Spechte
Nützliche Trommler mit Köpfchen
Durch den Bau ihrer Höhlen erbringen Spechte eine wichtige Ökosystemleistung, da in der Zeit der Brutvorbereitungen Spechte in wochenlanger Arbeit oft mehr Höhlen anlegen als sie selbst wirklich brauchen. Auf diese Weise schaffen sie dann auch Brutstätten für andere Vögel wie Meisen, Kleiber aber kleinere Säugetiere, wie den Siebenschläfer.
Eine Wendezehe an den Füssen und ein Stützschwanz mit verstärkten Federkielen ermöglichen ihnen, sich auch an senkrechten Stämmen festzuhalten und sich rasch und geschickt fortzubewegen. Der starke Schnabel ist vielseitig einsetzbar. Klopfend und hackend suchen die Spechte nach unter der Rinde versteckter Nahrung, mit rhythmischem Trommeln demonstrieren sie ihren Revieranspruch und mit gezieltem Hacken zimmern sie ihre Bruthöhlen ins Holz. Verschiedene Besonderheiten im Bauplan des Spechtkopfes verhindern, dass das Gehirn durch diese harten Schläge geschädigt wird. Bemerkenswert ist auch die Arbeitsweise des Zungenapparates: Spechte können ihre Zunge weit aus dem Schnabel hervor in Ritzen und Löcher strecken. Mit der klebrigen und mit Borsten besetzten Zungenspitze klauben sie im Holz verborgene Insektenlarven heraus. Dank dieser speziellen Anpassung haben sie sich eine Nahrungsquelle erschlossen, die anderen Vögeln nicht zugänglich ist.
Buntspecht (Dendrocopos major)
Der Buntspecht ist die häufigste und am weitesten verbreitete Spechtart in Mitteleuropa, Deutschland und Berlin. Der Brutbestand in Berlin liegt bei ca. 3000 Paaren und ist weitesgehend stabil.
Mit seiner schwarz-weißen Zeichnung und den leuchtenden Rottönen auf der Schwanzunterseite ist er eine auffällige Erscheinung im Geäst. Die Männchen haben zusätzlich einen roten Hinterkopffleck. Der Buntspecht ist etwa so groß wie eine Amsel.
Schon im Winter ist das laute Trommeln zu hören, mit dem Buntspechte ihre Reviere markieren. Die Jungvögel machen sich im Mai und Juni mit ihren lauten Bettelrufen bemerkbar. Buntspechte «schmieden»: Sie klemmen Nüsse und Zapfen in eine Spalte am Baum und bearbeiten sie dort mit dem Schnabel. Unter solchen Spechtschmieden können sich im Laufe der Zeit ganze Berge von leeren Zapfen ansammeln. In Berlin ist er in den meisten Grünanlagen und natürlich auch in den Wäldern zu finden.
Mittelspecht (Dendrocopos medius)
Mit ca. 400 Brutpaaren ist der Mittelspecht die zweithäufigste Art in Berlin und seine Population steigt in den letzten Jahrzehnten stark.
Sein Aussehen ähnelt dem Buntspecht, jedoch ist die Rotfärbung am Bauch deutlich schwächer ausgeprägt und beide Geschlechter zeigen einen großen roten Scheitel mit bisweilen leicht struppig wirkenden Federn. Er ist nur geringfügig kleiner als der Buntspecht.
Der Mittelspecht gilt als Indikator für einen guten ökologischen Erhaltungszustand mitteleuropäischer Laubwälder und damit als Zeigerart für naturnahe Wälder mit hoher Strukturvielfalt und großen Anteilen an rauborkigen, alten, z.T. abgestorbenen Laubbäumen. Eine besondere Bindung zeigt dieser Specht an eichenreiche Mischwälder und ist in Berlin z.B. im Plänterwald gut zu beobachten.
Kleinspecht (Dryobates minor)
Der Kleinspecht ist mit knapp 100 Brutpaaren in Berlin vertreten, wobei die Bestandszahlen aber leider rückläufig sind.
