Wundersame Krebswanderung im Berliner Tiergarten
NABU Berlin appelliert: Keine exotischen Tiere in Gewässer aussetzen
Vor der Spanischen Botschaft haben MitarbeiterInnen des NABU Berlin gestern Morgen sechs Exemplare gesichtet. Seit mehreren Wochen melden sich BürgerInnen bei der NABU-Wildtierberatung und berichten von wandernden „Krebstieren“ wie „Garnelen“ oder „Skorpionen“, die im Großen Tiergarten und den angrenzenden Wegen und Straßen gesehen werden.
Bei den Tieren handelt es sich um eine nicht heimische Krebsart, den Roten Amerikanischen Sumpfkrebs (Procambarus clarkii). Die etwa zwölf Zentimeter großen Krebse wurden im Aquarienhandel angeboten und werden aufgrund ihrer schönen roten Färbung gerne gekauft.
Vermutlich wurden vor einiger Zeit solche Krebse in die Tiergartengewässer verbracht. „Möglicherweise hatten die Tierhalter kein Interesse mehr an ihren Schützlingen oder es wurden überzählige Jungtiere aus Privathaltung – aus falsch verstandener Tierliebe – auf diese Weise entsorgt“, sagt Katrin Koch vom Wildtiertelefon des NABU Berlin. Die Freilassungen haben jedoch verheerende Auswirkungen, denn der Sumpfkrebs vermehrt sich rasant und mehrmals im Jahr.
Die Krebse verlassen die Tiergartengewässer zurzeit jedoch nicht aufgrund schlechter Wasserqualität. Aktuelle Messungen des Fischereiamtes ergaben gute Sauerstoffwerte. Die Abwanderung über Land ist eine Strategie, neue Lebensräume zu besiedeln. Möglicherweise wird der Wandertrieb auch durch den Populationsdruck ausgelöst.
Stiller Verdrängungswettbewerb
Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs gehört zu den problematischen Neozoen. Die Allesfresser mit ihrer hohen Vermehrungsrate haben einen negativen Einfluss auf die Gewässer- Ökosysteme. Er frisst Fisch- und Amphibienlaich und dezimiert dadurch die einheimische Fauna. Darüber hinaus ist der knallrote Krebs als Träger einer Pilzerkrankung (Krebspest) eine Gefahr. Gegen diese Erkrankung sind die Tiere selbst immun, für europäische Flusskrebsarten ist die“ Krebspest“ hingegen tödlich. Die wanderlustigen Tiere tragen die Infektionen in das nächste Gewässer. Die Ausbreitung in Spree und Havel muss also dringend verhindert werden.
Obwohl der bekömmliche Krebs andernorts bereits gegrillt und verspeist wird, gilt die Sammlung und Befischung in Berlin als Wilderei. Das Fischereiamt ist momentan damit betraut, festzustellen, in welchen Gewässern sich diese Krebsart befindet.
Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs wurde 2016 in die „Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung“ von der Europäischen Kommission aufgenommen. Das bedeutet, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine weitere Verbreitung zu verhindern. Dazu gehört auch ein Haltungs- und Vermarktungsverbot.
Lösungen in Sicht?
Nach Recherchen des NABU Berlin wird für die Spreemetropole derzeit ein Monitoring durchgeführt. In Berlin gibt es die Art vor allem in den Gewässern des Großen Tiergartens und im Britzer Garten. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz sieht bei dem Roten Amerikanischen Sumpfkrebses die Chance, die Tiere abzufangen, bevor sich die Art etabliert. Die Oberste Naturschutzbehörde Berlins ist verpflichtet, einen Managementplan zum Umgang mit den Tieren zu entwickeln. Bedauerlicherweise bleibt im Moment die Möglichkeit, die Tiere im Großen Tiergarten abzufangen, ungenutzt.
Wir appellieren daher an alle Aquarienbesitzer: Bitte setzen Sie keine exotischen Tiere in Gewässer aus! Ein Handel mit allen derzeit 37 Arten der „Unionsliste“ und das Aussetzen der Arten ist in Deutschland untersagt.
In der „Unionsliste“ invasiver Arten benennt die EU Tier- und Pflanzenarten, die mit ihrer Ausbreitung Lebensräume, Arten oder Ökosysteme beeinträchtigen und daher der biologischen Vielfalt schaden können. Sie wurde 2022 von 66 auf 88 Arten erweitert. Mehr →