Wildvogel gefunden - was tun?
Hier erfahren Sie die nächsten Schritte
Sie haben einen verletzten Wildvogel gefunden und wissen nicht, wie Sie sich verhalten sollen? Die Grafik gibt Ihnen eine erste Hilfestellung. Mehr →
atzen sind die beliebtesten Haustiere in Deutschland; ihre Zahl nimmt seit Jahren zu. Über 16 Millionen soll es bundesweit geben, allein in Berlin rechnet man mit knapp 200.000 Katzen. Exakte Zahlen liegen nicht vor, denn anders als Hunde müssen Katzen nicht angemeldet werden, und wie viele Streuner es gibt, lässt sich nur sehr grob abschätzen. In Berlin sollen demnach mehr als 10.000 verwilderte Hauskatzen umherstreifen.
Die Hauskatze stammt von der Falbkatze (Felis silvestris lybica) ab, einer in Nordafrika und Vorderasien heimischen Wildkatzenart. Sie gilt als Unterart der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris), von der sie sich hinsichtlich Körperbau und Verhalten in einigen Punkten unterscheidet.
Anders als oft angenommen ist die Wildkatze kein reiner Waldbewohner, sondern ein Tier der Saumbiotope. Sie bevorzugt Waldränder und unterholzreiches Offenland. In Deutschland kommt sie vor allem in den westlichen Mittelgebirgen vor, einzelne Tiere wurden jedoch auch in Brandenburg nachgewiesen.
Wegen ihrer heimlichen Lebensweise nutzt man zur Erforschung von Wildkatzen Lockstöcke – mit Baldrian präparierte, raue Holzpfähle. An diesen Stöcken bleiben Haare hängen, die sich genetisch untersuchen lassen. Solche Studien ergaben eine erstaunlich hohe Wildkatzen-Dichte auch in Gegenden, in denen man sie zuvor nicht vermutete.
Trotz der teils lückenhaften Kenntnisse scheint sich die Wildkatze auszubreiten – ein Erfolg des Naturschutzes. Vor allem Lebensraumkorridore und Biotopvernetzungen gelten als entscheidend für die Ausbreitung und Stabilisierung der Wildkatzen-Populationen.
So beliebt Katzen als Haustiere sind, machen sie Naturschützer*innen doch Sorgen. Schließlich sind sie äußerst geschickte Kleintier-Jäger, die Vogelbestände nachweislich dezimieren können.
Bekannt ist der Fall des Stephenschlüpfers (Traversia lyalli), eines kleinen, flugunfähigen Singvogels, der zuletzt nur noch auf Stephens Island vor der Küste Neuseelands vorkam. Eine einzelne Katze, die dem Leuchtturm-Wärter der Insel gehörte, rottete die Art 1895 aus.
Eine Studie des US-Wissenschaftsmagazins Nature kam 2013 zu dem Ergebnis, dass Hauskatzen allein in den USA jährlich zwischen 1,3 und vier Milliarden Vögel sowie bis zu 22,3 Milliarden Kleinsäuger töten – wesentlich mehr als bis dahin angenommen.
In Großbritannien überwachten Wissenschaftler zwischen April und August 1997 insgesamt 986 Katzen in 618 Haushalten und registrierten jedes einzelne Beutetier, das die Stubentiger nach Hause brachten. Insgesamt lag die Opferzahl bei 14.370 Wildtieren, jedes vierte davon war ein Vogel. Im Durchschnitt brachte jede Katze somit 3,5 Vögel nach Hause – Beutetiere, die draußen zurückblieben oder später ihren Verletzungen erlagen, sind dabei wohlgemerkt nicht erfasst.
Überträgt man dieses Ergebnis auf deutsche Verhältnisse, so dürften hierzulande mindestens 56 Millionen Vögel jährlich in den Fängen einer Katze enden; manche Schätzungen gehen sogar von bis zu 200 Millionen Opfern aus.
Zur Einordnung: In Deutschland leben insgesamt ungefähr 100 Millionen Brutvogelpaare, und am Ende der Brutzeit gibt es hier schätzungsweise 400 Millionen Vogelindividuen. Hauskatzen töten demnach einen erheblichen Teil des jährlichen Vogelnachwuchses.
Das Beutespektrum der Hauskatzen entspricht dem der Wildkatze und umfasst alle erlegbaren kleinen bis mittelgroßen Wirbeltiere, dazu in geringen Mengen Insekten. Wildkatzen erbeuten in der Regel zu über 90 Prozent Nagetiere.
