Wechselwarm und Falkenbalz
Ausflug zum Ökowerk im Grunewald
Am Schornstein ist ein Nistkasten angebracht, ziemlich groß, man konnte ihn gut von unten sehen und es waren auch mindestens zwei Vögel ständig in der Nähe. Es sind Turmfalken, die dort regelmäßig brüten! Im Augenblick sind die Vögel noch mit der Balz beschäftigt. Turmfalken sind Felsbrüter und bauen keine Nester. Sie nehmen nur in felsarmen Regionen die verlassenen Nester von Krähen oder anderen großen Vögeln in Beschlag. In den Städten nehmen sie Gebäudenischen oder Mauerlöcher, aber in der Regel möglichst weit oben. Berlin ist übrigens die Hauptstadt der Turmfalken. Und die Hauptstadt der Habichte. Und der Nachtigallen.
Dieses Jahr hatten wir nicht so viel Glück mit dem Wetter, zwar nicht sehr kalt und kein Regen, aber es kam auch keine Sonne heraus, so dass wir auf den Anblick der dort lebenden Erdkröten und Zauneidechsen verzichten mussten.
Die sind nämlich wechselwarm, im Gegensatz zu gleichwarmen Tieren wie uns. Wir halten immer ungefähr die gleiche Temperatur innen im Körper, dafür brauchen wir aber auch ständig Energie. Die wechselwarmen Tiere nehmen die Temperatur der Außenwelt an und können sich deshalb bei Kälte kaum bewegen. Sie wärmen sich in der Sonne auf – nehmen also Energie auf – und erreichen dadurch ihre Betriebstemperatur. Wenn Ihr einen Garten habt, baut einfach einen Steinhaufen auf eine Südseite, vielleicht siedeln sich da Eidechsen an (und einige andere interessante Tiere!).
Gleich hinter dem Eingang ist eine Streuobstwiese angelegt, so wie sie früher überall existierten, und es gibt Beete mit Trockenrasen sowie Steinmauern. Auch Insekten flogen wenige. Dafür war viel los in der Vogelwelt, wir sahen:
- Gimpel (oder Dompfaff)
- Kohlmeisen
- Ringeltauben
- eine der ersten Bachstelzen des Jahres
- Graureiher
- Stockenten
Zu den Tauben: Der eigentliche Gesang ist – wie gesagt – fünfsilbig. Aber es gibt bei allen Vögeln noch andere Lautäußerungen und der Balzruf des Täuberichs hat nur zwei Töne, klingt aber insgesamt ganz anders. Die Ringeltaube hat dazu noch eine weitere Lautäußerung, nämlich das Flügelklatschen. Auch die Spechte geben weitere Laute von sich, das berühmte Trommeln.
Was wir auf jeden Fall sehen konnten, waren verschiedene frühblühende Blumen.
- Primeln oder Schlüsselblumen (sie ähneln einem Schlüsselbund)
- Lerchensporn
- Lungenkraut
- Schneeglöckchen
Und vor allem ein interessantes Gewächs: Den Huflattich. Das Besondere an dieser Pflanze ist, dass sie zuerst die Blüten entwickelt und nach dem Verblühen dann die Blätter. Bei den meisten anderen Pflanzen ist das umgekehrt. Die Blätter sind für die Fotosynthese da, das heißt, darüber wird die Energie für das Wachstum bezogen. Die bezieht der Huflattich aber aus dem Wurzelsystem. Huflattich hat den lateinischen Namen Tussilago farfara, das weist auf die Verwendung als Hustenmittel hin. Da sich noch diverse andere Wirkstoffe darin befinden, ist von einer Selbstmedikation dringend abzuraten.
Dann wächst dort das Adonisröschen. Es wächst auf trockenen und kalkhaltigen Böden, weshalb es bei uns gefährdet ist, wie alle Geschöpfe des Trockenrasens. Diese Landschaftsart ist nicht für den Anbau von Nahrungspflanzen zu gebrauchen, deshalb wurden dort oft Häuser errichtet oder der Sand als Rohstoff abgebaut. Oder es wurde gedüngt, damit der Boden für Äcker genutzt werden konnten. Die natürliche Sukzession hat auch zum Verschwinden beigetragen. Heute versucht man diese Standorte zu erhalten, durch Beweidung. Nach der griechischen Mythologie sollen Adonisröschen aus Tränen der Aphrodite entstanden sein, die sie über den Tod des Adonis vergossen hat.
Die Kinder rannten dann mehrfach über den Barfußpfad und wir gingen am Lehmofen und den Beeten mit Giftpflanzen vorbei zu den Teichen, wo wir einiges lebendiges sehen konnten:
- Köcherfliegenlarven
- Wasserläufer
- Schnecken, die kopfüber an der Wasseroberfläche entlangwandern
Bei der großen Insektenwand haben sich Ameisen etabliert.
Eine super interessante Sache konnten wir gleich am Anfang sehen, die Wegbegrenzung am Eingang ist nämlich aus Kalkstein gebaut, in dem sich die Abdrücke von früher lebenden Schalentieren befanden:
Ganz Norddeutschland war in ganz lange zurückliegenden Zeiten von Meer bedeckt. Wenn die darin lebenden Tiere sterben und auf den Boden sinken, verwesen die weichen Teile, aber die harte Schale von Schnecken, Muscheln und Ammoniten bleibt erhalten und versteinert. Der Kalkstein selber, also alles, was wir dort gesehen haben, besteht überwiegend aus den Überresten von Meerestieren, also deren Skeletten und Schalen. Durch die Bewegung der Erdkruste wurde der Meeresboden dann emporgehoben und zu Gebirgen. Das hat ganz schön lange gedauert.
Wir waren alle froh ins Warme zu kommen!