1, 2, 3 – was sagt die Zahl auf dem Ei?
Tierschutz beginnt beim Einkauf



Öko-Freilandeier - Foto: NABU/Sebastian Hennigs
Überaus aktuell ist dies auch gerade, weil die „intensive“ oder „Massentierhaltung“ die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Krankheiten von Tieren auf den Menschen übergehen. Die Vogelgrippe sowie das neuartige Coronavirus sind solche Krankheiten. Grund genug, genau zu schauen, welche Eier man bedenkenlos kaufen kann.
Hühner als Eifabriken
Die Agrarindustrie hat Hennen auf maximale Legeleistung hin gezüchtet. Sie produzieren heutzutage rund 300 Eier pro Jahr, was sie so auslaugt, dass sie nach 12 bis 15 Monaten ausrangiert und geschlachtet werden. In Hobbyhaltung werden hingegen Hennen fünf bis sieben Jahre alt. Zum Vergleich: Das Haushuhn stammt von dem asiatischen Bankivahuhn ab, das höchstens 40 Eier im Jahr legt.
Hähne können sogar zehn Jahre alt werden, sterben heute jedoch meist direkt nach dem Schlüpfen. Da sie keine Eier legen und zu langsam Fleisch ansetzen, werden männliche Küken der Legerassen standardmäßig geschreddert, vergast oder erfroren.
In fast allen kommerziellen Haltungsformen entwickeln Hühner zudem Verhaltensstörungen. Eng zusammengepfercht reißen sie anderen Tieren die Federn aus, bepicken Haut und Fleisch der Artgenossen, was mit schweren Verletzungen einhergeht. Gerade rot glänzende Objekte reizen zum Picken, weshalb besonders die empfindlichen Kloaken und offene Wunden angegriffen werden. Dies kann zu tödlichen Verletzungen führen. Als Gegenmaßnahmen werden Hühner oft im Dämmerlicht gehalten. Das macht sie passiver, beeinträchtigt jedoch ihr Wohlbefinden und den Tag- Nacht-Rhythmus der Tiere.
Eier-Codes unter der Lupe
Seit 2005 müssen Eier mit dem Haltungssystem gekennzeichnet sein. Der Stempel auf dem Ei beginnt mit einer Ziffer für die Haltung, darauf folgt ein Länderkürzel und ein Zahlencode für Betrieb und Stall.
0 – Biohaltung

Immer mehr Biohalter ziehen männliche Küken groß, um sie als Fleischhähnchen zu vermarkten. - Foto: Helge May
In Biohaltung hat jede Henne tagsüber mindestens vier Quadratmeter Auslauffläche im Freien zur Verfügung. Drinnen muss ein Drittel der Stallbodenfläche fest sein, also kein Draht- oder Spaltenboden, und dazu Einstreu enthalten. Zudem sind für alle Tiere Sitzstangen vorgeschrieben. Der Auslauf im Freiland sollte den Hühnern laut Vorgabe Deckung vor Feinden bieten und bewachsen sein, sonst nutzen ihn die Tiere aus Angst nicht. Freigang muss den Tieren an einem Drittel der Lebenszeit gestattet sein. Maximal 16 Stunden am Tag darf das Licht brennen, und das Futter muss aus ökologischem Anbau stammen. Männliche Küken werden jedoch auch in der Biohaltung zumeist getötet.
Wer bei Biohaltung von glücklichen Hühnern ausgeht, muss sich im Klaren sein, dass im Stall bis zu sechs Hennen pro Quadratmeter und 3000 Tiere pro Stall erlaubt sind. Sich selbst überlassen, bilden Hühner eine Gruppe von einem knappen Dutzend, in der eine klare Hackordnung für ein friedliches Miteinander sorgt. In großen Ställen hacken sie hingegen ungehemmt aufeinander ein.
Viele Biohöfe gehen über die EU-Mindestanforderungen hinaus und halten ihre Legehennen in kleineren Gruppen oder in mobilen Hühnerställen auf der Weide. Immer mehr Biohalter, etwa die in der Bruderhahn-Initiative zusammengeschlossenen Betriebe, ziehen zudem männliche Küken groß, um sie als Fleischhähnchen zu vermarkten. Ein weiteres Projekt ist das „Zweinutzungshuhn“, das sich gleichermaßen als Eiproduzent und Fleischlieferant eignet. Diese Tiere dürfen zudem länger leben, da sie langsamer Gewicht zulegen. Wem das Wohl der Hennen und der männlichen Küken am Herzen liegt, sollte im Biomarkt zu den so gekennzeichneten Eiern greifen. Der Großteil der Bioeier stammt derzeit jedoch aus Großbetrieben, die billiger produzieren.
1 – Freilandhaltung
Freilandhaltung bedeutet, dass den Tieren ebenfalls vier Quadratmeter Auslauf im Freien zur Verfügung steht. Im Stall drängen sich jedoch bis zu neun Hennen sich auf einem Quadratmeter, und die Gruppen umfassen bis zu 6000 Tiere, doppelt so viele wie bei Biohaltung. Das Futter soll überwiegend, aber muss nicht gänzlich, aus Ökoanbau stammen. Drinnen gleichen die Ställe der Bodenhaltung: große Hallen mit tausenden von Tieren. Diese Bedingungen verbieten es den Hennen, eine Hackordnung zu etablieren.
