Nilgans im Flug - Foto: Jens Scharon
Die Nilgans in Berlin
Eine nicht ganz unkritische neue Brutvogelart
Seit April 2015 wurden zwei Altvögel im Bereich des NSG Falkenberger Rieselfelder im Norden des Bezirks Lichtenberg beobachtet. Später, am 12. September, waren es schon fünf Nilgänse, darunter vier Jungvögel, die die Vermutung einer Brut aufkommen ließen. Da das NSG großflächig eingezäunt ist, konnte aus der Entfernung nicht sicher festgestellt werden, ob die jungen Gänse bereits flugfähig sind. Dieser Nachweis wurde am 22. September nachgeholt. Am Rand eines Kleingewässers konnten die flugunfähigen Jungvögel fotografiert werden. Die Reste des Dunengefieders zeigen, dass es sich um nicht flugfähige und damit im NSG erbrütete Nilgänse handelt.
Der Name deutet darauf hin, dass die Art ihre Hauptverbreitung in Afrika hat, wo sie ein großes Areal auf dem Kontinent besiedelt. Seit dem 18. Jahrhundert kamen Nilgänse als Ziergeflügel nach Europa. Seit dieser Zeit ist eine freilebende Population in England bekannt. Seit den 1970er Jahren erfolgte von einem niederländischen Bestand aus die Ausbreitung nach Deutschland. Bisher waren Brutvorkommen in allen deutschen Bundesländern außer Berlin bekannt. Jetzt hat die Nilgans als Brutvogel mit über 8.000 Brutpaaren also ganz Deutschland erobert. Sie gehört damit zu einer der erfolgreichsten Neozoen (Arten, die sich seit 1492 - der Entdeckung Amerikas - ohne oder mit menschlicher Einflussnahme in einem Gebiet etabliert haben, in dem sie zuvor nicht heimisch waren.).
Die schnelle Verbreitung der Nilgans ist neben ihrer Anpassungsfähigkeit auf ihr aggressives Verhalten gegenüber anderen Tieren zurückzuführen. Die Art ist in der Brutzeit sehr territorial und vertreibt andere Entenvögel aus ihrem Revier. In dieser Eigenschaft liegt das Problem. Untersuchungen zeigten, dass von der Nilgans Konkurrenten mit einem Gewicht bis 3 kg erfolgreich vertrieben wurden. Auch Storchennester und Nistkästen für Turmfalken wurden erfolgreich okkupiert. Die Nilgans brütet nicht nur am Boden, in einem mit Dunen ausgepolsterten Nest, sondern auch in Baumhöhlen und auf größeren Nestern und Greifvogelhorsten in einer Höhe bis zu 20 m.
Es ist nicht abzusehen, wie sich der Bestand in Berlin entwickelt. Gerade in Jahren, in denen umfangreiche Wasserflächen im NSG Falkenberger Rieselfelder vorhanden sind und damit viele Wasservögel zur Brut schreiten wollen, können wenige aggressive Nilgänse zu umfangreichen Beeinträchtigungen der anderen Wasservögel führen und deren Bestände gefährden. Deshalb bedarf es einer Diskussion und naturschutzgerechten Entscheidung über die Zukunft der Nilgans in Berlin.
Artenschutzreferent des NABU Berlin