel mit einem deutlich abstehenden Flügel am Boden – ein klarer Hinweis also auf eine schwerere Verletzung. Da sie vor Ort keine professionelle Hilfe fanden, entschieden sie sich kurzerhand den jungen Pflegling mit nach Berlin zu nehmen. In Berlin angelangt war vogelkundige, tierärztliche Betreuung schnell gefunden. Die medizinische Versorgung konnte somit umgehend in die Wege geleitet werden. Die Finder betreuten und zogen das Jungtier anschließend selber auf, um den Vogel zeitnah in die Wildnis zu entlassen. Da sie sich aber unsicher über die Flugfähigkeit des Tieres waren und die junge Taube nicht selber fressen wollte, suchten sie sich Rat in der NABU-Wildvogelstation.
Flügel verheilt und trotzdem nicht startbereit
Die Mitarbeiter*innen der Wildvogelstation klärten das Paar darüber auf, dass die Jungvögel von ihren Alttieren bei der Nahrungssuche angeleitet werden und der Übergang zur selbstständigen Nahrungsaufnahme in menschlicher Obhut nicht von alleine funktioniert. Junge Tauben bekommen von ihren Eltern eine sogenannte Kropfmilch, bevor sie nach und nach auf feste Nahrung umstellen. Nachdem der Pflegling in der Station vorgestellt wurde, konnten die Mitarbeiter*innen sich in einer freien Außenvoliere von der Flugfähigkeit und dem gut verheilten Flügel überzeugen. So stand einer Aufnahme in der Wildvogelstation nichts mehr im Wege. Nur die selbstständige Futteraufnahme stellte noch ein großes Hindernis dar. Denn der voll entwickelte Vogel, hatte sich an die regelmäßigen Fütterungen per Hand gewöhnt und konnte nicht alleine fressen. Für eine Freilassung musste die Taube also an das selbständige Fressen herangeführt werden – und das gelang nur durch eine intensive Betreuung durch die Pfleger*innen.
Denn so ein gelerntes Verhalten abzutrainieren ist gar nicht so einfach: Die natürliche Fütterung durch Alttiere muss imitiert werden, indem verschiedene Körner und Kerne angeboten werden. So kann sich die Taube zunächst erst spielerisch an die verschiedenen Futtermittel gewöhnen. Zusätzlich muss die Taube morgens und abends gewogen werden, um sicher zu stellen, dass sie genügend Nahrung aufnimmt. Über den Tag verteilt werden ihr dann immer wieder kleine Futtermengen angeboten, sowie das manuelle Aufnehmen mit dem Schnabel stimuliert. Nach einiger Zeit konnte die Taube durch diese Betreuung ein natürliches Verhalten erlernen und frisst nun selbstständig.
Freilassung in den Frühling
Mittlerweile hat die weit gereiste Taube auch den für ausgewachsene Türkentauben charakteristischen schwarzen Nackenstreifen ausgebildet. Da Türkentauben sich nicht nur von Körnern und Saaten, sondern auch von frischen Trieben und Knospen ernähren, verbleibt sie noch in Obhut der Wildvogelstation, bis die Witterung eine erfolgversprechende Freilassung ermöglicht.
Unsere Wildvogelstation pflegt jährlich hunderte Wildvögel und entlässt sie wieder in die Freiheit, so wie diese Turteltaube. Um die intensive Pflege von Wildvögeln auch weiterhin zu gewährleisten, ist die Wildvogelstation auf Spenden angewiesen. Auch Wildvogel-Patenschaften können übernommen werden und eignen sich gut als nachhaltiges Geschenk.
Malte Tschertner, Rebekka Sens
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