Die große Moorlinse aus der Luft - Foto: Juliana Schlaberg
Die Moorlinse Buch
Das Feuchtbiotop muss langfristig erhalten werden
Der NABU Berlin setzt sich seit Jahrzehnten für den Erhalt und Schutz dieser Lebensräume ein. Leider ist in ihrer unmittelbaren Umgebung ein großes Neubauprojekt geplant.
Hotspot der Biodiversität
Die Moorlinsen Buch, nahe des S-Bahnhofs im Nordosten der Stadt gelegen, sind ein außerordentlich wertvolles Refugium für Amphibien, Reptilien und insbesondere Vögel. Im gesamten Bereich (Feuchtgebiete sowie angrenzende Freiflächen) wurden 2017 mehr als 60 Brutvogelarten mit 274 Revieren nachgewiesen. Darüber hinaus ist das Gebiet wichtiger Rast- und Mauserplatz für Zugvögel (Limikolen, Enten, Grau- und nordische Gänse). In den letzten Jahren dient die Moorlinse Kranichen als Schlafplatz.
Von den 60 Arten haben insgesamt 24 Arten (39,3%) einen Gefährdungsstatus, darunter die hochgradig gefährdete Löffelente. Auf den angrenzenden Feldern ist das Braunkehlchen, die Feldlerche, der Feldschwirl, Wendehals und Wiesenschafstelzen heimisch.
Herpetolog*innen des NABU, unterstützt durch Praktikanten, Studenten der FH Eberswalde sowie freiwillige Helfer der Pankower Bezirksgruppe, ermittelten ab 2003 das Artenspektrum der Amphibien in der Moorlinse: Teichmolche, Knoblauchkröten, Erdkröten, Moor-, Teich- und Grasfrösche wurden nachgewiesen. Hinzu kamen Reptilien wie Zauneidechsen und Ringelnattern.
Damit war die Moorlinse, neben den Bucher Bogenseen und den Karower Teichen, eines der bedeutendsten Laichgewässer für gefährdete Amphibien im Berliner Norden
Leider ist die Amphibienpopulation, vermutlich auch durch die konventionelle Bewirtschaftung der angrenzenden Flächen, zusammengebrochen. Teichfrösche und Knoblauchkröten wurden jedoch noch 2022 nachgewiesen. Durch die konsequente Durchsetzung des Parkverbots auf der parallel zur Moorlinse verlaufenden Straße wurden zumindest keine der wenigen wandernden Tiere mehr überfahren. Wie fast überall in Berlin sind die Amphibienbestände also auch hier stark rückläufig – umso dringlicher ist der Schutz jedes einzelnen Laichgewässers!
Auch für Entomolog*innen ist das Gebiet höchst interessant. 27 Tagschmetterlingsarten, wie der große Feuerfalter (FFH-Art) konnten hier schon nachgewiesen werden.
Langjähriges Engagement des NABU
Der NABU-Landesverband Berlin hatte bereits in den 1990er Jahren Einfluss auf die bauliche Entwicklung im Umfeld der Moorlinse genommen, als es erste Bebauungspläne gab. Wir engagierten uns für die Aufnahme der Moorlinse in das Berliner Gewässerverzeichnis (nun Schutz durch das Wasserrecht) sowie einen Schutzstatus für die umliegenden Flächen (LSG- Schutzgebietsverordnung). Ein weiterer wichtiger Aspekt war für uns die extensive Bewirtschaftung der Freiflächen um die Moorlinse.
Auch das Bezirksamt Pankow erkannte die große Schutzwürdigkeit und gab eine gutachterliche Untersuchung in Auftrag. Diese bestätigte erneut allen Beteiligten die außergewöhnliche Artenvielfalt des Gebiets. Es kam erfreulicherweise zu einer Änderung des Flächennutzungsplans (FNP), wodurch eine komplette Bebauung der Freiflächen um die Moorlinse herum zurückgenommen wurde.
Wasserhalt und Vogelbeobachtung
Eines der wichtigsten Schutzbemühungen des NABU bestand darin, den Wasserstand in der Moorlinse zu halten bzw. einzupegeln. Darüber hinaus sollte es bessere Beobachtungsmöglichkeiten geben, um Trampelpfade zu vermeiden.
Durch bauliche Maßnahmen – den Einbau einer Sohlgleite und die Errichtung einer Beobachtungsplattform gemeinsam mit dem Forstamt Pankow - wurde einerseits der Wasserstand der Moorlinse eingeregelt, andererseits den vielen Besucher*innen und insbesondere den Ornitholog*innen eine komfortable Möglichkeit gegeben, die Tier- und Pflanzenwelt zu beobachten, ohne zu stören.
2022 stellten wir - erneut! – einen Antrag bei der Obersten Naturschutzbehörde, das Gebiet als Naturschutzgebiet (NSG) auszuweisen.
Tatsächlich sollen die Moorlinsen nun Naturschutzgebiet werden, doch bis dahin werden noch ein paar Jahre vergehen. Zudem kann eine Schutzgebietsausweisung – auch als NSG - das wertvolle Feuchtbiotop nicht vor allen negativen Einflüssen bewahren.
Bauvorhaben Buch - Am Sandhaus
In der Nähe des S-Bahnhofs Buch, nur 100 Meter von der großen Moorlinse entfernt, soll ein neues Stadtquartier mit 2700 Wohneinheiten entstehen. Nach dem städtebaulichen Gutachter*innenverfahren erhielt das Studio “Wessendorf und Grieger Harzer Landschaftsarchitekten” den Zuschlag für die Umsetzung des Vorhabens.
Die zahlreichen Kritikpunkte aus der Bevölkerung und des NABU Berlin wurden im Verfahren weitestgehend ignoriert. Wir befürchten einen dramatischen Verlust der Biodiversität an der Moorlinse, wenn eine derart viele Wohneinheiten gebaut werden. Die zukünftig dort wohnenden 5000 Menschen werden mit ihren Freizeitaktivitäten und ihren freilaufenden Haustieren die Moorlinsen als Naherholungsgebiet nutzen. Dies wird zu einem hohen Artenverlust an einem der letzten Hotspots der Biodiversität in Berlin führen. Daher fordern wir eine drastische Reduktion der Wohneinheiten und eine ganzjährig geschützte Ruhezone von mindestens 100 Metern um die Moorlinsen herum.
Momentan ist ein Aufstellungsbeschluss für das Bebauungsplanverfahren bei der Verwaltung in Bearbeitung. Im weiteren Verfahren ist eine Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben. Das bedeutet, es können zum aktuellen Entwurf Stellungnahmen eingereicht werden, die entweder berücksichtigt oder begründet abgelehnt werden müssen. Wir werden uns auch weiterhin für den Schutz der Moorlinsen einsetzen!