Die Asiatische Hornisse
Neue Heimat: Europa
Hornissen (Vespa) sind aktuell mit zwei Arten in Deutschland vertreten, von denen nur die Europäische Hornisse (Vespa crabro) als heimische Art zu betrachten ist. Die zweite Art, die Asiatische Hornisse (Vespa velutina), wurde erst um das Jahr 2004 aus Ostasien nach Südfrankreich eingeschleppt und breitet sich seither rasant aus. 2014 wurde sie erstmals in Deutschland in Waghäusel bei Karlsruhe fotografiert.
Merkmale
Die Asiatische Hornisse tritt in ihrer ursprünglichen Heimat in Südostasien in mehreren Unterarten mit zahlreichen unterschiedlichen Färbungen auf. Bei der in Europa beobachteten Asiatischen Hornisse handelt es sich bisher allerdings ausschließlich um eine Unterart: Vespa velutina nigrithorax. Diese ist gekennzeichnet durch ihre schwarzbraune Brust, ihre leuchtend gelben Beine mit dunklen Beinansätzen, ihr leuchtend gelbes Gesicht mit orange-gelber Stirnzeichnung sowie ihr gelb-orange gefärbtes letztes Abdomendrittel. Am Ende des ersten Hinterleibsegmentes trägt sie zudem eine dünne gelbe Binde. Die Königinnen erreichen eine Körperlänge von maximal 3 Zentimetern, die Arbeiterinnen und Drohnen Maße zwischen 1,5 und 2,5 Zentimetern. So ist sie einerseits durch eine geringere Größe als auch durch eine deutlich dunklere Körperfärbung recht deutlich von der Europäischen Hornisse zu unterscheiden.
Verbreitung
Die Asiatische Hornisse ist eigentlich in Südostasien (südliches China, Taiwan, Ostindien, Indonesien) beheimatet. Ungefähr 2004 gelangte sie vermutlich mit Importwaren über den Seeweg aus China nach Bordeaux und breitet sich seitdem, vermutlich auch begünstigt durch mildere Winter im Zuge des Klimawandels, beständig auch in Europa aus. Inzwischen hat sie vor allem weite Teile Frankreichs besiedelt, man findet sie neben Deutschland aber auch schon in Belgien, England, den Niederlanden, Norditalien und Spanien. Hierzulande ist sie noch sehr selten zu beobachten. Sie wurde bisher insbesondere im Südwesten und in Hessen, seit 2019 nun aber auch in Hamburg nachgewiesen. 2020 konnten dort mindestens vier aktive Nester aufgespürt werden. Eine durchschnittliche jährliche Ausbreitungsgeschwindigkeit von 78 Kilometern in Frankreich zeigt, dass sich die eingewanderte Art anscheinend auch in Europa gut zurechtfindet. Da die Asiatische Hornisse bei uns zusätzlich nur wenig Fressfeinde oder andere Konkurrenten vorfindet, ist es nicht auszuschließen, dass diese neue Hornissenart zukünftig wie die verwandte Europäische Hornisse ganz Deutschland und weite Teile Europas besiedeln wird. Zuletzt wurde die Asiatische Hornisse im September 2020 erstmals auch in Luxemburg nachgewiesen.
Lebensraum
In ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet in Südostasien lebt Vespa velutina überwiegend im Gebirge, in Indonesien aber auch im tropischen Tieflandregenwald. In Europa besiedelt die Art insbesondere ländliche Regionen und Stadtränder mit hochwachsendem Baumbestand, vorzugsweise in Flußtälern und Höhenlagen von bis zu 200 Metern. In dichteren, geschlossenen Wäldern findet man sie in der Regel allerdings nicht.
Die Art ist nicht nur als klassischer Freinister zu sehen, die ihre großen, kugelförmigen und regenresistenten beigebraunen Nester freihängend und weit oben in Bäumen baut. In Nordspanien erreicht die Art mittlerweile hohe Dichten und besiedelt dort vermehrt auch von Menschen gebaute Niststandtorte, wie Schuppen, Ställe, Rollladenkästen und Dachvorsprünge. Gelegentlich findet man die Nester auch in Bodennähe oder unterirdisch. Unsere einheimische Europäische Hornisse besiedelt ähnliche Standorte. Im urbanen Kontext ist eine direkte Konkurrenz, um Niststandorte zwischen den beiden Arten insbesondere bei hohen Abundanzen zu erwarten.
