Wasserrahmenrichtlinie
EU-Richtlinie 2000/60/EG
Entstehung und Zielsetzung
Allgemein gelten ein Verschlechterungsverbot für den Zustand der Gewässer und ein EU-weiter Grenzwert der Nitratkonzentration im Wasser von 50 mg/l, der nicht überschritten werden darf. Die Richtlinie umfasst Maßnahmen für Oberflächenwasser (Flüsse, Seen), Grundwasser, den Küstenbereich und Übergangsgewässer (zwischen Fluss und Meer). Die WRRL hat auch Änderungen in der bisherigen Gewässerpolitik Deutschlands mit sich gebracht. Bislang vorhandene administrative Grenzen wurden durch Flusseinzugsgebiete ersetzt und eine länderübergreifende Kooperation wurde ermöglicht. 15 Jahre nach Inkrafttreten der WRRL sollte ein gutes ökologisches Potential sowie ein guter chemischer Zustand der Oberflächengewässer europaweit erreicht werden. Sind die Maßnahmen bis 2015 nicht umsetzbar, so ergeben sich zwei Verlängerungsphasen. Die erste Phase läuft bis 2021 und die zweite bis 2027. Wie sehen die Maßnahmenumsetzungen in Berlin aus?
Aus der Wasserrahmenrichtlinie
"Umweltziele sollen sicherstellen, dass sich die Oberflächengewässer und das Grundwasser in der gesamten Gemeinschaft in einem guten Zustand befinden und eine Verschlechterung des Zustands der Gewässer auf Gemeinschaftsebene verhindert wird."
Was heißt guter ökologischer Zustand?
Die vier wichtigsten Indikatoren für den ökologischen Zustand sind Fische, Makrozoobenthos, Makrophyten und Phytoplankton. Das Makrozoobenthos bezeichnet alle wirbellosen Wassertiere, die noch mit bloßem Auge wahrnehmbar sind. Je nachdem welche Arten von Makrozoobenthos vorhanden sind, geben sie Aufschluss über die Gewässerart. Einige der wirbellosen Tiere kommen nur in Stillgewässern vor, andere nur in Fließgewässern. Als Makrophyten werden alle mit dem Auge sichtbaren, im Wasser wachsenden Pflanzen bezeichnet. Sie dienen anderen Organismen als Nahrungsquelle und tragen zur Verbesserung des Gewässerzustandes bei. Der Fischbestand eines Gewässers kann ebenfalls Aufschluss über den Zustand geben. Hier wird unter anderem auf die Artenvielfalt und die Zusammensetzung der Fischpopulationen geschaut und mit einem Referenzwert verglichen. Das Phytoplankton besteht überwiegend aus Mikroalgen und ist eine Nahrungsgrundlage für Zooplankton. In den betrachteten Gewässern spielt das Phytoplankton keine Rolle, da es dort nicht vorkommt.
Neben diesen biologischen Indikatoren gibt es noch weitere Merkmale für den ökologischen Gewässerzustand. Dazu zählen unter anderem die Tiefen- und Breitenvariation der Gewässer und ihre Durchgängigkeit. Auch der Sauerstoff- und Nährstoffgehalt, sowie die Temperaturverhältnisse können eine Aussage über den Zustand der Gewässer ermöglichen.
Umsetzung der WRRL in Berlin
In Berlin wurden alle Fließgewässer mit Hilfe von drei Verfahren hinsichtlich ihres Zustandes analysiert. Das erste Verfahren ist das Übersichtsverfahren (ÜV), welches eine Einschätzung durch historisches und aktuelles Kartenmaterial sowie Luftaufnahmen vornimmt. Dieses Verfahren ist veraltet und wird nur noch selten angewendet, da es ungenau ist. Das zweite Verfahren ist das Vor-Ort-Verfahren (VOV). Hier fließen insgesamt mehr als fünfundzwanzig ökologische Faktoren ein. Eine Begehung vor Ort ermöglicht so eine relativ genaue Datenermittlung. Das dritte Verfahren ist das Seeufer-Kartierverfahren (SUK). Es ist eine Kombination der erstgenannten Verfahren. Ergänzend zu dem Kartenmaterial werden seeseitig die Ufer befahren. Wie der Name sagt, kommt es bei der Analyse von Seen zum Einsatz. Daher ist es für die Analyse von Flüssen uninteressant.
