Überraschung aus dem Landwehrkanal
Mäusebussard nun zum zweiten Mal Pflegling in der Wildvogelstation
21.01.2021 – Anfang Januar wurde ein Mäusebussard von Mitarbeiter*innen der Wasserschutzpolizei am Landwehrkanal westlich des Berliner Tiergartens völlig durchnässt auf der untersten Stufe einer Rettungsleiter gefunden. Das Tier wurde noch am gleichen Tag in die Klinik für Kleine Haustiere der Freien Universität Berlin gebracht und dort von den Tierärzt*innen gründlich untersucht. Diagnose: Bis auf stark durchnässtes Gefieder und leicht beschädigten Stoßfedern keinerlei Verletzungen. Vermutlich landete der Mäusebussard aus schwer herzuleitenden Gründen im Kanal und rettete sich in der Not auf die Leiter. Zur weiteren Beobachtung und Pflege übernahm die Wildvogelstation des NABU Berlin das Tier bereits am nächsten Tag.
Kennring verriet den Wiederkehrer
Die große Überraschung: Der Mäusebussard war dem Team der Wildvogelstation bereits bekannt. Das verriet ein angebrachter Kennring mit individueller Nummer am Fuß des Mäusebussards, der für solche Zwecke wie eine Art Personalausweis fungiert. Bereits Anfang Juli letztens Jahres war der Greifvogel hilfsbedürftig am Boden in der Nähe des Checkpoint Charlie in Berlin Mitte gefunden worden. Ein Trauma durch Anflug oder Kollision mit einem Fahrzeug waren damals mit großer Wahrscheinlichkeit die Ursache, warum der Jungvogel nur wenige Wochen nach Ausflug aus dem Nest einige Tage in der NABU Wildvogelstation verbracht hatte. Da der Brutstandort aufgrund eines flächendeckenden Beringungs- und Monitoring-Programms zu Mäusebussarden in Berlin – geleitet durch den wissenschaftlichen Referenten der NABU Wildvogelstation Marc Engler – bereits bekannt war, konnte er damals schon Mitte Juli 2020 wieder freigelassen werden.
Wiederfundraten normalerweise sehr gering
Dieser Wiederfund in nur 3km Entfernung von dem ursprünglichen Nest des Mäusebussards ist dabei etwas sehr Besonderes und das nicht nur aufgrund der allgemein sehr geringen Wiederfundraten von Kennringen. Denn der Wiederfund zeigt zudem, dass sich dieser junge Mäusebussard auch rund sechs Monate nach Ausflug aus seinem Nest weiterhin im Stadtzentrum Berlins unweit seines Geburtsortes aufzuhalten scheint und offenbar die ihm im Stadtgebiet zur Verfügung stehenden Nahrungsangebote weiterhin nutzt. Darüber, ob und in welchem Ausmaß urbane Mäusebussarde aus dem Stadtgebiet in ihrem ersten Jahr abwandern, um neue Lebensräume zu erschließen oder die Vorteile der Stadt vom frühen Alter an ausnutzen, ist noch sehr wenig bekannt. Diese außergewöhnliche Lebensgeschichte des jungen Mäusebussards macht außerdem deutlich, dass Greifvögel vor allem im „Lebensraum Stadt“ einer Vielzahl an potenziellen Gefahren ausgesetzt sind. Kollisionen, Vorfälle mit urbanen Strukturen oder eben solche Gewässerunfälle fallen häufig deutlich dramatischer für den Vogel aus. Nicht selten muss der Vogel mit seinem Leben bezahlen. Daher hatte dieser Mäusebussard gleich zweimal Glück im Unglück.
Doppeltes Glück im Unglück
Dass Pfleglinge mehrfach in die Hände des Teams der Wildvogelstation des NABU Berlin gelangen, kommt ebenfalls nur äußerst selten vor. Die Mitarbeiter*innen der NABU Wildvogelstation sind aus diesem Grund sehr froh, dass sie den nur wenige Tage in Pflege genommenen Mäusebussard kürzlich erneut erfolgreich freilassen konnten – in der Hoffnung, dass er nun ausreichend Erfahrung gesammelt hat, um zukünftigen Gefahren im Berliner Stadtgebiet besser zu entgehen.
Unsere Wildvogelstation pflegt jährlich hunderte Wildvögel und entlässt sie wieder in die Freiheit, so wie diesen Mäusebussard. Um diese Hilfe auch weiterhin möglich zu machen, ist die Wildvogelstation auf Spenden angewiesen. Auch Wildvogel-Patenschaften können übernommen werden.
Marc Engler, Janna Einöder