Mauersegler
Die Akrobaten der Lüfte in Berlin
Im Frühjahr gehören zu den letzten Vogelarten, die in Berlin eintreffen, und sie verlassen uns als erste. Ende April / Anfang Mai erreichen die Mauersegler aus ihrem afrikanischen Winterquartier kommend die hiesigen Brutplätze. Dann fallen die schnellen Flieger mit ihren langen, sichelförmigen Flügeln und ihren charakteristischen, im Flug ausgestoßenen schrillen Rufen auf, wenn sie pfeilschnell durch die Straßenschluchten jagen.
Gerade einmal drei Monate bleibt ihnen Zeit, um den Nachwuchs bis zur Flugreife zu bringen.
Kaum im Brutgebiet eingetroffen, suchen die Altvögel ihre vorjährigen Brutplätze, meist in Gebäudeöffnungen oder Dachdrempeln auf, um das, nur mit aus der Luft gesammelten Halmen und Federn spärlich zusammengeklebte Nest zu errichten. Meist werden zwei Eier gelegt, die bis zu 25 Tage bebrütet werden. Mitunter kann die Höhlenbesetzung allerdings auch zwei bis vier Wochen in Anspruch nehmen, insbesondere dann, wenn in der Zwischenzeit die bekannten Brutplätze etwa durch Sanierungsmaßnahmen verschlossen wurden oder unliebsamen Untermietern wie Haussperlingen überlassen bzw. erst zurückerobert werden müssen.
Die Nahrung für sich und den Nachwuchs wird ausschließlich in der Luft gefangen und die für die Jungen bestimmte in kleinen Ballen verfüttert. Die Entwicklung des Mauseglernachwuchses ist stark witterungsabhängig: Bei warmem Wetter mit kontinuierlichem Nahrungsangebot wachsen die Jungvögel in nur 38 Tagen heran. In Zeiten schlechter Witterung mit Kälte und Feuchtigkeit kann der Zeitraum vom Schlupf bis zum Ausfliegen bis zu 57 Tage dauern. In solchen pessimalen Zeiträumen können die Mauersegler in eine Kältestarre, den sog. Torpor, verfallen und ihren Stoffwechsel reduzieren. Ist dann wieder Nahrung verfügbar, wird der Stoffwechsel langsam wieder auf Normalmaß "hochgefahren".
Auch wenn aus den letzten Jahren Einzelnachweise vorliegen, wonach einige Mauersegler bereits nach einem Jahr erstmals brüten, fangen die meisten dennoch erst im zweiten Jahr damit an. Aber auch diese Nichtbrüter halten sich im späteren Brutgebiet auf und suggerieren einen höheren Brutbestand. Im Spätsommer kann man dann überall in der Stadt Gebäudespalten und -nischen anfliegende Mauersegler beobachten, die sich bereits einen Brutplatz fürs kommende Jahr suchen, denn dann muss ja alles wieder ganz schnell gehen.
Die Visitenkarte des Mauerseglers
Vogel des Jahres 2003
In den Sommermonaten gehört der Anblick der schnell dahin jagenden und schrill rufenden Mauersegler zum Berliner Alltag. Denn als Brutvögel sind sie erfreulicherweise in allen Stadtbezirken anzutreffen. Sie bauen ihre Nester ganz nah bei unseren Wohnungen in Mauernischen, Dachspalten, Jalousiekästen und ähnliche Hohlräume der Gebäude.
Trotz dieser engen Nachbarschaft zählt der Mauersegler immer noch zu den großen Unbekannten in der Stadtvogelwelt. Vieles aus dem Mauerseglerleben liegt weiterhin im Dunkeln und selbst Wissenschaftler vertreten z. B. über seinen nächtlichen Schlafplatz übernachtet er nun nur manchmal oder tatsächlich immer im Luftraum? unterschiedliche Auffassungen. Über Schwalben, Meisen, Amseln, Grünlinge und andere in Berlin verbreitete Brutvogelarten gibt es viel genauere Informationen. Das fängt schon bei der Brutverbreitung an.
Wohin mit hilflosen Mauerseglern?
Immer wieder werden hilflose Mauersegler im Berliner Stadtgebiet gefunden. Meist handelt es sich dabei um Jungvögel, die zu früh das Nest verlassen haben. Das passiert vor allem während sommerlicher Hitzeperioden, wenn hohe Temperaturen im Nistbereich auftreten. Aber auch Altvögel können geschwächt oder verletzt in Menschenhände geraten.
"Aufgefundene Mauersegler sind in den meisten Fällen in akuter Notlage. Sie brauchen rasche Hilfe", erklärt André Hallau, der Leiter der Wildvogelstation des NABU Berlin.
"Deshalb bitte das Tier an Ort und Stelle in einen kleinen Karton mit einigen Luftlöchern setzen, ihn vor praller Sonne schützen und so rasch wie möglich bei der NABU-Wildvogelstation anrufen: Tel. 030-54 71 28 92.
Rasche Hilfe tut not, damit die Tiere nicht zu lange ohne Nahrung bleiben. Wichtig für die NABU-Experten sind außerdem die Angaben über Fundort und -datum. Dadurch können oft einzelne Gefahrenquellen an bestimmten Nistplätzen ermittelt und beseitigt werden.
Mauersegler sind Nahrungsspezialisten
Ihre erfolgreiche Pflege erfordert viel Erfahrung und fachliche Kenntnisse, außerdem spezielle Futtermittel.
"Guter Wille allein hat schon vielen Mauerseglern das Leben gekostet", sagt André Hallau. "Die Schwierigkeiten beginnen schon damit, dass Laien meist nicht Jungvögel von Alttieren unterscheiden können. Doch davon sind die weiteren Pflegemaßnahmen abhängig."
Ganz falsch ist es, aufgegriffene Mauersegler mit Gewalt zu füttern oder ihnen Wasser einzuflößen. Beides kann leicht zu irreparablen Schäden führen
(z. B. Unterkieferbrüche durch gewaltsames Schnabelöffnen), die den Tod für diesen hochspezialisierten und zierlich gebauten Insektenjäger bedeuten.
Von Ende Juni bis Mitte August werden erfahrungsgemäß die meisten Mauersegler-Pfleglinge bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Berliner Wildvogelstation gemeldet.
Dadurch kann es in dieser Zeit bei Anrufen zu besetzten Telefonleitungen kommen. Deshalb bitte im Interesse der betroffenen Vögel: nicht aufgeben, sondern entweder eine Nachricht auf dem AB hinterlassen oder den Anruf wiederholen!