Hornisse beim Nestbau - Foto: Marianne Gohlke
Hornissen im eigenen Garten
Ein Bericht von Marianne Gohlke
2013
Eine Hornissenkönigin hat sich in unserem Garten, den für Höhlenbrüter vorgesehenen Nistkasten zum Nestbau ausgewählt, der in 2,5mtr. Höhe an einem Speierling (Baum des Jahres 1993) befestigt ist.
Der 4.5.2013 war ein sonniger Tag, erfüllt mit dem lieblichen Duft der blühenden Zierapfelbäume in unserem kleinen Garten. Plötzlich bemerkte ich das laute Brummen einer Hornissenkönigin, die eifrig zwei, in unserem Speierling befestigte Nistkästen umflog. Mir war sofort klar, die Königin ist auf der Suche nach einem geeigneten Nistplatz. Zuerst wurde der größere Starenkasten inspiziert, dann der kleinere für Meisen, Kleiber usw. vorgesehene Kasten. In diesem hielt sie sich bedeutend länger auf, um dann zu entscheiden – hier bleibe ich! Mit Spannung konnte ich beobachten, wie die Hornisse Baum und Nistkasten in immer größer werdenden Kreisen umflog, um sich den genauen Standort des ausgewählten Brutplatzes einzuprägen.
Ich konnte die Königin auch am 5.5.2013 und am 6.5.2013 beim Ein- und Ausfliegen beobachten. Danach kam das kältere und schlechtere Wetter, so daß ich nicht oft auf der Terrasse war, um beobachten zu können, ob die Königin noch aktiv ist.
Erst am 11.5.2013 war das Wetter so schön, daß wir auf der Terrasse frühstücken konnten. Da ich die Königin längere Zeit nicht gesehen hatte, wollte ich natürlich wissen, ob sie noch aktiv ist.
Also öffnete ich den Nistkasten vorne. Zu meiner großen Freude konnte ich den Baubeginn des Nestes erkennen, und die Königin war sogar am Nest beschäftigt. Sie ließ sich auch durch das Öffnen des Kastens überhaupt nicht stören. Sofort holte ich die Kamera, um einige Fotos zu machen.
Es ist interessant mitzuerleben, wie friedlich diese Tiere sind, wenn sie nicht gestört werden und wie geregelt sie ihre Arbeiten erledigen, die bei der Staatenbildung erforderlich sind. Dazu gehört das Füttern der Brut und der Königin. Für Temperaturausgleich muß gesorgt werden. Es muß geputzt und gereinigt werden, und das Nest muß bei Angriff verteidigt werden.
Deutlich ist der Fortschritt des Nestbaus auf den Fotos zu erkennen. Faszinierend ist es zu sehen, wie exakt die einzelnen Zellen gebaut werden und wie schön die unterschiedlichen Farben sind, die sich durch verschiedene Holzarten ergeben.
Das Nistmaterial wird von morschem Holz abgeraspelt und mit Speichel vermengt, zu einem papierartigen Brei verknetet und verarbeitet. Schon beim Bau der Zellen werden diese mit einem Ei versehen und in der Zeit, wo sich die Brut entwickelt, baut die Königin emsig weiter. In dieser Zeit ist die Königin vielen Gefahren ausgesetzt.
- kühle, feuchte Witterung,
- Fraßfeinde,
- Tot an der Windschutzscheibe eines Autos,
- Verfliegen in einen Schuppen, Garage, Wohnraum etc. aus dem sie nicht heraus findet und verendet,
- Bewußtes Töten durch den Menschen
Erst wenn eine neue Generation aus Arbeiterinnen geschlüpft ist und Brutpflege und Nestbau übernimmt, konzentriert sich die Königin nur noch auf die Eiablage und verläßt das Nest nicht mehr.