2 – Bodenhaltung
Zu über 60 Prozent kaufen die Deutschen, ebenso wie die meisten Lebensmittelhersteller, Eier aus Bodenhaltung. Diese findet meist in großen Hallen statt oder auch in Käfigen mit Etagen und Gitterböden. Sie werden Volieren genannt, obwohl die Hennen darin nicht fliegen können. Um Kosten und die Staubemissionen zu senken, ist nur ein Drittel der Gesamtfläche mit Einstreu bedeckt. Der Rest des Untergrunds besteht aus Holz- oder Plastikgittern, bei den Etagenvolieren sogar der ganze Boden. Oft verursachen solche Böden Verletzungen.
Auch in Bodenhaltung dürfen neun Hennen pro Quadratmeter gehalten werden und Gruppen bis 6000 Tiere groß sein. Es gibt zwar Sitzstangen und Nester, doch einen Quadratmeter Nestfläche müssen sich bis zu 120 Tiere teilen. Oft werden die Hennen deshalb unmittelbar nach dem Legen mit ausgestülpter Kloake bereits weggedrängt; das Bepicken dieses Organs wird begünstigt. Allgemein machen Reizarmut, extreme Dichte sowie die mit Ammoniak belastete, staubige Luft den Hennen zu schaffen.
3 – Kleingruppen oder „Geflügelmast“
Kleingruppenhaltung ist eine Form der Käfighaltung, doch wird sie nicht so bezeichnet, nachdem 2010 die Einzelkäfighaltung abgeschafft wurde. In den damaligen „Legebatterien“ vegetierten Hühner auf einer Fläche kleiner als ein DIN-A4-Blatt vor sich hin (Übergangsfristen erlaubten jahrelang Ausnahmen). An diese Stelle traten die bis heute genutzten „Kleingruppenkäfige“ mit 2,5 Quadratmetern Grundfläche und 40 bis 60 Tieren darin. Jedes Huhn hat somit 800 Quadratzentimeter Platz – ein DIN-A4-Blatt plus fünf EC-Karten!
Tierschützer kritisieren den Begriff „Kleingruppe“ denn auch als Etikettenschwindel. Die Haltungsform 3 betrifft noch etwa acht Prozent der Legehennen und soll bis 202, in so genannten Härtefällen bis spätestens 2028 auslaufen. Größter Abnehmer von Eiern aus Geflügelmast ist die Gastronomie.
Der Ländercode
Nach der Haltungsklasse folgen zwei Buchstaben die für den EU-Mitgliedstaat stehen, aus dem das Ei kommt. Zum Beispiel NL = Niederlande. Laut der Firmendatenbank „Wer-zu-wem.de“ stammt jedes zweite, hier konsumierte Ei nicht aus Deutschland. Dies erkennt man nicht an der Verpackung, sondern nur am Stempel.
Alles klar dank Code? Die Information über Haltungsform und Länderherkunft soll Transparenz für Verbraucher schaffen. Wer es jedoch ganz genau wissen will, scheitert oft bei Frage nach dem Betrieb: Die auf den Ländercode folgende Nummer kennzeichnet zwar den Betrieb, der Verbraucher kann sie aber in der Regel nicht zurückverfolgen. Lediglich ein Teil der Betriebe lässt sich über Seiten wie https://www.was-steht-auf-dem-ei.de zuordnen.
Der NABU Berlin empfiehlt:
- Wenn Sie die Gelegenheit haben, Eier von einem Biohof oder Hobbyhalter zu kaufen, wo Sie sich selbst vom Wohlergehen der Tiere überzeugen können, gehen Sie ganz sicher, dass Ihr Konsum nicht zu Tierquälerei beiträgt. Wichtig: Fragen Sie ebenfalls, welche Hühnerrasse bei dem Biohof Ihres Vertrauens eingesetzt wird. Viele Biohöfe kaufen weiterhin das Lohmann Brown-Ei, einer Züchtung, die unter Tierschutzaspekten äußerst umstritten ist.
- Greifen Sie im Laden bevorzugt zu Bio-Eiern von Initiativen wie „Bruderhahn“, die über die EU-Mindeststandards hinausgehen und zum Beispiel männliche Küken aufziehen.
- Bedenken Sie, dass ein Großteil der erzeugten Eier in der Lebensmittelindustrie landet. Bei verarbeiteten Lebensmitteln muss der Hersteller die Haltungsform jedoch nicht angeben. Allein das EU-Biosiegel garantiert, dass in Fertigprodukten keine Eier aus Käfig- oder Bodenhaltung stecken.
Sophie Brüning
Ei-Alternativen
Das beste Ei ist immer noch die Alternative dazu. Hier ein paar Anregungen, mit welchen Zutaten Sie das Ei in Ihren Gerichten ersetzen können:
- Reife Banane: eine halbe Banane ist ein Ei. Gut für z.B. Kuchen, Muffins oder Kekse
- Apfelmus:75 ml sind ein Ei. Gut für z.B. Süßspeisen oder Teige
- Essig und Natron: ein EL Essig und zwei TL Natron ersetzen ein Ei. Gut für z.B. Lockerung bei Teigen und Broten.
- Kichererbsenwasser (Aquafaba): 100 ml Kichererbsenwasser und 1/2 TL Weinsteinpulver ersetzen Eiklar und werden wie dieser aufgeschlagen. Gut für alles, wo Eischnee benötigt wird.
- u.v.m.
Quelle: https://www.smarticular.net/ei-ersatz-fuer-kochen-und-backen-selber-machen