Mensch und Stadtnatur
Tierische Begegnungen in der Stadt

Tiere und Pflanzen in der Nachbarschaft sowie die Möglichkeit des Naturerlebens, oftmals auch unbewusst, sind ein Grundbedürfnis des Menschen. Zu den Wurzeln des menschlichen Wohlbefindens gehören die Freude an der landschaftlichen und biologischen Vielfalt und die damit verbundene Entspannung. In unserem unmittelbaren Wohnumfeld verbringen wir einen Großteil unserer Freizeit. Gerade für Kinder und Jugendliche ist die Möglichkeit des frühzeitigen Naturerlebens eine Voraussetzung für von Emotionen und Naturverbundenheit. In den ersten Lebensmonaten entsteht ein Abbild unserer Umwelt, in der sich der neue Erdenbürger zurechtfinden muss. Es entstehen Vertrautheit und Verständnis - wichtige Vorausetzungen für das Lernen und die Orientierung in der Umwelt. Die natürlichen Rhythmen und das Lebendige in der Natur sind wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung von Selbstbewusstsein, Kreativität und Phantasie, von sozialer Kontakt- und Konfliktfähigkeit.
Gerade in großen Städten und Ballungsräumen mit ihrer häufig grauen Tristess ist es neben den grünen Oasen der Kontakt mit Tieren, der den Bewohnern kleine Abwechslungen vom Alltagstreiben bringt.
Bekannte Verhaltensforscher, wie Konrad Lorenz und Eibl-Eibesfeldt, sind durch ihre Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass auch der Mensch an einen naturnahen, artenreichen, bunten und reich strukturierten Lebensraum mit Pflanzen angepasst ist. Diese ausgeprägte Pflanzensehnsucht ist genetisch fixiert - die Gartencenter leben dadurch nicht schlecht! Auch die Sehnsucht nach einem "Urbiotop" ist genetisch fixiert. Wird unser Wohlbefinden durch das Fehlen von Natur in unseren Siedlungsgebieten in Mitleidenschaft gezogen, sind Depressionen und neurotische Reaktionen häufig die Folge. Diese Erkenntnisse stellen eine große Herausforderung und Verantwortung an Stadt- und Landschaftsplaner dar.
All diese Erkenntnisse sprechen dafür, auch in Zukunft eine Öffnung für Spatz und Mauersegler oder einen Spalt für Fledermäuse an den Gebäuden zu belassen. Geht es doch nicht nur um den Schutz der Arten um ihrer selbst willen, sondern vor allem um ein Stück Lebensqualität für uns alle.
Erst wenn keine Spatzen mehr von den Dächern pfeifen oder keine Mauersegler mit ihren charakteristischen Rufen durch die Straßenschluchten jagen, werden wir merken, dass unsere Siedlungen ein Stück ärmer geworden sind.
Ein Blick in die Roten Listen der einzelnen Bundesländer zeigt, dass viele ehemals häufige Vogel- und Fledermausarten inzwischen zu den stark gefährdeten bzw. gefährdeten Arten zählen. Und selbst solche "Allerweltsvögel" wie Mauersegler und Haussperling mussten inzwischen in die Vorwarnliste der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen werden. Sollte die Bestandsentwicklung dieser Arten so weiter verlaufen wie in den letzten 25 Jahren, dann gehören sie in absehbarer Zeit zu den in Deutschland gefährdeten.