Die Europäische Hornisse
Sanfter Riese




Hornissen fressen an Apfel - Foto: Helge May
Hornissen (Vespa) sind aktuell mit zwei Arten in Deutschland vertreten, von denen nur eine als heimische Art zu betrachten ist. Die zweite Art, die Asiatische Hornisse (Vespa velutina), wurde um 2004 aus Ostasien nach Südfrankreich vermutlich mit asiatischen Importwaren eingeschleppt und breitet sich seither rasant aus. Inzwischen ist sie in Belgien, den Niederlanden, Spanien, Norditalien und England angekommen. 2014 wurde sie erstmals in Deutschland in Waghäusel bei Karlsruhe fotografiert.
Merkmale der Europäischen Hornisse
Die auffallend große Faltenwespe ist charakterisiert durch die kräftig gelb-schwarze Musterung des Hinterleibs, deutlich rotbraune Beinansätze, den rot-gelben Kopf und eine rot-schwarze Brust. Die Königinnen erreichen eine Körperlänge von 3,5 bis 4 Zentimeter, die Arbeiterinnen sind um die 2,5 Zentimeter und die Männchen zwischen 2 und 3 Zentimeter groß. Ähnlich gemustert, jedoch wesentlich kleiner und schlanker sind die Königinnen der Mittleren Wespe (Dolichovespula media).
Verwechslungsgefahr besteht darüber hinaus allerdings auch mit anderen Insektenarten. So haben einige Arten, wie beispielsweise der zur Ordnung der Schmetterlinge zählende Hornissenschwärmer (Sesia apiformis) im Laufe der Evolution eine sogenannte Schutzmimikry entwickelt. Durch die gelb-schwarze Zeichnung und das Nachahmen des Summens beim Fliegen hat sich der Schmetterling eine so starke Ähnlichkeit zur Hornisse angeeignet, dass er damit potentielle Fressfeinde abzuschrecken vermag.
Lebensraum
Typischer Lebensraum sind lichte Altbaumbestände und Waldränder, vorzugsweise in Wassernähe. Im Siedlungsraum ist die Art häufig in Parks und Kleingärten anzutreffen. Zum Nisten wählt die Hornisse in der Regel geschützte und warme Hohlräume, wie hohle Bäume, Astlöcher und Spechthöhlen. Da diese natürliche Brutstätte vor allem im Siedlungsbereich des Menschen immer seltener wird, sucht sich die Hornisse dort vermehrt passende hohle Stellen an Gebäuden, beispielsweise in Rollladenkästen, Dachverkleidungen, Dachböden oder anderen Ersatzbehausungen wie Vogelnistkästen.
Vorkommen und Lebensweise

Hornissen-Nest - Foto: Ingo Ludwichowski
Die Entwicklung der Hornissen beginnt Ende April und ist erst im Spätherbst abgeschlossen. Die im April nach der Überwinterung aus dem geschützten Unterschlupf erwachende Hornissenkönigin gründet nach ausgiebigen Erkundungsflügen ihren Staat in der Regel im Mai, indem sie aus zerkautem morschem Holz und Speichel ein Nest errichtet. Dieses besteht am Ende der Entwicklung aus meist sieben bis zehn Wabenetagen, die von einer mehrschichtigen Hülle mit breiten Lufttaschen umgeben sind. Für Faltenwespen ungewöhnlich bleibt diese Hülle bei Hornissennestern oft nach unten hin geöffnet, so dass Waben teilweise offen liegen. In diesem Nest zieht die Königin die erste Generation von Arbeiterinnen auf, die dann die weitere Versorgung des Nests und dessen Ausbau übernehmen. Hierzu legt die Königin Eier auf die Waben.
