NABU-Kindergruppe Pankow auf Reisen
So war die Sommereise 2022
Endlich war wieder Wasser im See! Mit spätsommerlichem Wetter und etwas Überwindung stürmten einige Kinder gleich nach dem Zeltaufbau ins Wasser.
Offensichtlich freuten sich aber auch noch andere über den See am Rande des kleinen Dorfes. Denn bei unserer Ankunft probte erst einmal die Babbener Feuerwehr für einen Wettkampf am Sonntag ausgiebig und lautstark Löscheinsätze am See.
Objektiv betrachtet hätte uns das gewissenhafte Training der freiwilligen Helfer in dieser waldbrandreichen Region eher beruhigen müssen. Doch nach unserer langen Fahrt konnte uns beim Anblick der Feuerwehrfahrzeuge am Strand selbst der Regenbogen nur wenig beeindrucken, den die Wasserfontaine aus dem Feuerwehrschlauch in die Abendsonne warf.
Als dann die Feuerwehr samt ihrem Gefolge, Schlauchwagen, Notstromaggregat, Schaulustigen und dem interessierten Nachwuchs in feierlicher Kolonne abzog, konnten die Hauptstätter endlich die Stille am Waldbad genießen.
Als am nächsten Vormittag Constanze Eiser den Kofferraum öffnete, wichen die Kinder mit großen Augen zurück. Hatte die Wolfsbeauftragte des Landes Brandenburg, mit der wir uns zu einer Erkundungstour in den Babbener Wäldern verabredet hatte wirklich einen echten Wolf mitgebracht?
Aiko, ein Huski/Schäferhund Mischling sprang begeistert aus dem Auto und begrüßte lebhaft alle, ob sie nun wollten oder nicht. Aber zum Glück hatte niemand Berührungsängste oder kam gar nicht erst dazu, denn schon ging es los auf eine spannende Tour durch den Wald der Wölfe, der direkt hinter unseren Zelten begann.
Während die ehemalige Biologielehrern und Wolfsfachfrau uns enthusiastisch die Augen für die Fauna und Flora um uns herum öffnete, auf verborgene Spuren hinwies und Lebensgewohnheiten des Wolfes erklärte, begleitete uns Aiko freudig und führte uns mit seiner bloßen Anwesenheit die tatsächliche Nähe seines nächsten Verwandten des Canis lupus lebhaft vor Augen. Mit einem Maßband konnten wir dann aber auch eindrücklich erkennen um wieviel größer im Vergleich zum Hund ein Wolf doch ist, der eine Schulterhöhe von 90 cm erreicht.
Aiko fand dann auch die erste Wolfslosung, die ebenfalls deutlich größer war, als wir sie von unseren Berliner Gehwegen kannten. Die Losung war außerdem weiß, vom Kalk der Knochen des Beutetieres und voller unverdauter Haare eines Wildschweins und kleiner Knochensplitter. Das Auge war nun geschult, so dass die aufmerksamen Kinder in kurzen Abständen mehrere Wolfslosungen fanden, die mitten auf Kreuzungen oder direkt auf den Waldwegen lagen, was bezeichnend für das Revierverhalten der Tiere ist.
In den anschaulichen Erzählungen von Frau Eiser wurde uns deutlich, wie dieses intelligente, soziale aber eben doch auch Raubtier immer noch genug Grundlage für polarisierende Darstellungen und reißerische Zeitungsberichte liefert, auch wenn es die Verfasser oft besser wissen. Der Mythos des „bösen Wolfes“ hält sich bis heute hartnäckig.
So wundert es nicht, dass eines der Lieblingsspiele der Kinder „der Werwolf im Düsterwald“ heißt und das wir natürlich für die Abendstunden bei Kerzenlicht dabei hatten.
Bei unserer Wanderung durch den hügeligen Mischwald erfuhren wir noch, dass es durch einen glücklichen Umstand zu diesem vielfältigen Waldgebiet kam, der sich erfreulich von den ringsum liegenden Kiefernschonungen unterscheidet.
