Für Klimaschutz, gegen Naturzerstörung
Forderungen des NABU Berlin zum Ausbau der Windenergie in Berlin
Bis zum Jahr 2032 sollen zwei Prozent der deutschen Landesfläche für Windkraftanlagen genutzt werden. Berlin muss bis dahin 0,5 Prozent seiner Fläche für Windenergieanlagen (WEA) bereitgestellen. Bei 891 Quadratkilometern Fläche entspricht dies ungefähr 446 Hektar – so viel wie der ehemalige Flughafen Tegel. Der NABU Berlin hat daher sieben Forderungen zur naturverträglichen Eingliederung von WEA in die Stadt formuliert.
Geeignete Flächen im dicht besiedelten Berlin zu finden, stellt eine Herausforderung dar. Regelungen zum Abstand von WEA zu Häusern oder Schutzgebieten existieren in Berlin bisher nicht.
Der Flächenbedarf einer WEA hängt von Standort und Anlagentyp ab. Bei einer 200 Meter hohen Anlage beansprucht das Fundament etwa 400 Quadratmeter, die Kranstellfläche zusätzliche 2.000 Quadratmeter. Weitere rund 2.500 Quadratmeter werden für Aufbau und Zuwegung benötigt. Diese Flächen können nach Inbetriebnahme des Windparks nur teilweise zurückgebaut werden.
Gefahr für Wildtiere
Viele Tiere geraten durch Windräder in Gefahr. Vögel, Fledermäuse und Insekten sterben durch Kollisionen mit den Rotoren. Studien zeigen, dass WEA bis zu 40 Millionen Insekten im Jahr töten. Jährlich kommen bis zu 25 Fledermäuse pro WEA um. Sinnvolle Abschaltzeiten können die Zahl der Schlagopfer bei Fledermäusen um etwa 85 Prozent senken. Leider werden derzeit 75 Prozent aller WEA in Deutschland nach wie vor ohne Abschaltzeiten betrieben.
Unter den Vögeln sind besonders die Greifvögel betroffen. Zu den häufigsten Schlagopfern gehören Mäusebussard, Rotmilan und Seeadler.
In Berlin gibt es derzeit sechs große WEA, hauptsächlich in Pankow. Sie erzeugen jährlich 13.000 Megawattstunden und decken damit nur ein Promille des Berliner Strombedarfs. Eine Studie von 2022 zeigt, dass bei Aussparung ökologisch wertvoller Gebiete nur 0,02 Prozent der Landesfläche für den Ausbau der Windkraft geeignet sind. Die gesetzlich geforderten 0,5 Prozent der Fläche lassen sich somit ohne massive Verluste von Arten und Natur nicht umsetzen.
Der NABU Berlin befürwortet grundsätzlich den Ausbau regenerativer Energien. Die Umstellung der Energiewirtschaft auf erneuerbare Quellen ist ein zentraler Baustein des Klimaschutzes, der wiederum erheblich dazu beiträgt, die biologischen Vielfalt auch in Berlin und Umgebung dauerhaft zu erhalten.
Text: Alexandra Rigos, 10.08.2023; Mitarbeit: Björn Heining
Der NABU Berlin fordert...
1. Keine Windkraftanlagen in Wäldern und Forsten
Für den Bau von WEA im Wald müssten große Flächen gerodet sowie Zufahrten freigehalten werden, was Waldflächen zerschneiden würde. In Wäldern sind zudem besonders hohe Verluste bei Fledermäusen zu erwarten, und fast alle in Berlin vorkommenden windenergiesensiblen Arten wie Schwarzmilan, Baumfalke und Seeadler brüten im Wald. Zudem sind die Berliner Forsten bedeutende Naherholungsgebiete.
2. Keine Windkraftanlagen in ausgewiesenen und zukünftigen Schutzgebieten
Wertvolle Lebensräume wie Naturschutzgebiete und Natura 2000-Gebiete (FFH- und Vogelschutzgebiete) müssen tabu sein. Das gilt auch für im Landschaftsprogramm vorgesehene zukünftige Schutzgebiete sowie die für Natur und Erholung wichtigen Landschaftsschutzgebiete.
3. Abstände zu Schutzgebieten festlegen
Zu Naturschutz- und Natura 2000-Gebieten muss ein Abstand von mindestens 500 Metern eingehalten werden.
4. Stark vorbelastete Flächen bevorzugt für Windkraftanlagen nutzen
Der Bau von einzelnen Windrädern an Autobahnen, Bahnflächen, Flughäfen oder in Gewerbegebieten würde den Berliner Landschaftsraum schonen und Konflikte mit dem Artenschutz vermindern. Hierfür müssen differenzierte Abstandsregeln definiert werden.
5. Abschaltzeiten festlegen
Ein optimierter Betrieb der WEA verringert die negativen ökologischen Auswirkungen erheblich. Vor allem Abschaltzeiten sind notwendig, um Kollisionen mit Fledermäusen und Vögeln zu reduzieren. Alle WEA in Berlin müssen daher die im Brandenburger Windenergieerlass (AGW-Erlass) von 2023 festgelegten Abschaltzeiten für Fledermäuse einhalten. Auch für Vögel müssen standortspezifische Abschaltzeiten geprüft und gegebenenfalls festgelegt werden.
6. Andere regenerative Energiequellen stärker berücksichtigen
Geeignete Flächen für große WEA sind in Stadtstaaten wie Berlin äußerst begrenzt. Hingegen wird das enorme Potenzial der Photovoltaik auf den Dächern der Hauptstadt bisher kaum genutzt. Auch zusätzlich zu Solarzellen installierte Kleinwindräder auf Dächern ohne frei drehende Rotoren sollten konsequent eingesetzt werden.
7. Initiative auf Bundesebene einleiten
Für Stadtstaaten sind pauschale Flächenvorgaben für den Neubau von WEA ohne Berücksichtigung der installierten Leistung unsinnig. Berlin muss daher mit den anderen Stadtstaaten erneut eine Initiative starten, um Städten zu ermöglichen, ihren Beitrag zum Ausbau der regenerativen Energien nicht nur über pauschale WEA-Flächenausweisungen, sondern auch über die Leistung zu erbringen. Dabei sind andere regenerative Energien ebenfalls zu berücksichtigen.
Positionspapier "Forderungen zum Ausbau der Windenergie in Berlin"
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