Vorkommen und Lebensweise
Die Volksentwicklung der Asiatischen Hornisse ist wie die der Europäischen Hornisse langzyklisch und beginnt im Frühjahr mit der Nestgründung durch eine einzelne im Vorjahr begattete Jungkönigin. Diese baut aus zerkauten Holzfasern meist ab April das Nest und kümmert sich um die Brutpflege der ersten Generation an Arbeiterinnen. Erst später gegen Anfang Juni, nach dem Schlupf dieser Arbeiterinnen-Generation, werden die Aufgaben des Nestbaus, der Brutpflege und der Nahrungsbeschaffung von diesen Weibchen übernommen, die Königin widmet sich von nun an ausschließlich der Eiablage. So entstehen bis zum Frühherbst elliptische Nester mit einer Höhe von bis zu einem Meter bei einem Durchmesser von bis zu 80 Zentimetern und mit Völkern von mehreren Tausend Tieren.
Die charakteristische Lage des Nesteingangs von Vespa velutina, das sich an der Seite im oberen Drittel des Nestbaus befindet, ist ein deutliches Unterscheidungsmerkmal zu Nestern von Vespa crabro, die oft nach unten hin geöffnet bleiben. In Europa erreicht die Völkstärke meist um die 2.000 Hornissen, in Südostasien ist sie mit bis zu 10.000 Individuen oft deutlich größer. Vespa velutina produziert hierbei erheblich mehr Drohnen als Jungköniginnen, so dass die geschlechtsreifen Weibchen von mehreren geschlechtsreifen Männchen begattet werden. Nach der Paarung beginnt das Absterben des Volkes, welches meist erst im November endgültig abgeschlossen ist. Nur die begatteten Jungköniginnen überwintern und gründen im nächsten Frühjahr ein neues Volk.
Vespa velutina ist im Gegensatz zu Vespa crabro weniger nachtaktiv.
Das steht auf dem Speiseplan
Zur Aufzucht der Brut wird, wie bei den meisten sozialen Faltenwespen üblich, tierisches Protein als Nahrung verwendet. Je nach Angebot werden Aas und unterschiedliche Beutetiere, insbesondere aber Insekten aller Art verfüttert. Zum Nahrungsspektrum zählen neben der bevorzugt bejagten und hier heimischen Westlichen Honigbiene (Apis mellifera), die bis zu 80 Prozent der Beute ausmacht, auch weitere Hautflügler (Hymenoptera) sowie Fliegen (Brachycera), Mücken (Nematocera), Libellen (Odonata) und Käfer (Coleoptera). Vespa velutina ist ein durchaus geschickter Jäger und sogar imstande, kürzere Strecken rückwärts zu fliegen.
Die adulten Tiere der Asiatischen Hornisse ernähren sich bevorzugt von kohlenhydratreicher Nahrung wie Nektar, reifen Früchten und zuckerhaltigen Baumflüssigkeiten.
Gefährdung & Schutzstatus
Die Art Vespa velutina nigrithorax wurde aufgrund ihres hohen Ausbreitungspotenzials und als mutmaßlicher Schädling insbesondere für die Honigbiene auf die EU-Liste der invasiven gebietsfremden Arten von europaweiter Bedeutung gesetzt. Hierdurch ergeben sich für alle EU-Mitgliedstaaten umfangreiche Melde- und Handlungspflichten zur Früherkennung, Dokumentation und Bekämpfung der Asiatischen Hornisse. Nest- und Individuenfunde müssen somit umgehend der Oberen Naturschutzbehörde, der die Durchführung der Bekämpfung obliegt, gemeldet werden. Der NABU Hymenopterendienst Berlin ist von der Oberen Naturschutzbehörde als kompetente Anlauf- und Früherkennungsstelle beauftragt worden. Wir dokumentieren die Ausbreitung der Art und stellen der Berliner Bevölkerung Fachinformation zur Verfügung.