Nach Abschluss der angewandten Verfahren wird der Zustand in einer siebenstufigen Skala ermittelt. Maßgebend ist dabei der Veränderungsgrad der Gewässer. Klasse 1 entspricht einem „unveränderten“ Gewässer und Klasse 7 einem „vollständig veränderten“ Gewässer.
Tegeler Fließ
Der Zustand des Tegeler Fließ wurde 2007 durch das Vor-Ort-Verfahren ermittelt. Die Gewässerstruktur hat sich demnach „deutlich verändert“ und wurde durch Eingriffe in Sohle und Ufer beeinflusst. Ein Aspekt für den veränderten Gewässerzustand sind vorhandene Altlasten. Diese resultieren unter anderem aus der früheren Funktion des Fließes als Entwässerungsbach für den Berliner Rieselfeldbetrieb im Norden.
Im Jahr 2011 wurde ein Planungskonzept zur Renaturierung fertiggestellt. Unter Einbezug der breiten Öffentlichkeit und der Verbände fanden Beteiligungswerkstätten statt. Das Tegeler Fließ wurde in zwölf Planungsabschnitte mit unterschiedlicher Priorität unterteilt. Ziele sind unter anderem die Einbringung von Totholz oder der Erhalt und die Entwicklung von natürlichen Uferstrukturen und die Entfernung von Uferverbau, um einen guten ökologischen Zustand zu erreichen.
Maßnahmen zum Projekt "Panke 2015"
Die Panke weißt nach den Auswertungen durch das Vor-Ort-Verfahren von 2007 eine „sehr stark veränderte“ Gewässerstruktur auf. Dabei muss die Panke in ihren Abschnitten unterschieden werden. Die Panke in Mitte hat wenig gemeinsam mit ihrem Ursprung in Bernau. Zahlreiche Eingriffe gaben ihr einen künstlichen Verlauf. Einen natürlicheren Lauf hat sie an der Stadtgrenze zwischen Berlin-Pankow und Brandenburg.
Zwischen April 2008 und März 2009 wurde ein Maßnahmenkonzept mit dem Titel „Panke 2015“ entwickelt. Die Beteiligungswerkstätten im Juli und November 2008 sorgten für einen aktiven Austausch von Verbänden, interessierten Bürgern und Beteiligten der Arbeitsgemeinschaft Panke.
Mit dem fünften Tag der Panke im Jahr 2012 wurden weitere Maßnahmen besprochen und konkrete Daten für die Umsetzung festgelegt. Für die bessere Durchgängigkeit wurden beispielsweise Querbauwerke umgebaut, um einen Fischaufstieg zu ermöglichen. Die umgebauten Querbauwerke befinden sich in den Schlossparks Buch und Niederschönhausen und auf Höhe des Köberlesteigs. Die Maßnahmen wurden zwischen 2012 und 2014 durchgeführt.
Wuhle
Im Jahr 2009 wurde im Vor-Ort-Verfahren eine „sehr stark veränderte“ Gewässerstruktur der Wuhle festgestellt. Wie bei den anderen Fließgewässern auch, wurde die Öffentlichkeit in den Planungsprozess durch Informationsforen und Beteiligungswerkstätten im Jahr 2012 eingebunden. Die Feinabstimmung erfolgte durch eine entsprechende Fachöffentlichkeit wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die Berliner Wasserbetriebe oder die Grün Berlin GmbH und andere Institutionen. 2013 erfolgte dann die Fertigstellung des Maßnahmenkonzeptes. Die Maßnahmen sehen unter anderem eine Wiederherstellung der Durchgängigkeit vor. An einigen Stellen erschweren Querbauwerke den ungehinderten Fischaufstieg. Weitere Maßnahmen sind die Anlage von Sekundärauen und die vermehrte Totholzeinbringung.