Raus aus der Großstadt, rein in die Natur!
Meine Erlebnisse als Betreuerin beim Kinder-Ferienlager in der Storchenschmiede Linum
Mir scheint, als hätte Linum eine besondere Anziehungskraft: Wenn du einmal da warst, kommst du immer wieder dorthin zurück. Genauso verhält es sich mit dem Ferienlager in der Storchenschmiede: Viele der Kinder sind Jahr für Jahr zu Gast und schmieden schon heute Pläne für später: „Wenn wir dann zu alt für das Ferienlager sind, kommen wir auf jeden Fall als Betreuer wieder.“ Liegt es an der Natur, an den anderen Kindern, den Erlebnissen oder der Leiterin Marion Szindlowski und ihrem Team? Es ist vermutlich eine gute Mischung aus allem. Ein Rückblick auf meine Zeit als Camp-Betreuerin:
Kurz vor Ende meines Bundesfreiwilligendienstes in der Geschäftsstelle des NABU Berlin kam noch einmal eine ganz besondere Aufgabe auf mich zu: Ich durfte zwei Wochen mit anderen Freiwilligen als Betreuerin beim Kinder-Ferienlager in der Storchenschmiede aushelfen. Das bedeutete: zwei Wochen lang raus aus der Großstadt Berlin und rein ins Abenteuer Linum. Im ersten Durchgang erwarteten uns Kinder im Alter von 8 bis 11 Jahren und in der zweiten Woche waren die 12- bis 15-Jährigen dran. All das war eine ganz neue Erfahrung für mich, ich war sehr gespannt!
Los geht’s – rein ins Vergnügen
Der erste Tag der beiden Durchgänge, jeweils ein Sonntag, startete nach diversen Kennenlern-Spielen auf ganz besondere Weise: In der ersten Woche durften „die Kleinen“ bis nachts beim Fußball-WM-Finale mitfiebern und jubeln. In Woche 2 überraschten wir „die Großen“ mit einer Wasserschlacht – bei über 30 Grad die beste Abkühlung. Nachdem wir den Kindern Wasser über die Köpfe geschüttet hatten, gab es kein Halten mehr: Flaschen und Eimer wurden befüllt, Wasserschläuche hervorgeholt und so verwandelte sich die Storchenschmiede in einen riesigen Wasserspielplatz. Marion, die Leiterin und Herzstück der Station, musste natürlich ebenso daran glauben. Auch wenn sich viele vorher bereits kannten: Spätestens jetzt war das Eis gebrochen. Das Camp konnte losgehen.
Das Vogel-ABC
An den Montagen ging es nachmittags in das Linumer Teichgebiet, um Vögel zu beringen – eins meiner persönlichen Highlights! Wir nahmen Decken, Sonnenschirm und Leckereien mit, um bis zum Abend gut ausgerüstet zu sein. Dann wurden die Fangnetze aufgestellt und nun hieß es: warten. Doch schon bald konnten wir Teich- und Drosselrohrsänger sowie Beutelmeisen aus nächster Nähe betrachten, lernten einiges über Brutfleck, Körpergewicht & Co. und durften beim Verpassen des „Personalausweises“ über die Schulter schauen. Besonders toll war es, die kleinen gefiederten Freunde schließlich wieder freilassen zu können. Na denn, guten Flug!
Hallo, ihr Unken!
Die Storchenschmiede Linum hat ja einiges zu bieten, der beliebteste Treffpunkt war jedoch stets der Teich. Wenn Zeit war, wurden die Kinder zu kleinen Entdeckern und tümpelten, was das Zeug hielt. Mit Kescher, Bestimmungsbüchern und Lupen bewaffnet, vergaßen sie alles um sich herum. Die Großen mussten sich gleich einer größeren Herausforderung stellen: In zwei Teams aufgeteilt sollten sie verschiedene Tier- und Pflanzenarten bestimmen sowie deren Gattung, Familie und den lateinischen Namen herausfinden. Es wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wir hatten ein paar erstaunliche Experten dabei, von denen selbst wir Erwachsenen noch einiges lernen konnten. Hut ab!