Bereits nach 30 bis 50 Tagen gegen Mitte Juni entwickeln sich aus den Larven nach einem Puppenstadium die ersten 5 bis 15 Hornissen-Arbeiterinnen. Fortan verlässt die Königin das Nest nicht mehr. Sie wird von den Arbeiterinnen miternährt und konzentriert sich ausschließlich auf die Eiablage. Die maximale Zahl von 300 bis zu 800 Arbeiterinnen wird in der Regel erst gegen Ende August erreicht. Die im September großvolumig ausgebaute, in unterschiedlichen Brauntönen gemusterte Hülle kann maximal bis zu 18 Etagen beherbergen. Es können Nester mit wenigen hundert bis über 9000 Zellen gebaut werden. Die oft deutlich langgestreckten und imposanten Bauten können dabei über 50 cm hoch werden und einen Durchmesser von bis zu 30 cm erreichen.
Die Geschlechtstiere erscheinen schließlich ab Mitte August, zunächst die Männchen und etwas später gegen Ende des gleichen Monats die ersten Jungköniginnen. Die Paarung erfolgt an sonnigen Tagen von Mitte September bis Mitte Oktober. In dieser Zeit kann man die Hornissen an besonnten und lichten Baumreihen beim Anfliegen fester Paarungsplätze beobachten. Die Nestgründerin wird derweil von den Arbeiterinnen zunehmend vernachlässigt, bis sie das Nest zum Sterben verlässt. Die Jungköniginnen ziehen sich nach der Paarung bis zum nächsten Frühjahr zum Überwintern in das Holz morscher Bäume oder in das Erdreich zurück. Die übrigen Hornissen sterben allmählich und die Nester leeren sich bis Anfang November. Die Hornisse ist kein Nestrückkehrer, d.h. die Jungköniginnen verwenden im darauffolgenden Jahr nie das alte verlassene Nest. Es ist jedoch durchaus nicht selten, dass der gleiche Standort wiederholt aufgesucht wird.
Die Hornisse ist in der Lage, bei Platzmangel im alten Nest ein weiteres neues Nest zu bauen und vollständig dorthin umzuziehen. Dieses sogenannte Filialnest entsteht meist im Juli und August kurz bevor die Volksstärke ihren Höhepunkt erreicht.
Eine Besonderheit unter den sozialen Faltenwespen ist die Nachtaktivität der Hornisse. Sie ist die einzige Art, welche auch bei kompletter Dunkelheit noch ausfliegt. Unnatürliche Lichtquellen wie nächtliche Haus- und Straßenbeleuchtungen können der Hornisse bei der Orientierung schaden.
Das steht auf dem Speiseplan
Zur Aufzucht der Brut, die zunächst durch die Königin und später durch die Arbeiterinnen erfolgt, dient ausschließlich tierisches Eiweiß. Die Hornisse verwendet hierzu Insekten aller Art. Da sie auch viele Schädlinge jagt, ist sie insbesondere bei Gärtnern sowie Forst- und Landwirten ein durchaus gern gesehener Gast. Neben anderen Wespenarten gehört auch die heimische Honigbiene zum Nahrungsspektrum der Hornissenlarven, was sie wiederum bei Imkern unbeliebt macht.
Die Imagines der Hornisse ernähren sich vorwiegend von zuckerhaltigen Baumflüssigkeiten. Hierzu bedienen sie sich u.a. gerne an Rindenverletzungen, welche sie gegebenenfalls auch erweitern, und dort austretenden Baumsäften. Typische Gewächse, an der die Hornisse häufig zu beobachten ist, sind die Zweige von Ölbaumgewächsen (Oleaceae) wie Flieder (Syringa) und Esche (Fraxinus). Vom Nektar der Blüten ernährt sich die Hornisse wie die meisten anderen Wespenarten nur relativ selten. Dennoch ist die Art oft über Blüten zu finden, in der Regel allerdings nur, um andere Blüten besuchende Insekten zu erbeuten.
Gefährdung & Schutzstatus
Die Europäische Hornisse ist aufgrund ihrer akuten Bestandsgefährdung in Deutschland seit 1987 nach der Bundesartenschutzverordnung des Bundesnaturschutzgesetzes besonders streng geschützt. Es ist verboten, die Brutstätten der Hornissen zu beschädigen oder zu zerstören sowie einzelne Individuen zu töten, zu verletzen oder zu fangen. Ausnahmen sind hierbei nur bei Vorliegen eines vernünftigen Grundes, wie beispielsweise bestehenden Allergien, und der vorherigen Genehmigung durch die zuständigen Naturschutzbehörden möglich. Die Umsetzung der Nester erfolgt ausschließlich durch geschultes und ausgewiesenes Fachpersonal.
