Was tun, wenn vor der Haustür gefällt wird?
Wie Sie als Anwohner*in eingreifen können
19. Februar 2020 – In der Zeit vom 1. März bis 30. September verbietet das Berliner Naturschutzgesetz (NatSchG Bln), "… Bäume, Gebüsch, Ufervegetation oder ähnlichen Bewuchs abzuschneiden, zu fällen, zu roden oder auf andere Weise zu beseitigen". Kurz vor Beginn dieser Schonzeit konzentrieren sich genau diese Maßnahmen und grün liebende Bürger*innen schlagen Alarm.
Baumschutz
Für Bäume sind die Straßen- und Grünflächenämter (SGA) der Bezirke zuständig. Die SGA müssen Auskunft über den Grund der Fällung und eventuelle Ausgleichspflanzungen geben. Alle Laubbäume und die Waldkiefer ab einem Stammumfang von 80 cm (gemessen in 1,20m Höhe) sind durch die Baumschutzverordnung (BaumSchVO) geschützt. Für die Fällung solcher Bäume bedarf es einer Genehmigung durch das Grünflächenamt. Diese darf nur erteilt werden, wenn der Baum krank oder umsturzgefährdet ist oder durch den Baum „eine sonst zulässige Nutzung des Grundstücks nicht oder nur unter wesentlichen Beschränkungen verwirklicht werden kann.“ Genehmigungsfrei ist die Fällung der meisten Obst- und aller Nadelbäume außer der Waldkiefer.
Fällgenehmigungen im Rahmen von Bauvorhaben werden meist zusammen mit der Baugenehmigung erteilt. Wird also für den Bau eines Gebäudes z.B. ein Baum gefällt und liegt dafür eine Genehmigung vor, ist die Fällung legal.
Bäume auf öffentlichem Grund können durch die SGA zwar ohne Genehmigung gefällt werden, doch sollten auch bei ihnen Fällgrund und Ersatzpflanzung in den Baumfäll-Listen der Bezirksämter angegeben sein.
Wenn keine Fällgenehmigung vorliegt oder die Fällmaßnahmen bereits im Gange sind und Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einsatzes bestehen, können Sie die Polizei rufen. Sie ist befugt zum Handeln, wenn die sachlich zuständige Behörde nicht mehr rechtzeitig einschreiten kann.
Für die Bäume auf Privatland (auch Bäume in Baufeldern von Bebauungsplänen, Bauvorhaben etc.) ist das Umwelt- und Naturschutzamt zuständig.
Artenschutz – befinden sich Nester oder Höhlen im Baum?
Alle europäischen Vogelarten und Fledermäuse sind nach § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatschG) geschützt. Gleiches gilt für ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten.
Greifvogelnester, Eichhörnchenkobel und Höhlen sind auch außerhalb der Brutzeit dauerhaft geschützt. Für die Fällung von Bäumen mit solchen Lebensstätten bedarf es grundsätzlich einer artenschutzrechtlichen „Ausnahmegenehmigung“ oder einer „Befreiung“, die oft unter Auflagen erteilt wird. Sie ist in der Fällgenehmigung nach der Baumschutzverordnung nicht enthalten!
Liegt eine Ausnahmengenehmigung für die Fällung solcher Bäume vor, muss während der Fällarbeiten unbedingt eine fachkundige Person vor Ort sein und bestätigen, dass die geschützte Lebensstätte nicht bewohnt wird. Nur so kann vermieden werden, dass bewohnte Nisthöhlen oder Fledermausquartiere samt ihrer Bewohner zersägt werden. Die Ausnahmengenehmigung ist von den Baumpflegern mitzuführen und auf Verlangen vorzuzeigen.
Die Fällung von Bäumen und die Rodung von Vegetation innerhalb der Brutzeit sind auf Privatgrundstücken grundsätzlich verboten. In diesem Fall bedarf es daher in jedem Einzelfall auch bei nicht nach der Baumschutzverordnung geschützten Bäumen einer Genehmigung durch die Grünflächenämter. Bei Baumpflegearbeiten in der Brutzeit ist zudem durch eine fachkundige Person sicher zu stellen, dass in dem Baum aktuell nicht gebrütet wird. Die Zerstörung von Nestern mit Eiern oder Jungvögeln ist grundsätzlich verboten.
Schnittmaßnahmen an Bäumen
Bei bestimmten Schad- oder Krankheitsbildern, zur Herstellung des „Lichtraumprofils“ oder aus baumpflegerischen Gründen werden an Bäumen Schnittmaßnahmen vorgenommen. In jedem Fall sind auch bei Schnittmaßnahmen die artenschutzrechtlichen Vorgaben des § 44 BNatSchG zu beachten. Bei Zweifeln wenden Sie sich an die entsprechenden Unteren Naturschutzbehörden der Bezirke.
Aufmerksame Bürger sind gefragt!
Wenn es um den Schutz von Altbäumen und Lebensstätten für Tiere geht, sind Naturschutzverbände wie der NABU Berlin auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen. Jede Person kann sich an das zuständige Bezirksamt wenden, Einsicht in die jeweiligen Unterlagen verlangen und sich die Pläne erläutern lassen. Der Austausch mit Gleichgesinnten ist dabei sinnvoll und kann den Druck erhöhen. Es wäre doch schade, wenn aus einer der grünsten Städte Europas eine der grauesten würde.