Nur die pfiffigsten Störche machen Abitur
Wer die Hauptgebäude der Storchenschmiede hinter sich lässt und in den Garten schaut, entdeckt hier und da Schilder, auf denen beispielsweise geschrieben steht: „Fühlkästen“, „Verjage die Waschbären“ oder „Rette die Eier“. Was hat es damit auf sich? Unsere Ferienlager-Kinder durften das Geheimnis lüften und sozusagen als Versuchskaninchen agieren. Beim „Storchenabitur“ durchläuft jeder verschiedene Stationen und stellt dabei seine Sinne und Fähigkeiten auf die Probe. So konnten wir uns im Weitsprung testen, auf Dosen zielen, Eier auf Seilen balancieren, mit Füßen und Händen Materialien erfühlen, ein Natur-Quiz lösen... es war ein großer Spaß und alle haben am Ende ihr „Storchenabitur“ mit Bravour bestanden!
Tischlein deck dich
Jeden Mittwoch ging es am späten Nachmittag nebenan ins „Kleine Haus Linum“. Frank hieß die Kinder herzlich in seinem Restaurant willkommen, damit wir gemeinsam mit ihm etwas Leckeres kochen konnten. Wichtig war uns dabei, dass wir im Garten der Storchenschmiede selbst auf die Suche nach Zutaten gehen konnten, die wir dann beisteuerten. Insbesondere die Kräuter wurden fleißig geplündert und für Gemüselasagne und Kräutertee verwendet. Dann durften alle ran: Es wurde Gemüse geschnippelt und wir konnten Frank bei der Zubereitung über die Schulter schauen. Auch wenn die Kinder anfangs über fleischlose Kost und unbekannte Getränke schimpften, konnte unser Koch sie eines Besseren belehren: In diesem Sinne, guten Appetit!
Wer hat an der Uhr gedreht?
„Die Großen“ durften sich am Donnerstag an eine ganz besondere Tagesaufgabe wagen: den Bau einer Sonnenuhr. Mit Unterstützung von Experten und uns Betreuern wurden Teams gebildet, die bestimmte Aufgaben erfüllen sollten. Aber bevor wir starten konnten, gab es erst einmal eine theoretische Einführung: Wie funktioniert so eine Sonnenuhr überhaupt und wie wird sie gebaut? Dann ging es ans Rechnen, Messen, Bemalen, Schrauben und Werkeln. Am Ende konnten alle wirklich sehr stolz auf sich sein! Nun steht die Sonnenuhr des Expertencamps 2014 als schöne Erinnerung im Hof der Storchenschmiede und erfreut hoffentlich auch die Besucher.
Das Wandern ist des Försters Lust...
Jeden Freitag ging es vormittags auf Wanderschaft, frei nach dem Motto: Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung. Obwohl es der Wettergott mit den Älteren nicht ganz so gut meinte, ging es auch für sie ab in den Wald, und das mit jemandem an der Seite, der das Gebiet wie seine Westentasche kennt: dem Förster. Er ließ sich einiges einfallen, um die dreistündige Wanderung und theoretischen Erzählungen aufzulockern und den Kindern das Ökosystem Wald spielerisch näher zu bringen: Wie schwer ist es, ähnlich wie ein Baum, Wasser durch eine Röhre nach oben zu ziehen, um trinken zu können? Oder wie schnell können wir mit einem breiten Stock auf den Schultern – angelehnt an das Geweih des Hirsches – durch das Dickicht laufen? Was blüht am Wegesrand überhaupt und warum dort und nicht woanders? Dank der tollen Vorbereitung wurde es ein abwechslungsreicher Vormittag, der mit einem kleinen Grillfest seinen Abschluss fand.
Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei
Ich könnte hier noch viel mehr berichten: von unserem Camp-Hund Tulkas, der Schatzsuche, von unseren Badeausflügen, der Paddeltour, den lustigen Spielerunden, von der Gruselnacht (besonders für uns Betreuer immer ein riesen Spaß!), vom Filz-Nachmittag und dem letzten Abend mit Lagerfeuer, Stockbrot und Musik, vom leckeren Essen unserer lieben Küchenfrauen... doch das würde den Rahmen sprengen und jeder soll sich ja selbst ein eigenes Bild von dem Ferienlager machen.
Eingangs beschrieb ich dieses Fernweh nach Linum - nun hat es auch mich gepackt. Ich plane jedenfalls schon jetzt meinen Aufenthalt im nächsten Jahr, um „meine“ Kinder und das Team der Storchenschmiede wiedersehen zu können. Und um mal wieder mit dem Klappern der Störche selig einzuschlummern... na dann, bis zum nächsten Jahr!
Anja Wrzesinski
(Bundesfreiwilligendienst 2013/2014)