Ich empfinde es als großes Glück, daß die Königin sich diesen Nistkasten bei uns ausgewählt hat! Hier darf sie ihr Volk gründen und ich darf sie dabei beobachten. Wo sonst habe ich die Gelegenheit, eine Königin hautnah zu erleben?
Sie ist so schön (die Farben Gelb, Rotbraun und Schwarz sind perfekt), so riesig (35-40mm) und doch so harmlos, denn sie möchte nur ein neues Volk gründen. Menschliche Speisen interessieren sie nicht. Hornissen ernähren sich und ihre Brut von Insekten (Fliegen, Wespen, Mücken usw.) Sie naschen aber auch an süßen Baumsäften oder Fallobst.
Am 23.6.2013 konnte ich die 1. Arbeiterin beobachten, am 24.6.2013 die Zweite. Meine Freude darüber war sehr groß und ich dachte, jetzt kann nichts mehr passieren. Doch das war ein Irrtum! Schon am 30.6.2013 geschah etwas für mich sehr Trauriges.
Bei einem Blick in das Einflugloch des Nistkastens konnte ich das Hornissennest nicht mehr entdecken. Meisen hatten innen am Dach gepickt, und das Nest war abgestürzt. Ein Telefonat mit unserer NABU-Hornissenexpertin Dr. Melanie von Orlow machte mir Mut, denn sie sagte: „Wenn Du Glück hast, baut die Königin trotzdem weiter.“ Ich hatte Glück! Zunächst verkleinerte ich das Einflugloch des Nistkastens mit einer entsprechenden Gummidichtung, um ein weiteres Eindringen der Meisen zu verhindern.
Inzwischen war auch der von mir bestellte Hornissenkasten eingetroffen, den ich für eine eventuelle Umsiedlung des Hornissenvolkes zur Verfügung haben wollte.
Ich beobachtete, dass sich die Anzahl der Hornissen an meinem Vogelnistkasten von Tag zu Tag erhöhte.
Doch dann kam die nächste Enttäuschung! Eigentlich sollten es immer mehr Hornissen werden, stattdessen wurden es weniger. Was war passiert? Ich hatte keine Ahnung.
Wegen der evtl. zu erwartenden Hornissenbesucher in unserem Garten führte ich ein weiteres Gespräch mit Melanie von Orlow und erkundigte mich nach einer möglichen Hornissenumsiedlung in unseren Garten. Ich hatte Glück, denn in Heiligensee sollte ein Volk umgesiedelt werden.
Ein Hornissenvolk zieht um
Am 9. August war es dann soweit. Mit dem neuen Hornissenkasten und dem inzwischen verwaisten alten Vogelnistkasten fuhren mein Mann und ich nach Heiligensee. Dort öffnete ich den Vogelnistkasten . Melanie erkannte sofort , was mit „meinen Hornissen“ passiert war. Eine spezielle Wachsmottenart hatte das am Boden liegende Nest umsponnen und sich dort einquartiert. Diese Motten fressen die Brut und verhindern dadurch die Weiterentwicklung des Hornissenvolkes. Nun war klar, warum keine weiteren Hornissen geschlüpft waren.
In entsprechender Schutzkleidung wurden die nun umzusiedelnden, heimkehrenden Hornissen vor dem alten Nest, das sich hinter der Verkleidung eines vermieteten Gartenhauses befand, von Melanie geduldig mit dem großen Kescher abgefangen. Dann wurde die Deckenverkleidung geöffnet und Melanie löste ganz vorsichtig das Nest mit den Wabenetagen (in denen sich auch die Königin befand) von der Decke.