Noch zu Zeiten der frühen DDR hatte man in Babben eine Kiefernsamenplantage angelegt, weil die vorkommende Art Pinus sylvestris von besonders guter Qualität und somit für den Export geeignet war. Zum Schutz vor Vermischung mit der gemeinen Kiefer wurde damals ein breiter Ring aus Buchen und Eichenbäumen gepflanzt und schuf so einen robusten Wald, der vielfältig ist und nicht anfällig für den Borkenkäfer, wie die umliegenden Monokulturnadelwälder.
Und wir lernten Wolfsspuren von Hundespuren zu unterscheiden, wieviel Kilometer ein Wolf am Tag zurücklegen kann und wie man sich am besten verhält, wenn man einem Wolf in der Ferne begegnet. Dicht heran kommen sie an den Menschen nämlich nicht. „Einfach schauen und genießen“ riet uns Constanze Eiser, denn so oft hat man nicht das Glück das beeindruckende Tier in seiner natürlichen Umgebung zu sehen, das seit dem 15. Jahrhundert kontinuierlich ausgerottet wurde.
Schauen und genießen. Diesem Motto sind wir dann auch während der gesamten Reise immer wieder gefolgt: Der See dampfte golden in der Morgensonne, während sich die Jungs die Hände an einer heißen Tasse Kakao wärmten. Beim Frühstück hob ein Eisvogel vom Ufer ab. Unseren Waldspaziergang durchschnitt der markante Ruf eines Schwarzspechts als er sich aus den Buchenwipfeln empor hob. Die Gottesanbeterin ließ sich geduldig fotografieren. Die Fledermäuse kreisten abends hungrig über dem stillen See. Der Himmel hing nachts voller Lichter, während wir in den Wald hinein lauschten, um die Wölfe zu hören.
Und so funktionierte das Lernen in der Natur. Die Kinder entdeckten etwas und dann entstanden interessierte Fragen und interessante Antworten. Woher weiß man, wie weit Wölfe am Tag laufen können? Warum gibt es hier so viele Gottesanbeterinnen? Warum verliert die Fichte ihre grünen Nadeln mitten im Sommer? Was ist das für ein kleiner Frosch am Ufer des Sees? Er hat grün/gelbe Streifen an den Seiten und da sitzt auch noch ein kleiner brauner Frosch. Die Haut fühlt sich trocken an. Warum? Kescher, Eimer und Bestimmungsbücher liegen bereit für alle, die mehr wissen möchten.
Am Sonntag konnten wir noch auf dem im Wald gelegenen Bogenschießplatz unter erfahrener Anleitung das Bogenschießen ausprobieren. Ein absolutes Highlight für die 12bis 14-jährigen!
Das Essen war wie immer vegetarisch, selbst gekocht und zum Teil auch selbst gesät und geerntet. In unserem neuen NABU Garten in Pankow haben wir nämlich Cheyenne, Blauer St. Galler und King Edward angebaut und so gab es zum Mittag rote, violette und gelbe Kartoffeln mit Quark und Leinöl und auch Tomatensoße aus selbst gezogenen Tomaten, Basilikumpesto und selbstgemachtes Pflaumenmus.
Besonders schön war, dass Luca Zangrando, unsere Co-Teamerin wieder mit dabei sein konnte, die vor 4 Jahren, als sie 16 war, zu unserer Gruppe kam und blieb und es trotz Studium noch schafft uns ab und zu zu besuchen. Und zu unserem großen Glück gab es wieder engagierte Erwachsene und Eltern, die diese Reise erst ermöglicht und bereichert haben.
Mit diesen großartigen Voraussetzungen und natürlich auch durch die Förderung des Corona Aufhol Pakets war es ein fantastischer Ausflug und immer wieder schön zu beobachten, wie wohl sich alle draußen gefühlt haben - den ganzen Tag zusammen zu sein, gemeinsam zu essen, zu lachen, Volleyball und Fußball zu spielen, auch gemeinsam abzuwaschen und in und mit der Natur zu leben.
Übrigens, wie uns die Bürgermeisterin bei der Abreise ausrichten ließ, hat die Babbener Feuerwehr beim Wettkampf den 2. Platz belegt.