100 Tage ohne Naturschutz?
Prioritäten der Regierung enttäuschen: Klima- und Artenkrise müssen zusammen gedacht werden!
Berlin, 27. Januar 2022 – Klar war, dass ‘Bauen, bauen, bauen’ an erster Stelle stehen würde. Doch leider spielen weder Natur- noch Artenschutz in den ersten 100 Tagen irgendeine Rolle. Klima- und Artenkrise sind zwei Herausforderungen, die wir nur zusammen angehen können und die allerhöchste Dringlichkeit haben. Wir wünschen uns, dass Frau Giffey auch die Krise der Natur ernst nimmt!
Positiv werten wir, dass Frau Giffey betont, wie wichtig ihr die Zusammenarbeit mit Verbänden sei, auch, um Prinzipien zu überdenken, sollten die Bürger*innen dazu eine Notwendigkeit erkennen lassen. Wir vertreten beim NABU Berlin die Interessen von 20.000 Berliner*innen und sind jeder Zeit zu einem Gespräch bereit. Darüber hinaus begrüßen wir die Erwähnung von ökologischen Maßnahmen zu einer klimaneutralen Stadt wie Fassadenbegrünungen oder Versickerungsflächen in der Regierungserklärung. Es gelte, so Giffey, ‘Das Grün in der Stadt zu schützen und zu pflegen‘, damit Berlin das Potenzial habe ‘Vorreiter im Bereich Klimaschutz zu werden’.
Klimaschutz geht nicht ohne Artenschutz
Wir begrüßen zwar, dass der Senat dem Klimaschutz hohe Priorität einräumen und dort eine Vorreiterrolle einnehmen will, doch während der Klimaschutz nach dem 100-Tage-Programm zur “zentralen Querschnittsaufgabe” gemacht und der Radverkehr sowie der ÖPNV ausgebaut werden sollen, findet das Thema Arten- und Naturschutz ansonsten keinen Platz im Regierungsprogramm. Leider fehlt die Verknüpfung der Klima- mit der Biodiversitätskrise. Wenn sich das Artensterben verschärft und unsere natürlichen Ökosysteme nicht mehr funktionieren, helfen uns auch keine Elektrobusse mehr. Uns fehlt ein klarer Plan für die Zukunft der Berliner Stadtnatur: Was passiert mit Naturschutzgebieten, die auf ihre Ausweisung warten? Wo werden personelle Ressourcen im Naturschutz gestärkt? So bedauern wir, dass die Charta Stadtgrün, die im Sommer noch kurz vor der Verabschiedung stand und dann auf Betreiben der SPD verzögert wurde, im 100-Tage-Programm nicht einmal erwähnt wird.
Neubau wird erleichtert – auf Kosten der Natur?
Große Sorgen bereiten uns die Pläne, jährlich 20.000 Wohnungen zu bauen. Eine eigene Senatskommission soll den Wohnungsbau erleichtern und beschleunigen. Wir sehen die Gefahr, dass dieser Aktionismus zur Versiegelung der letzten Freiflächen in der Stadt führen wird.
In den vergangenen Jahren hat das Land Berlin bereits massiv auf Neubau gesetzt, doch trotz der 16.400 fertiggestellten Wohnungen allein im Jahr 2020 entspannte sich die Wohnungsnot nicht. Die soziale Frage darf nicht gegen die ökologische Frage ausgespielt werden. Eine lebenswerte Stadt braucht Naturräume wie Parks oder Brachflächen, in Zukunft noch mehr als heute. Deshalb muss eine intelligente Stadtplanung sich vor allem auf die Bebauung bereits versiegelter Flächen, das Aufstocken niedriger Gebäude, die Umwidmung von Nutzungsarten und den Dachgeschossausbau konzentrieren.