Bei Hauskatzen dürfte die Zusammensetzung der Beute je nach Verfügbarkeit schwanken; einige Studien berichten von 20 oder sogar über 40 Prozent Vogelanteil, wobei die festgestellten Arten fast das gesamte Spektrum der kleinen und mittelgroßen Singvögel umfassten. Das Gros der erbeuteten Vögel gehört jedoch zu häufigen Arten wie Haussperling, Amsel, Star oder Blaumeise. Auch Zauneidechsen, Blindschleichen und verschiedene Froschlurche werden nachweislich von Hauskatzen erlegt.
Die Heimtiere werden meist gefüttert, dennoch können Freigänger den Vogelbestand in Gärten spürbar reduzieren und die Existenz lokaler Populationen seltener Arten gefährden. So durften Hauskatzen im baden-württembergischen Walldorf letztes Jahr von Anfang April bis August nicht ins Freie, da sie einen Bestand der seltenen Haubenlerche bedrohten. Trotz wütender Proteste von Katzenhalter*innen wird das zeitweise Ausgehverbot auch in den kommenden Jahren gelten.
Anders als etwa auf neuseeländischen Inseln dürften Hauskatzen bei uns aber eher selten ganze Vogelpopulationen auslöschen. Schließlich halten sich die Heimtiere zumeist im Siedlungsraum auf, wo die Bestände wild lebender Vögel bislang vergleichsweise stabil sind. Hingegen gehen die Vögel in der – von Katzen weniger frequentierten – Agrarlandschaft drastisch zurück.
Ein größeres Problem als gut genährte Stubentiger stellen verwilderte Hauskatzen dar. Diese von Geburt an das Leben in der Natur gewohnten Tiere sind effizientere Jäger, streifen Studien zufolge weit umher und besiedeln auch ökologisch sensiblere Gebiete als städtische Gärten und Hinterhöfe.
Nicht zuletzt sind die Streuner eine Gefahr für die einheimische Wildkatze, denn mit zunehmender Dichte verwilderter Hauskatzen steigt das Risiko der Hybridisierung. Zwar scheinen sich Wildkatzen in Deutschland bislang eher selten mit Hauskatzen zu paaren; eine Studie des Senckenberg-Instituts ergab jedenfalls, dass nur drei Prozent der untersuchten Wildkatzen Hauskatzen-Gene in sich trugen.
Hingegen zeigen Untersuchungen aus der Schweiz, dass dort jede fünfte Wildkatze hybrid ist, und in Schottland gelten die einheimischen Wildkatzen sogar als so gut wie ausgestorben, da ihr Genpool durch Vermischung mit domestizierten Tieren praktisch verschwunden ist.
Lösen lässt sich das Problem der verwilderten Hauskatzen allein durch konsequente Kastration, damit ihre Zahl nicht weiter steigt, sondern langfristig zurückgeht. Schließlich kann jede unkastrierte, freilaufende Katze zweimal im Jahr jeweils vier bis sechs Junge werfen, die ihrerseits im Alter von einem halben Jahr geschlechtsreif werden.
Als Vorreiter bei der Katzen-Kastrationspflicht gilt die Stadt Paderborn, wo seit 2008 alle Katzen, die frei umherlaufen, gekennzeichnet und kastriert sein müssen. Das „Paderborner Modell“ hat sich bewährt, es werden seltener herrenlose Katzen oder Kätzchen im Tierheim abgegeben. Auch Tierschützer*innen unterstützen diesen Ansatz.
Mittlerweile sind etliche Städte und Bundesländer dem Paderborner Beispiel gefolgt, darunter auch Berlin: Seit Juni 2021 dürfen nur noch kastrierte, mit einem implantierten Mikrochip markierte und offiziell registrierte Hauptstadt-Katzen ins Freie. Halter*innen, die sich nicht an die Auflagen der Katzenschutzverordnung halten, riskieren, dass ihr Haustier aufgegriffen und auf ihre Kosten kastriert wird.
Text: Ansgar Poloczek (erschienen in der "Natur in Berlin" (1/2023)
Sie haben einen verletzten Wildvogel gefunden und wissen nicht, wie Sie sich verhalten sollen? Die Grafik gibt Ihnen eine erste Hilfestellung. Mehr →