Fledermäuse aktuell
Wenn die Fledermäuse wandern...
Manche Arten sind tausende Kilometer unterwegs!
Wenn die Zugvögel in ihre südlichen Überwinterungsgebiete aufbrechen, beginnen auch unsere einzigen aktiv flugfähigen Säugetiere, die Fledermäuse, mehr oder minder ausgedehnte Wanderungen zwischen ihren Sommer- und Winterquartieren. Die Wochenstuben, in denen der Nachwuchs aufgezogen wurde, sind mittlerweile fast alle aufgelöst, die Jungtiere, nicht länger Säuglinge, flugfähig und nicht mehr von ihren Müttern abhängig. Je nach Art legen die Fledertiere nunmehr zwischen wenigen Kilometern und bis zu sage & schreibe 2.000 zurück, bevor sie in ihre Winterquartiere einfliegen.
Es gibt jedoch auch stationäre Arten wie die Kleine Hufeisennase, die Bechsteinfledermaus oder das Braune Langohr, die vergleichbar unseren Standvögeln ganzjährig ortstreu sind. Zu den regionalen Wanderern, die zwischen 100 und 800 Kilometer zurücklegen, zählen Großes Mausohr, Mops-, Wasser- und Zwergfledermaus, während die sog. Fernwanderer Großer Abendsegler, Kleinabendsegler, Rauhaut- und Zweifarbfledermaus alljährlich zwischen 1.500 und 2.000 Kilometern zurücklegen. Gegenwärtig ziehen Große Abendsegler und Rauhautfledermäuse aus ihren ostdeutschen, polnischen und weißrussischen Sommerquartieren Richtung Westen bis ins Rheinländische, wogegen in Berlin ansässige Abendsegler nur hinauf nach Hamburg wandern.
Weltrekordhalter im Langstreckenflug ist übrigens eine Rauhautfledermaus, die, von Mitarbeitern des Bundesamtes für Naturschutz sowie des Bonner Forschungsmuseums Alexander Koenig in Lettland markiert, in diesem Frühjahr 1.905 km südlich in Kroatien wieder gefunden wurde. Eine Zweifarbfledermaus brachte es auf 1.787 km, ein großer Abendsegler schaffte 1.600 und ein Kleinabendsegler immerhin 1.568 km. "Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die tatsächlichen Flugstrecken der nachtaktiven Tiere weit größer sind als es die dokumentierten Entfernungen zwischen den Markierungs- und Wiederfundorten zeigen. Die Flugwege der Fledermäuse verlaufen nämlich nicht geradlinig, sondern folgen zumeist landschaftlichen Strukturen wie Flüssen, Tälern oder Waldrändern. Deshalb ist die Erhaltung unzerschnittener, naturnaher Lebensraum-Korridore als Wanderwege für die Fledermäuse notwendig", erklärte seinerzeit Prof. Dr. Hartmut Vogtmann, Präsident des Bundesamtes für Naturschutz, gegenüber dem Informationsdienst Wissenschaft.
Von den hierzulande 24 Fledermausarten wurden in unserer Stadt allein 17 nachgewiesen: Seine vielen Gewässer, ausgedehnten Grünflächen, Parks, Stadtwaldareale und noch vorhandenen unsanierten Gebäude machen Berlin offenbar zu einem idealen Fledermaus-Habitat und zur "Hauptstadt der Fledermäuse", doch Sanierung, Modernisierung und der Abriss alter Gemäuer engen den Lebensraum dieser in Mitteleuropa mit am stärksten bedrohten Säugetierarten mehr und mehr ein. (Näheres zu Gefährdungsursachen und Hilfsmaßnahmen auf den Seiten unseres Zentrums Artenschutz am Gebäude.)
Und diese fluggewandten Kobolde, wahre Hochleistungsinsektenvertilger, die, von ihrem Echolot geleitet, in einer Nacht bis zu 3.000 Insekten wegzuputzen vermögen, haben noch immer mit Vorurteilen und Ressentiments zu kämpfen, wonach sie z. B. Blut saugen (was von ca. 800 Arten weltweit nur ganze drei tun, die erstens eher klein und zweitens allesamt in Mittel- bzw. Südamerika beheimatet sind) oder sich in den Haaren vorzugsweise von Damen verfangen (was einfach nicht stimmt). Hier kann nur weitere Aufklärung über diese faszinierenden Flugakrobaten helfen, die, ohne einen nennenswerten Gestaltwandel durchlaufen zu haben, schon seit 50 Millionen Jahren unseren Planeten bevölkern.
Im brandenburgischen Storchendorf Linum, wo am 26.8. Fledermausnacht gefeiert wurde, gingen bei einigem Besucherandrang wegen eher ungünstiger Witterungsverhältnisse nur drei Fledermäuse zum Markieren (nicht mit Ringen, sondern Metallklammern) in die aufgestellten Netze, und zwar ein Braunes Langohr, eine Zwerg- und eine Wasserfledermaus.
In Kellern und Bunkern Berlins finden sich mehr als 30 Fledermausquartiere, doch eins der größten Europas beherbergt die Spandauer Zitadelle, wo bis zu 10.000 Tiere die kalte Jahreszeit verbringen, derweil andere nur zwischenlanden und die alte Festungsanlage zum Paarungsquartier umfunktionieren.