Fledermäuse auf Erkundungstour
Was tun bei Fenstereinflügen von Fledermäusen
10.08.2018. Ein lauer Sommerabend. Wir freuen uns über den Windhauch, der nach einem heißen Tag die Stadtluft endlich ein wenig abkühlt. Wohlwollend reißen wir unsere Fenster auf und sorgen für einen zaghaften Durchzug in unserer Wohnung. Und plötzlich ist sie da. Was wir erst für einen riesigen Nachtfalter halten, entpuppt sich schließlich als fliegendes Säugetier. Eine Fledermaus hat sich auf ihrer Erkundungstour in unserem Wohnzimmer verirrt.
Ruhe bewahren und Fenster öffnen
Die Jungtiere verlassen im Spätsommer ihre Wochenstuben und so kann es passieren, dass sie auf ihren ersten Ausflügen auf der Suche nach Tagesverstecken durch gekippte oder geöffnete Fenster flattern.
Doch was ist zu tun, wenn eine Fledermaus panisch ihre Runden um den Kronleuchter dreht? Wichtig ist zunächst: Ruhe bewahren und Türen zu anderen Räumen verschließen. Wurde das Tier tagsüber im Fensterrahmen, hinterm Vorhang oder Fensterladen entdeckt, sollte es am besten in Ruhe gelassen werden. Ratsam ist abzuwarten, bis die Fledermaus abends aufwacht. Dann sollte das Licht gelöscht und sämtliche Fenster im Zimmer geöffnet werden. In der Regel finden die Tiere schnell wieder hinaus.
Um schlafende Tiere, an Vorhängen oder Wänden hängend, direkt zu entfernen, sollte man sie vorsichtig mit Handschuhen oder einem Tuch „abpflücken“ und in einen Schuhkarton mit etwas Küchenkrepp oder einem Stofftuch befördern. An einem katzensicheren und kühlen Ort kann der Karton dann zwischengelagert werden, um die Fledermaus abends nach draußen zu bringen und den Karton zu öffnen. Sie wird dann sicher abfliegen können.
Wer in der Nähe eines Fledermausquartiers oder einer Fledermaus-Wochenstube wohnt, kann gelegentlich mit Einflügen rechnen. Dagegen helfen Fliegengaze oder Fliegengitter, die man vorübergehend an Fenstern gegen das Einfliegen anbringen kann.
Wissenswertes
Fledermäuse gehören in Mitteleuropa zu den am stärksten bedrohten Säugetierarten. Ihr Bestand hat sich in den letzten Jahren drastisch verringert. Durch Pflanzenschutzmittel belastete Insekten, der Quartierverlust und auch der Straßenverkehr stellen große Bedrohungen für die Fledertiere dar. Die wärmeliebenden Tiere haben sich unsere kühleren Breiten erobert durch ihre Fähigkeit zum Winterschlaf. Doch jedes Erwachen bedeutet einen hohen Energieverlust – zusätzliche Störungen können sogar tödlich sein.
Das Orientieren im Raum und das Fangen von Insekten geschieht mit Hilfe eines Ortungssystems im Ultraschallbereich – also für uns Menschen unhörbar. Dazu stoßen die Fledermäuse regelmäßig „Schreie“ aus. Durch die Aufnahme des Echos erhalten sie so ein 'Hör-Bild' ihrer Umgebung. Mit diesem Echo-Ortungssystem können sie Objekte mit einem Durchmesser von weniger als 0,2 Millimeter erkennen, ihnen elegant ausweichen, wenn es ein Hindernis ist, oder es fangen, wenn es sich um ein Beutetier handelt.
Nach dem Erwachen aus dem halbjährigen Winterschlaf – meist an einem kühlen, ungestörten, zugfreien Ort – begeben sich die Fledermausweibchen ab Mai in ihre Wochenstubenquartiere. Dort kommen bis zur ersten Junihälfte die Jungtiere zur Welt, die bis Anfang August ausgewachsen sind. Fledermäuse existieren in einer Lebens- und Sinneswelt, in die wir uns nicht annähernd hineinversetzten können. Das kann ein Grund dafür sein, warum Menschen sich nach wie vor ihnen fürchten oder Unbehagen beim Anblick empfinden. Doch dazu besteht kein Anlass, was man schnell merkt, wenn man ihr Verhalten besser kennen lernt.
Fledermäuse haben eine ausgezeichnete Anpassungsfähigkeit an menschliche Bauwerke entwickelt. Sie sind Teil unseres gemeinsamen Ökosystems Stadt und verdienen deshalb unseren Schutz. Denn wegen des schwindenden Lebensraums sind sie bedroht. So zerstört unbedachte Gebäudesanierung zum Beispiel ihre Quartiere. Geeignete Schlaf- und Überwinterungsplätze werden immer seltener.
Text: Katrin Koch und Christine Szyska