Berliner Biotopverbund nur Papiertiger?
NABU Berlin fordert: Artenschutz konsequent umsetzen!
Berliner Biotopverbund nur Papiertiger?
NABU Berlin fordert: Artenschutz konsequent umsetzen!
Zum wiederholten Mal müssen sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und das Bezirksamt Treptow-Köpenick fragen lassen, ob sie mit der Erarbeitung eines Biotopverbundkonzeptes meinen, ihrer europäischen Verpflichtung in ausreichendem Maße nachgekommen zu sein. Am Beispiel des Antrags auf Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) für den Bereich des ehemaligen Betriebsbahnhofs Schöneweide zeigt sich wieder einmal, dass zwischen der Erarbeitung der planerischen Grundlagen und der Realität des Berliner Biotopverbundes Widersprüche herrschen.
Berliner Biotopverbund verliert täglich Fläche
Deutschland hat sich bereits frühzeitig für die Schaffung eines Biotopverbundes und den Erhalt der Artenvielfalt bereit erklärt, wobei die Umsetzung jeweils Sache der Länder ist. Berlin hatte sich in seinem Fachforum zum Thema „Strategie des Landes Berlin zum Erhalt der biologischen Vielfalt“ und mit einer Pressekonferenz zum Thema „Biotopverbund“ für diese Aufgaben stark gemacht. Bisher sind mehr als Worte nicht übrig geblieben, wenn man sich ansieht, wie vom „Grünen Band“, dem ehemaligen Grenzstreifen in Berlin, immer weniger freie Fläche übrig ist, wie innerstädtische Brachen mit günstigen Biotopstrukturen und großer Artenvielfalt den Fantasien von Verkehrsplanern zum Opfer fallen oder wirtschaftliche Interessen selbst in streng geschützten Bereichen wie in Schöneweide Vorrang haben.
Biotop aus Menschenhand
Ein möglicher Berliner Biotopverbund beinhaltet zu einem großen Teil Flächen, deren hoher Naturschutzwert auf menschliches Handeln zurück zu führen ist. Sobald sich der Mensch aus der Fläche zurückgezogen hat, hat sich die Natur diese Bereiche zurückerobert.
Der Betriebsbahnhof Schöneweide ist ein Paradebeispiel für eine solche Entwicklung:
So haben erste Begehungen und Kartierungen gezeigt, dass die Fläche Heimat von Zauneidechse, Brachpieper, Steinschmätzer und Heidelerche ist, die alle unter einem besonderen Schutzstatus liegen. Alle genannten Arten nutzen das Gebiet als Rückzugs-, Reproduktions- und Ruhestätte sowie als Wandergebiet in einem Biotopverbund. Darüber hinaus ist der Standort durch eine herausragende Florenvielfalt geprägt: Gras- und Karthäusernelke gehören genauso zu diesen besonders streng geschützten Arten wie die Sandstrohblume. Doch dieser wesentliche Trittstein ist nun bedroht.
Kompensation nicht möglich
Betrachtet man diese Artenliste, wird schnell deutlich, dass mit Baumaßnahmen oder jeglicher anderer Form der Umwandlung eine wertvolle Lebensraumstruktur unwiederbringlich verloren gehen würde. Es gibt keine Fläche in der Umgebung, die in Größe, Zusammenhang und Struktur denen am ehemaligen Betriebsbahnhof Schöneweide auch nur annähernd nahe kommen könnte. Eine Kompensation auf kleineren Flächen hat nicht die gleiche Wirkung auf Artzusammensetzung oder die Gesamtsituation für die miteinander vergesellschafteten Arten, wie die große, zusammenhängende Fläche. Würde man nur einen kleinen Teil der Fläche entlang der S-Bahn-Strecke für die Natur erhalten, wie es die Senatsverwaltung plant, käme es zur Zusammendrängung von Arten auf zu kleine Areale. Der Konkurrenzdruck würde enorm steigen, viele Arten verschwänden und streng geschützte Biotope wären vernichtet. Der zunehmende Verinselungseffekt wirkt sich ebenfalls negativ auf Wanderrouten, Arterhaltung und –vielfalt aus. Dabei soll doch der Biotopverbund darauf abzielen, ein möglichst engmaschiges Verbundsystem von Naturlebensräumen zu schaffen und nicht nur von Wanderkorridoren. Für einen solchen Naturlebensraum bietet sich das Gelände des ehemaligen Betriebsbahnhofs geradezu an.
Allein das Ansinnen, den Flächennutzungsplan dahingehend zu ändern, dass sich auf den Flächen etwas anderes als schützenswerte Natur entwickeln kann, stößt daher beim NABU Berlin auf absolutes Unverständnis. Besonders bitter ist dabei die Tatsache, dass im Abstand von wenigen Tagen an der Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bzw. dem Berliner Biotopverbund und fast zeitgleich an seiner Vernichtung bzw. Abschaffung gearbeitet wird. Und dies, obwohl selbst im aktuellen Bericht zur Lage der Natur Deutschlands festgestellt wird, dass die vorhandenen Naturschutzgesetze, –mittel und –maßnahmen nicht ausreichend genutzt bzw. umgesetzt werden.
21. Mai 2010