Die Hornisse wurde in Deutschland aufgrund ihres Bestandsrückganges lange Zeit auf der vom Bundesamt für Naturschutz entwickelten „Roten Liste“ geführt. Seit den 70er Jahren hat sich die in ihrem Vorkommen durch Schutzmaßnahmen und Aufklärung ein wenig erholt. So ist sie heutzutage wieder im gesamten Bundesgebiet verbreitet und auch wieder häufiger anzutreffen.
Feinde, Parasiten und Kommensale
Vespa crabro hat durch seine Größe keine direkten Feinde in der Insektenwelt. Größere Tiere wie Vögel und hier insbesondere der Bienenfresser (Merops apiaster) stellen zwar natürlich Feinde dar, erbeuten aber in der Regel nur Einzeltiere die den Fortbestand eines Hornissenstaates nicht gefährden. Je nach Volksstärke können hingegen Spitzmäuse zur Zerstörung der Nester führen, wenn es ihnen gelingt, in diese einzudringen.
Insbesondere bei schwindenden Lebensräumen und hoher Besiedlungsdichte kann letztendlich auch die eigene Art in Form von konkurrierenden, sich gegenseitig schädigenden Hornissenvölkern zum Untergang eines Hornissenstaates führen.
Auch die als Bruträuber aktiven Raupen der Hummelwachsmotte (Aphomia sociella) und der Dörrobstmotte (Plodia interpunctella) können schwache Hornissenvölker befallen und durch Minieren und Zerfressen von Waben die Brut zerstören.
Der Hornissenkurzflügelkäfer (Velleius dilatatus), der sich von den Nahrungsabfällen der Hornissen oder bereits toten Hornissen ernährt, ist ein sogenanner Kommensale der Hornisse, der zwar als Mitesser von der Hornisse profitiert, ohne dieser jedoch zu schaden.
Zum richtigen Umgang mit den Hornissen
Die größte in Mitteleuropa lebende Faltenwespe kann auf den ersten Blick aufgrund ihres eindrucksvollen Erscheinungsbildes durchaus bedrohlich wirken und wird daher leider häufig als besonders gefährlich eingestuft. Die Hornisse ist allerdings im Vergleich zu anderen in Deutschland heimischen Wespenarten ein in der Regel friedlicher und relativ passiver Artgenosse und somit für den Menschen meist auch vollkommen ungefährlich. Bestimmte einfache Verhaltensregeln im Umgang mit dem eigentlich friedfertigen Brummer sollten allerdings beachtet werden. Zwar attackieren die Hornissen den Menschen niemals grundlos, es sollten jedoch Erschütterungen oder hektische Bewegungen am Nest unterlassen werden. Das Vermeiden von zu lautem Sprechen und ein gewisser Sicherheitsabstand zu den Tieren sind ebenfalls ratsam.
Bekommt die Hornisse bei unvorsichtiger Annäherung an das Nest das Gefühl, dieses verteidigen zu müssen, wird sie durchaus auch wehrhaft und es kann in seltenen Fällen zu Hornissenstichen kommen. Doch auch hier ist festzustellen, dass ein Hornissenstich für einen gesunden Menschen ohne eine bestehende Allergie zwar schmerzhaft, aber völlig harmlos ist. Der Stich einer Hornisse ist durch deren längeren und stärkeren Stachel meist etwas intensiver wahrzunehmen, als der einer Honigbiene, das abgegebene Gift dagegen im Vergleich zehnmal schwächer. So bestände in der Theorie erst ab rund 1.000 Stichen der Hornisse für einen Menschen eine Lebensgefahr.
Zuletzt sei noch angemerkt, dass Hornissen im Gegensatz zu den meisten anderen Wespenarten keine Vorliebe für süße Lebensmittel besitzen. In der Regel sind sie am Kaffeetisch nur dann vorzufinden, wenn sie Jagd auf andere Wespen wie die Gemeine (Vespula vulgaris) oder die Deutsche Wespe (Vespula germanica) machen.
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