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Abfangen von Hornissen durch Melanie von Orlow - Foto: Marianne Gohlke
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Das Hornissennest mit Wabenetagen ... - Foto: Marianne Gohlke
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... wird losgelöst und entnommen. - Foto: Marianne Gohlke
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Hornissennest im neuen Kasten - Foto: Marianne Gohlke
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Die noch verschlossene Einflugöffnung des Kastens - Foto: Marianne Gohlke
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Der Hornissenkasten am neuen Standort - Foto: Barbara Neuhaus
Danach wurde es sehr fachmännisch und behutsam von Melanie innen am Dach des mitgebrachten Kastens befestigt. Das Einflugloch wurde mit Zeitung und Drahtgewebe verschlossen. Dann wurden die Innenseiten des Kastens und das Einflugloch mit Honig bestrichen, um den Hornissen den Umzug in die neue Umgebung zu versüßen und um sie zu besänftigen. Zuletzt wurden die kurz mit Kohlenstoffdioxid betäubten Hornissen in den Kasten geschüttet und dieser geschlossen.
Diese ganze Aktion dauerte ca. 3,5 Stunden. Carmen Baden vom NABU war auch dabei, um Fotos zu machen. Ein Bericht von ihr über diese Aktion ist im NABU-Heft Naturschutz heute Nr. 2/2014 erschienen.
Auf den Kopf gestellt, damit während der holprigen Fahrt nichts abreißt, fuhren wir mit unserer kostbaren Fracht nach Frohnau. Dort wurde der Kasten vorsichtig in die richtige Stellung gebracht und ebenso vorsichtig von meinem Mann an dem dafür schon vorbereiteten Alu-Nagel am Speierling in 2,5 m Höhe aufgehängt. Nach ca. 1 Stunde Wartezeit , zur Beruhigung der Tiere, entfernte ich das Drahtgewebe, (die Zeitung hatten die Hornissen fast vollständig weggeknabbert) , und entließ „meine Hornis“ in die wiedergewonnene Freiheit, die sie sehr zu schätzen wussten.
In den kommenden Wochen konnten wir mit großer Freude beobachten, wie stark sich das Volk entwickelte. Bis fast Ende Oktober gab es Flugverkehr. In all‘ den Wochen mit den Hornissen wurde niemand gestochen. Für uns war es eine Bereicherung, diese schönen Tiere so hautnah erleben zu können.
Anfang Dezember hängten wir den Kasten ab und stellten ihn auf die Terrasse.
2014
Am 1. März 2014 öffnete ich den Kasten, nachdem ich vorher mit einem langen Messer das Nest von der Tür vorsichtig abgetrennt hatte. Mein Erstaunen war groß, denn der Umfang des Nestes übertraf all‘ meine Erwartungen.
Das Volk hatte sich wirklich stark entwickelt, und die Chance für eine neue Volksgründung war groß.
Umso trauriger bin ich, dass sich in diesem Jahr kein Hornissenvolk in unserem Garten entwickeln konnte. Am 21.4.2014 –Ostermontag - tauchte die erste Hornissenkönigin an der Terrasse auf, und wir hängten den gereinigten Kasten sofort auf. Am 21.5.2014 wurde von mir wieder eine Königin beobachtet, die auch den Kasten inspizierte. Offenbar sagte er ihr jedoch nicht zu. Irgendwann danach wurde erneut ein Vogelnistkasten zur Volksgründung ausgewählt. Dieser Kasten ist jedoch von mir nur mit Hilfe einer Leiter zu erreichen. Als ich den Kasten jetzt ( August 2014) öffnete, weil keine Aktivität mehr erkennbar war, konnte ich das angefangene Hornissennest erkennen, stellte aber auch sogleich fest, dass wahrscheinlich wieder Meisen das Nest stark beschädigt hatten. Ob die Königin deshalb aufgehört hat, zu bauen oder ob sie vorher verunglückte, vermag ich nicht zu sagen.
Fazit:
Wer ein Hornissenvolk in seinem Garten hat, sollte es als Chance sehen, diese Tiere und ihre Aktivitäten zu beobachten. Es sind fleißige Insektenfresser. Nur im äußersten Notfall sollte man an eine Umsiedlung denken. Hornissen stehen unter Naturschutz!
Anfragen per Telefon unter 030/ 4018784