Er ist deutlich kleiner als seine Verwandten und ähnelt vom Gefieder Bunt- und Mittelspecht, besitzt jedoch keine Rotfärbung am Bauch und sein schwarzweißes Streifenmuster bedeckt fast den ganzen Rücken. Die Männchen zeigen eine kleine rote Zeichnung auf dem Scheitel, die Weibchen sind rein schwarzweiß gefärbt. Diese Spechtart ist, getreu ihres Namens, nur spatzengroß.
Während der Balzzeit hört man vom Kleinspecht seine kecke Rufreihe, ansonsten ist er meist unauffällig. Man findet ihn in lichten Wäldern mit einem großen Anteil an grobborkigen alten Bäumen und Totholz, sowie in Obstgärten und in der halboffenen Kulturlandschaft. Er hat einen deutlich feineren Schnabel als die größeren Spechte und bevorzugt Weichhölzer wie Weiden oder Pappeln für die Nahrungssuche und die Anlage der Bruthöhlen. Beobachtungsmöglichkeiten ergeben sich beispielsweise an den Karower Teichen.
Grünspecht (Picus viridis)
Beim Grünspecht geht man von einer Berliner Population von ungefähr 200 Brutpaaren aus. Seine Grundfärbung ist ein schmutziges gelbgrün, mit einem langen roten Scheitel und schwarz umrandeten Augen. Die Männchen haben zusätzlich einen roten Fleck auf der Wange. Mit einer Größe von bis zu 36 Zentimetern ist er etwa so groß wie eine Taube.
Grünspechte zählen zu den Erdspechten, weil sie sich auf der Suche nach Ameisen, ihrer bevorzugten Nahrung, häufig am Boden aufhalten. Sie trommeln nur selten, lassen aber im Frühjahr häufig ihre Rufreihen ertönen, die an ein lautes Lachen erinnern. Diese Art brütet in unterschiedlichen Biotopen und nutzt vor allem reich strukturierte halboffene Kulturlandschaften. Grünspechte halten sich bevorzugt im Waldrandbereich auf und meiden dichte Nadelwälder. Er ist ein gelegentlicher Brutvogel reich strukturierter Grünanlagen mit alten Bäumen und weiten Wiesenflächen, oft auch in der Innenstadt, beispielsweise auf Friedhofsflächen oder ruhigeren begrünten Innenhöfen.
Schwarzspecht (Dryocopus martius)
Weniger häufig anzutreffen ist der Schwarzspecht mit 60 bis 90 Brutpaaren in Berlin. Dafür ist er aber deutlich zu erkennen an seinem reinschwarzen Kleid. Die Männchen zeigen einen roten Scheitel, während die Weibchen nur einen kleinen roten Fleck am Hinterkopf aufweisen.
Am liebsten zimmert er seine etwa 40cm tiefen Höhlen in Buchen. Vor allem die Tatsache, dass der Schwarzspecht bereits vor der eigentlichen Zerfallsphase, die in unseren Wirtschaftsforsten nicht mehr erreicht wird, große Höhlen schafft, macht die Art zur “Schlüsselfigur” in den Ökosystemen, da die Höhlen von einer Vielzahl an Waldbewohnern weiterbenutzt werden.
Der Schwarzspecht ist der größte einheimische Specht, er ist fast krähengroß. In der Regel dringt er aber nicht in den menschlichen Siedlungsbereich vor, sondern bleibt vor allem ein Waldbewohner und ist in Berlin auch in den großen Waldgebieten am Stadtrand zu finden.
Wendehals (Jynx torquilla)
Der Wendehals ist in Berlin nur äußerst selten anzutreffen. In Berlin gibt es um die 30 Brutpaare. Seine Population nahm in der Vergangenheit deutlich ab, ist aber in letzter Zeit stabil. Äußerlich erinnert er nur wenig an die anderen Familienmitglieder, denn er besitzt ein rindenfarbiges Gefieder, mit dem er sehr gut getarnt ist. Der erwachsene Wendehals ist kaum größer als ein Kleinspecht.
