114 Euro zahlt jeder EU-Bürger für verfehlte Agrarpolitik
NABU fordert mehr Naturverträglichkeit und weniger Steuerverschwendung
Bis September wollen sie nun eine gemeinsame Stellungnahme zur GAP-Reform erarbeiten. Umweltschutz, Tierschutz, aber auch die Wirtschaftlichkeit der Betriebe im Blick würden dabei berücksichtigt, heißt es. Für Steuerzahler, Natur und den ländlichen Raum ist die Reform eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen. Wir vom NABU Berlin fordern, dass sich Deutschland – als größter Nettozahler – für eine deutlich naturverträglichere und effizientere Verteilung der fast 60 Milliarden Euro schweren Agrar-Subventionen einsetzt.
114 Euro wofür?
Jeder EU-Bürger zahlt derzeit 114 Euro pro Jahr für die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) ein. Es ist der mit Abstand größte Topf des EU-Haushalts. Bislang werden sie jedoch überwiegend umweltschädlich und verschwenderisch verteilt. Der größte Anteil fließt pauschal pro Hektar – unabhängig davon, ob die Flächen umweltfreundlich bewirtschaftet werden oder nicht. Die Folgen sind dramatisch: Insekten sterben, Vögel verschwinden und das Grundwasser wird verunreinigt.
Der ökologische Bankrott vor unserer Haustür muss ein Weckruf sein. Wir brauchen eine naturverträglichere Agrarpolitik, im Interesse von Natur, Steuerzahlern und Landwirten gleichermaßen. Es ist nicht hinnehmbar, dass wir für die Verfehlungen der Agrarpolitik dreifach zur Kasse gebeten werden: Mit 114 Euro Steuergeld pro Jahr für die Agrarsubventionen, außerdem für die Reparatur der entstandenen Umweltschäden und schließlich auch für Strafgelder an den Europäischen Gerichtshof, wenn Deutschland etwa die Nitrat-Grenzwerte verletzt.
Wir brauchen einen Kurswechsel
Ein klarer Kurswechsel muss her. Vorschläge lägen bereits auf dem Tisch, wie das vorhandene EU-Budget so umgeschichtet werden kann, dass Landwirte weiterhin ein stabiles oder besseres Einkommen erzielen und die Natur zugleich besser geschützt wird. Der NABU Berlin fordert dazu das Geld in einen neuen EU-Naturschutzfonds umzuschichten, der mindestens 15 Milliarden Euro jährlich enthält. Aus ihm können Landwirte ein attraktives Zusatzeinkommen erzielen, wenn sie konkrete Leistungen für den Erhalt der Natur erbringen.
Die jetzige Reform der EU-Agrarpolitik ist wohlmöglich die letzte Chance für die dringend notwendige Umkehr. Sollte die Agrarpolitik weiter einen um-weltschädlichen Kurs verfolgen, wäre dies ein Drama für die Artenvielfalt und der Sargnagel für die Insekten. Bereits heute ist jede dritte der 560 deutschen Wildbienen-Arten gefährdet oder vom Aussterben bedroht. 39 weitere Arten sind bereits ausgestorben. Für uns Menschen sind Insekten mit ihren Leistungen unersetzlich. Weltweit bestäuben sie 90 Prozent aller Pflanzen – darunter auch die meisten Nutzpflanzen.
Aktuell verdichten sich jedoch die Zeichen, dass das notwendige Umsteuern auch dieses Mal ausbleiben könnte. EU-Agrarkommissar Hogan will sogar überproportional in jenem Bereich zu kürzen, der die wirksamsten Maßnahmen für den Naturschutz finanziert. „Schon bei der letzten Reform wurde versprochen, dass die EU-Agrarpolitik grüner wird. Doch stattdessen wurde mit dem ‚Greening’ ein immens teures Instrument installiert, das nur heiße Luft produziert. Doch für die Natur ist es nahezu wirkungslos – und für uns Steuerzahler reine Geldverschwendung“, sagte XY. Die Ineffizienz des Greenings hatte unlängst auch der Europäische Rechnungshof kritisiert.
Um mehr Transparenz in die laufenden Verhandlungen zur Agrarpolitik zu bringen, hat der NABU am Dienstag eine neue Kampagne gestartet. Unter dem Motto „Neue Agrarpolitik jetzt!“ wird Deutschlands größter Umweltschutzverband konkrete Missstände in der Agrarpolitik aufzeigen, Lösungen vorstellen und die Debatte mit der Politik suchen.
Das fordert der NABU für die GAP 2021-2027:
- Transformation: Die pauschalen Flächenprämien müssen durch eine gezielte Förderung für den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft ersetzt werden.
- Rettung der Artenvielfalt: 15 Milliarden Euro pro Jahr müssen bereit gestellt werden, um Naturschutzmaßnahmen einkommenswirksam zu honorieren.
- Faire Preise: Die GAP muss zur Landnutzungs- und Ernährungspolitik werden. Statt ein System der „Masse“ muss sie Bewusstsein, Vermarktung und Zahlungsbereitschaft für „Klasse“ fördern und die Lebensmittelverschwendung bekämpfen.
Mehr zur NABU-Kampagne: www.NeueAgrarpolitik.eu