Zum richtigen Umgang mit der Asiatischen Hornisse
Die Asiatische Hornisse kann aufgrund ihrer Größe und ihres eindrucksvollen Erscheinungsbildes durchaus bedrohlich wirken. Sie ist allerdings ähnlich wie die Europäische Hornisse ein relativ friedlicher und defensiver Artgenosse und für den Menschen meist auch vollkommen ungefährlich. So besteht bei Sichtung keinerlei Grund zur Panik. Lediglich Annäherungen unter zwei Meter an ihre Nester sollten vermieden werden, um die Hornissen nicht unnötig zu reizen. Stiche sind dabei nicht gefährlicher als die der einheimischen Wespenarten. Im Gegensatz zur Gemeinen und Deutschen Wespe gehen sie weder an süße Speisen noch an Getränke, sondern lediglich an reifes Fallobst.
Mögliche Folgen als gebietsfremde Art
Die Asiatische Hornisse ist eine bei uns nicht natürlich vorkommende Wespenart und zeigt zudem ein hohes invasives Potential. Ihre Einwanderung nach Europa gilt inzwischen als unumkehrbar. Häufig haben vom Menschen eingeschleppte gebietsfremde Tierarten negative Folgen für fremde Lebensräume. So hat beispielsweise die Einfuhr der Deutschen Wespe und der Gemeinen Wespe nach Neuseeland eine verheerende Wirkung auf die dortige Tier- und Pflanzenwelt und beide Arten stellen inzwischen für zahlreiche Insekten- und Vogelarten ein ernstzunehmendes Problem dar.
Inwieweit Vespa velutina unsere Ökosysteme vor ähnliche Herausforderungen stellen wird und welche genauen Auswirkungen sie auf die hier heimische Flora und Fauna hat, ist derzeitig noch nicht sicher abzusehen und muss aus Sicht des NABU-Hymenopterendienstes unbedingt wissenschaftlich abgeklärt werden. Zumindest mit der hier heimischen Europäischen Hornisse ist eine unbedenkliche Koexistenz zu erwarten, sind beide Arten auch in weiten Teilen Asiens ursprünglich gemeinsam beheimatet.
Durch ihre Vorliebe für die heimische Honigbiene als Nahrung für ihre Larven wird oft insbesondere die europäische Imkerei als mögliche Bedrohung durch Vespa velutina aufgeführt. Die bisherigen Beobachtungen an den wenigen aus Deutschland bekannten Nestern bestätigten die aus Frankreich gemeldete hohe Affinität zu Honigbienen als Nahrungsquelle allerdings noch nicht. So kann die Art zwar in der Nähe von Bienenstöcken bei der Jagd auf Apis mellifera beobachtet werden, in der Regel handelt es sich dabei jedoch meist um einzelne und seltener um eine größere Anzahl an Hornissen. Die entstehenden Verluste stellen so keinerlei Gefahr für gesunde Honigbienenvölker dar. Zumindest in Deutschland sind noch keine Schäden an Honigbienen durch die Asiatische Hornisse dokumentiert. Allerdings ist es in Südfrankreich, Spanien und Norditalien, Regionen in denen die Asiatische Hornisse schon länger größere Populationen entwickelt hat, zu dokumentierten Verlusten von Honigbienenvölkern gekommen.
In Deutschland ist die Dichte an Völkern der Asiatischen Hornisse noch deutlich geringer. Zurzeit besteht aus Sicht des Hymenopterendienstes deshalb kein akuter Handlungsbedarf für Imkernde oder Naturfreund*innen außer der umgehenden Meldung entdeckter Nester an die Obere Naturschutzbehörde.
Stiche von Hornissen seien gefährlich, heißt es. Und als wäre das nicht genug, wanderte auch noch eine weitere Art, die Asiatische Hornisse, ins Ländle ein. Aber weder die Einen noch die Anderen sind eine Gefahr für den Menschen. Mehr →