Seinen Namen verdankt er seiner Fähigkeit, den Kopf um annähernd 180° drehen zu können, vermutlich eine Schlangenmimikry, die ihn vor Beutegreifern schützt. Unter den bei uns heimischen Spechten ist der Wendehals der einzige Zugvogel. Der Herbstzug beginnt im August. Ab Mitte März kehrt er dann wieder in die Brutgebiete zurück. Der Wendehals ist wie die anderen Spechte auch ein Höhlenbrüter, wobei er aber keine eigenen Höhlen zimmert, sondern bereits vorhanden Baumhöhlen und Nistkästen nutzt. Er ernährt sich fast ausschließlich von Ameisen und deren Larven, die er in und an deren Bauten erbeutet. Im Brutgebiet ein typischer Bewohner von Streuobstwiesen, aber auch von lichten Wäldern und Parks. Er ist ein eher scheuer und oftmals gut getarnter Vogel, der nur schwer zu beobachten ist. Auch meidet er in der Regel allzu große Nähe zu Menschen. Gute Chancen hat man in strukturreichen Offenlandschaften am Stadtrand, wie z.B. in Hobrechtsfelde.
Spechthauptstadt Berlin?
In Berlin kann es auch vorkommen, dass die Spechte ihre Behausungen in Hausfassaden bauen möchten, da bei Klopfversuchen der hohle Klang gedämmter Wände dem Klang des gewohnten Totholzes sehr ähnelt. Betroffene Gebäude stehen meist in der Nähe größerer, älterer Bäume. Da in der Stadt, in Parks, im Straßengrün und in Alleen kranke und beschädigte Bäume und Äste, also für Spechte geeignete Altbäume fast immer aus Gründen der Verkehrssicherheit entfernt werden, nutzen diese alternativ die vom Menschen angebotenen Hausfassaden. Wie auch im Wald werden die geschaffenen Höhlen, von verschiedenen Nachmietern dankbar angenommen. Zu den Nutznießern gehören Vogelarten wie Kohl- und Blaumeisen, Stare, Feld- und Haussperlinge, Mauersegler, Dohlen, Säuger wie Eichhörnchen und verschiedene Fledermausarten, Spinnentiere oder Insekten wie Wespen und Hornissen. Zum Schutz vor dieser Umfunktionierung dient eine Begrünung der Hauswände, z.B. mit eifrigen Kletterpflanzen.
Zur Revierabgrenzung und zur Balz nutzen Spechte ihre „Trommelwirbel“, analog zum Gesang der Singvögel. Hohle Stämme und Äste, in Siedlungen auch Blechverkleidungen, metallene Leitungsmasten oder sogar Straßenlaternen dienen als geeignete Resonanzkörper. Getrommelt wird meist im Frühjahr, nach einiger Zeit hört das morgendliche „Wecken“ aber von alleine auf.
Während er in Berlin nicht anzutreffen ist, ist vor allem der Grauspecht (Picus canus) eine Art die im Rest von Deutschland, neben den bereits genannten Arten, auch häufig vorkommt. Sein Brutbestand liegt bei ca. 13.000 Paaren, die sich vorwiegend in Süddeutschland aufhalten. Er sieht dem Grünspecht sehr ähnlich und zeigt auch ein vergleichbares Verhalten als “Erdspecht”. In Süddeutschland findet man außerdem noch den Weißrückenspecht und den Dreizehenspecht, welche auf Bergwälder spezialisiert sind. Ersterer ähnelt in Größe und Färbung sehr dem Buntspecht, während Letzterer eine durchgehend schwarz-weiße Färbung hat. Wie es der Name vermuten lässt, besitzt der Dreizehenspecht zudem nur drei Zehen, anstatt der üblichen vier Zehen bei Spechten.