2018 - Star
Die Feldlerche ist Vogel des Jahres 2019
Typischer Agrarvogel im Sinkflug
Diese Ehre wurde bisher nur wenigen Vögeln zuteil. Trotz aller Anstrengungen war die erste Wahl zum Vogel des Jahres leider nicht genug, um die Art zu retten. Denn der alarmierende Rückgang bei den Beständen dieses ehemaligen Allerweltsvogels setzte sich fort. Intensivkulturen mit Wintergetreide, Mais und Raps, fehlende Brachflächen und der Rückgang von Insekten verringern ihren Lebensraum und ihre Nahrungsgrundlage.
Die Feldlerche als Stellvertreter für bedrohte Arten
Die Feldlerche steht als Jahresvogel auch stellvertretend für andere Feldvögel wie Kiebitz und Rebhuhn, denen es zum Teil sogar noch schlechter geht. Die immer intensivere Landwirtschaft ist zum Hauptgrund für das Artensterben in Europa geworden. LBV und NABU fordern deshalb für die derzeit laufenden Verhandlungen über die künftige EU-Agrarpolitik ein radikales Umsteuern. Derzeit fließen jährlich 58 Milliarden Euro Agrarsubventionen überwiegend als pauschale Flächenprämien an Landwirte. Das sind 114 Euro pro EU-Bürger. Diese Gelder müssen künftig statt in Massenproduktion gezielt für eine naturverträgliche Landwirtschaft investiert werden, um Arten wie die Feldlerche zu retten. Bisher haben sich jedoch weder die Bundeskanzlerin noch ihre Agrarministerin Julia Klöckner am Verhandlungstisch in Brüssel klar dazu bekannt. Die Feldlerche – und mit ihr unsere ländlichen Lebensräume mit ihrer ganzen Artenvielfalt – haben jedoch nur eine Chance, wenn die Bundesregierung auf EU-Ebene die Weichen der Agrarpolitik richtigstellt.
LBV und NABU rufen bei der Mitmach-Aktion „Meine 114 Euro“ Bürgerinnen und Bürgern auf, ihre Wünsche an eine Agrarreform EU-Parlamentariern aus ihrem Wahlkreis zu übermitteln und so zur Rettung der Feldlerche und anderer Feldvögel beizutragen.
Die Feldlerche bundesweit
Mit zwischen 1,3 und 2 Millionen Revieren gehört die Feldlerche immer noch zu den häufigen Vögeln Deutschlands. Allerdings befinden sich ihre Bestände in einem deutlichen Sinkflug. Ein Drittel der Feldlerchen sind in den vergangenen 25 Jahren verschwunden. Zwischen 1990 und 2015 gab es einen Bestandsrückgang um 38 Prozent, wie offizielle Monitoringdaten des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten belegen. Aus vielen Gebieten Deutschlands ist die Feldlerche bereits völlig verschwunden.
Die Feldlerche in Berlin
In Berlin wurde der Bestand im Jahr 2013 auf noch 400-500 BP geschätzt, auch hier ist der Bestand seit Jahrzehnten rückläufig und die Art daher in der Roten Liste Berlins ebenfalls als „gefährdet“ eingestuft. Anders als in den Flächenländern ist die Hauptgefährdung der Art in Berlin die Zerstörung ihres Lebensraumes durch Überbauung. Die landwirtschaftlichen Flächen Berlins fielen schon in der Vergangenheit zum größten Teil der Wohnbebauung zum Opfer und auch die wenigen noch verbliebenen Flächen sind aktuell von großflächigen Bauvorhaben bedroht.
Dass die Bestandsgefährdung in Berlin nicht viel dramatischer ist, liegt an den ehemaligen oder bestehenden Berliner Flughäfen und damit sind wir wieder beim Tempelhofer Feld: Hier brüteten im Jahr 2017 mit rund 200 Brutpaaren gut 40 % des Berliner Bestandes, weiteren 20 % (79 Brutpaare) auf dem Flughafen Tegel. Auf dem Tempelhofer Feld ist die Siedlungsdichte mit im Mittel 6,7 Revieren/10 Hektar zudem sehr hoch. In Teilbereichen mit Betretungsverbot waren es 2017 sogar 16,3 Revieren/10 Hektar, solche Werte werden in Deutschland sonst nur noch auf Salzgraswiesen an der Nordsee erreicht. Auf Ackerschlägen im umgebenden Brandenburg ist die Siedlungsdichte mit etwa 3,5 Revieren/10 Hektar viel niedriger.
Woran liegt das? Die klare Antwort: An der Art der Pflege. Die Wiesen des Tempelhofer Feldes werden nicht gedüngt und nicht mit Herbiziden behandelt, sie sind daher sehr arten- und damit nahrungsreich. Zudem werden sie schon seit Jahrzehnten nur einmal im Jahr gemäht, derzeit etwa je zur Hälfte Mitte August und Mitte September. Die Brutzeit der Feldlerche ist Mitte Juli bereits beendet, sie kann hier also ihre bis zu 3 Bruten im Jahr ohne die sonst übliche Gefährdung durch landwirtschaftliche Arbeiten großziehen.
Agrarischer Lebensraum immer weniger geeignet
Die Nahrung der Feldlerche ist abhängig von den Jahreszeiten. In den kalten Monaten begnügt sie sich mit Pflanzenteilen und Sämereien. Im Frühling kommen Insekten, Regenwürmer oder andere Kleintiere dazu, die besonders für den Feldlerchen-Nachwuchs ein wichtiges Kraftfutter sind.
Die Feldlerche kann in der heutigen Agrarlandschaft wegen der schnell und dicht aufwachsenden großflächigen Intensivkulturen oft nur noch eine Brut aufziehen. Wo auf riesigen Flächen nur noch undurchdringbares Wintergetreide, Raps oder Mais wachsen, fallen die überlebenswichtigen zweiten und dritten Bruten aus. Wenn die Lerchen deswegen auf die vegetationsfreien Fahrspuren im Feld ausweichen, werden sie häufig Opfer von Nesträubern oder von Maschinen überrollt. Heute fehlt meist die Auflockerung der Landschaft durch Brachen, Sommergetreide oder extensiv genutztes Grünland, wo die Vögel auch im späten Frühjahr noch brüten könnten. Hielten sich 1990 noch Brach- und Maisanbauflächen die Waage, gab es 2010 bereits zwanzig Mal mehr Maisflächen. Auch in Überwinterungsgebieten des Zugvogels haben sich die Nahrungsbedingungen für den Zugvogel durch die Intensivierung der Landwirtschaft und durch Pestizide weiter verschlechtert.
Der Feldlerche hilft dann auch ihre perfekte Tarnung nicht mehr. Mit nur 16 bis 18 Zentimetern Körperlänge und der beige bis rötlich-braunen Gefiederfärbung an der Oberseite ist sie im Stoppelfeld gut getarnt. Ihr einziger Schmuck besteht aus feinen, schwarzbraunen Längsstreifen und Strichen am Oberkopf und einer kleinen Federhaube.
Unsere Ohren nehmen Feldlerchen eher wahr als die Augen. Die Männchen singen meist im Flug aus einer Höhe von 50 bis 200 Metern, wo sie mit bloßem Auge kaum mehr zu erkennen sind. Ihr scheinbar endlos tirilierender Gesang bildet die traditionelle Klangkulisse unserer Agrarlandschaft. War es früher oft unmöglich, aus diesem Geräuschteppich einen einzelnen Vogel herauszuhören, ist es heute eine Freude, überhaupt eine Lerche zu hören. In manchen Gegenden ist der Himmel über den Feldern sogar bereits stumm.