Mehlschwalbennest in einer Balkonnische.
Naturschutz ja – aber bitte nicht bei mir
Nun sind die Mehlschwalben auf dem Weg nach Süden
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Der Nachwuchs ist da.
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Pfützen liefern Baumaterial für die Nester.
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Die saubere Variante - Plastikkitsch.
Noch bis vor Kurzem konnte man die letzten Mehlschwalben vor allem über Gewässern, großen Freiflächen und anderen Jagdgebieten beobachten, wo sie Nahrung und somit Energie für den langen Zug in das afrikanische Winterquartier aufnehmen können. Erst Anfang September sind die letzten Jungvögel aus den Nestern ausgeflogen.
Gern errichten Mehlschwalben ihre aus bindigem Erdmaterial gebauten Nester unter überdachten Bereichen an Gebäuden wie Balkonen, Simsen oder Fensterecken. Da kommt es schon mal vor, dass etwas Erde auf dem Fensterbrett oder dem Balkonfußboden landet. Diese Verschmutzungen, die nach dem Schlupf der Jungvögel noch zunehmen, sind häufig der Grund, dass man die Ansiedlung der Mehlschwalbe am eigenen Haus, Balkon oder Fensterrahmen eher verhindert als duldet.
Der Brutbestand geht zurück
In den letzten 20 Jahren hat der Brutbestand der Mehlschwalbe nach den Ergebnissen des bundesweiten Monitorings um 20 bis 50 Prozent abgenommen. Um aktuelle Ergebnisse über den Brutbestand der Art in Berlin zu erhalten, haben die Mitglieder der Berliner ornithologischen Arbeitsgemeinschaft (BOA) in diesem Jahr eine Erfassung in Berlin durchgeführt. Noch liegen die Ergebnisse für Gesamtberlin nicht vor, aber der Trend dürfte klar sein.
In einer Untersuchungsfläche am nordöstlichen Rand von Berlin, im Bezirk Lichtenberg, wurden 80 besetzte Nester und 95 Abwehrmaßnahmen gezählt. Ohne diese Vergrämungen wäre der Brutbestand allein in dieser Fläche doppelt so hoch. Um sich dieser Tiere zu entledigen und die Natur zukünftig lieber im 3D-Fernseher erleben zu können, lässt man sich eine Menge einfallen. Bänder, CDs oder Wimpel, die in Fenster- und Balkonecken angebracht werden, Draht, der gespannt wird, oder angeklebte Alufolie, die das Anbringen des Nestes verhindern soll, kommen zum Einsatz.
Mancher Balkonbesitzer versucht, die Ansiedlung durch die Montage von Plastikkrähen oder sogar durch einen ganz vernetzten Balkon zu verhindern. Dass die Schwalben nicht so schnell aufgeben, zeigt die Nutzung eines Besens zur Nestanlage, der eigentlich die Ansiedlung in der Balkonecke verhindern sollte. Vielleicht gefällt es ja den Jungschwalben, wenn sie auf den im Wind wiegenden Borsten in den Schlaf geschaukelt werden.
Gerade in diesem Jahr gab es durch die reichhaltigen Niederschläge im Berliner Stadtgebiet viele Pfützen, die den Schwalben das ansonsten seltene Nistmaterial lieferten. Durch die Duldung von Pfützen auf unversiegelten Flächen wird ein wichtiger und sogar wertvollerer Beitrag zum Erhalt der Art geleistet als durch das Anbringen von künstlichen Nisthilfen. Diese werden oft von Nachmietern einer Wohnung entfernt, wie die Beobachtungen zeigten.
Da ist es viel einfacher und vor allem sauberer, wenn man sich das Schwalbennest aus Plaste auf den Balkon holt. Die PVC-Schwalben machen keinen Schmutz, geben keinen Laut von sich – dafür aber kann man die Frühlingsboten das ganze Jahr über sehen.
16. September 2010