Stockenten suchen Mitfahrgelegenheit
Balkone als Ausweichquartiere mit Chauffeurservice
Stockenten suchen Mitfahrgelegenheit
Balkone als Ausweichquartiere mit Chauffeurservice
Der Anruf kommt nicht unerwartet, schließlich ist es bereits Anfang Mai und bei den Stockenten gibt es Nachwuchs. Es wird nach der Mitfahrgelegenheit für Enten gefragt, die sich einen etwas ungünstigen Brutplatz ausgesucht haben und die Mitarbeiter der NABU-Wildvogelstation sind gefragt, um Enten und Bürgern zu helfen.
Es sind meist bereits routinierte Entenbeobachter, die zu den Anrufern gehören, denn häufig wählen Stockenten immer wieder den gleichen Balkon oder das gleiche Flachdach für ihr Nest aus. Von daher ist der Draht zu André Hallau von der Wildvogelstation kurz, der die Ente samt Küken aus der misslichen Lage befreit und zu einem nahen Gewässer bringt. Die Spezialisten warten ab, bis die Eier ausgebrütet sind und die Entenmutter samt Küken umgesiedelt werden kann.
Extrem-Brutplätze als Notlösung
Eigentlich brüten Stockenten von Natur aus am Boden, doch in Berlin finden sie selbst in Naturschutzgebieten, Parks und Grünanlagen kaum noch ungestörte Brutplätze, die nicht von freilaufenden Hunden oder querfeldein gehenden Menschen gestört werden. Aus Sicht der Stockenten bieten hoch gelegene Balkone Ruhe und Sicherheit. „Selbst ansonsten wohlerzogene Hunde vergessen schon mal gerne vor lauter Eifer ihre guten Manieren. Dann ist der Jagdinstinkt geweckt und die Ente auf der Flucht“, erläutert André Hallau, Leiter der NABU-Wildvogelstation die Problematik.
Ausweichquartier mit Chauffeur
An natürlichen Brutplätzen in Gewässernähe ist der Weg vom Nest für die Küken kein Problem, aber in einer Großstadt wie Berlin wird dieser Weg häufig zur Todesfalle, da die Küken den Brutplatz auf hohen Balkonen oder Flachdächern nicht oder nur mit großen Verlusten verlassen können. Am Boden angekommen warten weitere Gefahren auf die Küken, wie Entwässerungsrohre, Lichtschächte von Kellerfenstern, Tiefgaragen oder der Straßenverkehr. In fast allen gemeldeten Fällen kann das Team der Station aufgrund des rechtzeitigen Informationsaustausches helfen und erfolgreich die Entenfamilie an ein geeignetes Gewässer transportieren.
Der Aufwand lohnt sich. Haben die Fachleute vom NABU Berlin alle Informationen erhalten, können sie erfolgreich helfen. Angaben zu Anzahl der Küken, über die Anwesenheit des Muttertiers und über den Standort des Nestes helfen bei der Umsetzung. „Sogar Waisenküken können wir helfen“, erläutert André Hallau die Arbeit. „Wenn die Altente verunglückt ist, werden die Küken von anderen Stockentenfamilien adoptiert. Das Verfahren ist vergleichsweise unproblematisch, aber man muss schon darauf achten, dass alle anderen Rahmenbedingungen stimmen“, betont Hallau.
Hoher Aufwand
Die Zahl der Meldungen wird jetzt bei besser werdendem Wetter stetig zunehmen. In den vergangenen Jahren wurden jährlich rund 100 Umsetzungen – also Mutterenten mit Küken – durch die NABU-Wildvogelstation durchgeführt.
Doch vor allem der Chauffeurservice durch die verschiedenen Berliner Stadtbezirke geht ins Geld sowie die erheblichen Telefonkosten für die Beratung. Der NABU Berlin bittet deshalb die Haus- und Wohnungsinhaber, auf deren Balkonen, Terrassen oder Dächern Stockenten brüten, um Spenden für den professionellen Service der Wildvogelstation.
16. Mai 2013