Bitte keine Igel einsammeln
Falsche Tierliebe für Wildtiere
Berlin 5. Oktober 2018. Jedes Jahr im September und Oktober kehren sie wieder, die Anrufe beunruhigter Tierfreunde, die sich um vermeintlich hilfsbedürftige Igel sorgen. Das Wildtiertelefon des NABU Berlin wurde nicht zuletzt wegen solcher Besorgnisse eingerichtet. Unsere Natur- und Wildtierexpertin Katrin Koch weiß, wie sie mit solchen Anfragen umgehen muss. Oft sind die Sorgen der Menschen unbegründet. Die Servicenummer ist dafür da, den Anrufern diese zu nehmen. Dafür stellt sie viele Rückfragen und merkt so relativ schnell, ob es sich wirklich um einen Notfall oder um unbegründete Sorgen handelt. Igel können bis in den Dezember hinein aktiv bleiben. Sie machen sich bereit für den Winterschlaf, was vor allem bedeutet, sich genügend Fettreserven anzufressen. Werden sie dann eingesammelt, hat das meist fatale Folgen für die Tiere.
In der Paarungszeit, die von Mai bis September reicht, bekommen die Igel-Weibchen durchschnittlich vier bis fünf Junge pro Wurf. Von der Paarung bis zur Selbständigkeit der Jungen vergehen gut zweieinhalb Monate. In besonders warmen Perioden werden schon Anfang Juli, manchmal sogar schon im Juni Igel-Junge geboren. Dann ist ein zweiter Wurf nicht ausgeschlossen und ein Igel-Weibchen kann noch im Spätherbst Junge zur Welt bringen. Igel können wir also fast das ganze Jahr beobachten und dass nun, auch noch Anfang Oktober Igeljunge auf der Suche nach Nahrung durch Berliner Parks und Gärten streifen ist daher vollkommen normal. Auch diese Jungen müssen draußen nach Nahrung suchen und können durchaus bis in den Frühwinter beobachtet werden.
Der NABU rät deshalb dringend davon ab, Igel aufzunehmen. Vor allem, um ihnen nicht den natürlichen Rhythmus zu nehmen. Kleine gesunde Igel mit 300 Gramm Körpergewicht können den Winter draußen überstehen. Sie haben noch genügend Zeit, um an Gewicht zuzulegen.
Sollte es sich bei dem Fundtier jedoch um einen verwaisten Säugling, einen stark verletzten oder untergewichtigen Igel handeln, ist ein Anruf bei einer der Anlaufstellen wie dem NABU-Wildtiertelefon durchaus sinnvoll. Die geben hilfreiche Informationen und fachliche Empfehlungen für die Ersthilfe. „Diese Fälle sind jedoch die Ausnahme“, weiß Koch. Dann ist es wichtig, dass die Finder selbst Verantwortung für Ihren Pflegling übernehmen, denn professionelle Igelpflegestellen gibt es kaum noch in Deutschland.
Die meisten Igel sind besser ohne unser Zutun aufgehoben. Wer Igeln dabei helfen möchte, gut durch den Winter zu kommen, kann in seinem Garten wilde Ecken stehen lassen oder ein 10x10 Zentimeter großes Igelfenster in den Gartenzaun schneiden. Kompost-, Laub- und Reisig-Haufen, aber auch Hecken sind außerdem attraktive Schlaf- und Futterplätze für Igel. Denn dort fühlen sich auch Würmer und Insekten wohl und so finden die Tiere ausreichend Futter in ihrer Umgebung. Auch das Aufstellen eines Igelhäuschens ist möglich. Wer den Tieren Zusatzfutter anbietet (Katzen- oder Igelfutter) sollte wissen, dass dadurch auch Waschbären und Füchse angelockt werden.
Igel gehören zu den bekanntesten Wildtieren. Die Aufmerksamkeit für die faszinierenden, mit ihrem Stachelkleid urtümlich und wehrhaft wirkenden Tiere steigt alljährlich mit dem beginnenden Herbst. Doch wie viele andere Wildtiere kommen auch Igel am besten ohne uns Menschen zurecht, denn es handelt sich schließlich um wahre Outdoorprofis.