Ebbe im Landeswasserhaushalt
Das Fredersdorfer Mühlenfließ läuft auf Grund / von Antje Stavorinus
Seit 2015 ist der Berliner Abschnitt des 27,6 Kilometer langen Gewässers nahezu permanent trocken. Als eines der wenigen unverbauten und unbelasteten Gewässer – ohne Einleitung von Abwässern – bietet es vor allem Fischen und Insekten fließender Gewässer sowie anderen Arten der Auwälder und Feuchtwiesen rar werdenden Lebensraum.
Aus diesem Grund wurde das Landschaftsschutzgebiet (LSG) auch als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet an die EU gemeldet und mithilfe der FFH-Richtlinie unter Schutz gestellt. Die Richtlinie besagt ein Verschlechterungsverbot. Das bedeutet, dass sich die Bundesländer für dessen Erhalt einsetzen müssen. Jedoch verschlechtert sich der Zustand des Einzugsgebietes des Fredersdorfer Mühlenfließes seit Jahren. Das Wasser bleibt immer öfter aus.
Wo ist das Wasser geblieben?
Wie so oft ist die Antwort nicht einfach, sondern umfasst unterschiedliche Aspekte: Das Fredersdorfer Mühlenfließ entspringt lange vor dem Bötzsee, durchfließt den See, quert mehrere Gemeinden und speist diverse wertvolle Auenflächen in Brandenburg und Berlin. Am Auslauf des Bötzsees gibt es eine Solschwelle, die durch mitgetragene Sedimente immer wieder verlandet. Dadurch kommt der Zufluss in den südlichen Teil des Fredersdorfer Mühlenfließes immer wieder zum Erliegen.
Ein Ausbaggern alle paar Jahre könnte der Verlandung entgegenwirken, beseitigt aber nicht die eigentlichen Probleme. Landwirtschaftliche sowie private Wasserentnahmen und die Rohwasserförderung zweier nahe gelegener Wasserwerke – Friedrichshagen und Strausberg – kommen erschwerend dazu. Hatte das Fließ im Berliner Raum um 1900 noch Grundwasserkontakt, liegt der Grundwasserspiegel heute mehrere Meter tiefer und das auf breiter Fläche.
Eine weitere Rolle spielen die Folgen des Klimawandels. Im Berliner Kontinentalklima nehmen die Niederschläge ab und das Fließ wird durch die hohen Verdunstungsraten immer trockener. Zudem sorgen einige Schleusen entlang des Fließes dafür, dass benachbarte Flächen (Orchideenwiesen) und Umflutungsgräben (Zehnbuschgraben) mit Wasser versorgt werden und gleichzeitig dem Hauptfließ zusätzlich Wasser entziehen. Das Fredersdorfer Mühlenfließ mündet in den Müggelsee.
Managementplan Wasser
In Berlin wurde das Problem schon vor Jahrzehnten erkannt. Durch den Einbau von Tonplatten im Fließgrund und durch die Einrichtung einer „Überlebensgrube“ mittels Folie in den 1990er Jahren wurde versucht, ein schnelles Versickern des Wassers zu verhindern. So sollte das Überleben wandernder Fische und laichender Amphibien gewährleistet werden. Leider sind die Tonplatten inzwischen durch die langen Trockenperioden brüchig geworden. Das Wasser versickert wieder ungehindert. Die „Überlebensgrube“ ist noch intakt und erfüllt für resistente Arten ihren Zweck. Es gibt viel zu tun, um wieder Wasser ins Fließ zu bringen. Der länderübergreifende Verlauf des Fließes mit den daraus resultierenden mehrfachen Verantwortlichkeiten (Länder und Gemeinden) erschwert das Ergreifen und Umsetzen von Maßnahmen.
Brandenburg hat bereits einen ersten Managementplan aufgestellt. Im „Teilprojekt 19“ des Innovationsnetzwerkes Klimaanpassung Brandenburg Berlin wurden Methoden und Instrumentarien für ein nachhaltiges Wassermanagement in kleinen Einzugsgebieten erarbeitet. Technische Möglichkeiten für den Wasserrückhalt in der Fläche stehen im Vordergrund und Maßnahmen dazu wären direkt möglich: Im nördlichen Einzugsgebiet sollten Wasserrückhalteflächen geschaffen werden, an Bötzsee und Fängersee eine Speicherbewirtschaftung erfolgen. Am durch Sedimentierung verlandeten Auslass des Bötzsees kann die ursprüngliche Sohlhöhe wieder hergestellt werden, damit das Volumen durch den Abfluss des Sees gleich bleibt, aber eine zeitliche Streckung des Abflusses in Niedrigwasserphasen erfolgen kann.
Selbst ein Online-Simulationsspiel wurde entwickelt, damit „spielerisch“ die Probleme, Möglichkeiten und Grenzen der Anpassung an den Klimawandel in einem kleinen Einzugsgebiet analysiert werden können (www.anawak-spiel.de). Dennoch wurde das angedachte Gewässerentwicklungskonzept von der Landesregierung auf Eis gelegt. Auch Berlin hat gute Ideen und Vorstellungen zur Verbesserung des Zustandes. Doch bisher mangelt es an der Kommunikation zwischen den Verantwortlichen, um die Ideen zu vereinen und umzusetzen.