Stürmische Zeiten
Erneuerbare Energien um jeden Preis?
Stürmische Zeiten
Erneuerbare Energien um jeden Preis?
Im Berliner Norden dreht sich bereits ein Windkraftrad und bald soll ein zweites hinzukommen. Doch wieder steht das Symbol für erneuerbare Energien so ungünstig, dass sich der zuständige Bezirk Pankow gegen den Bau ausgesprochen hat. Auch Oberste Naturschutzbehörde und der NABU Berlin sehen die neue Anlage kritisch, da wieder Aspekte außer Acht gelassen wurden.
186 Meter soll das Rad hinauf in den Himmel ragen, um eine möglichst effiziente Ausnutzung der Winde zu gewährleisten. Dass diese Windenergieanlage aber direkt neben der Parklandschaft Neue Wiesen entstehen soll, scheint den Betreiber nur bedingt zu kümmern. Es ist für den NABU Berlin unbegreiflich, wie eine solche Anlage in unmittelbarer Nähe einer Fläche geplant werden kann, die der menschlichen Erholung dient. Windgeräusch und Schattenwurf eines so großdimensionierten Windrads sind nicht unerheblich. Darüber hinaus wird das Landschaftsbild stark beeinträchtigt, obwohl an anderer Stelle immer wieder Werbung mit der tollen Aussicht gemacht wird, die bei gutem Wetter von hier aus bis zum Alex reicht.
Alle Aspekte berücksichtigt?
Auch die naturschutzfachlichen Gegenargumente wiegen schwer. In rund 300 Meter Entfernung gibt es ein Brutrevier von einem Habicht. Anders als beim Rotmilan wurde jedoch für diesen Greifvogel bislang kein Mindestabstand zwischen Horst und Windrad definiert. „Ob für den Habicht nun Abstandskriterien existieren oder nicht, ist eigentlich unerheblich, denn es gilt das Bundesnaturschutzgesetz“, erläutert Rainer Altenkamp, stellvertretender Vorsitzender des NABU Berlin. „Da das Windrad weniger als 300 Meter vom Brutplatz entfernt ist, sind Beeinträchtigungen für diese streng geschützte Art zu befürchten.“
Auch scheint der Betreiber nicht bedacht zu haben, dass es sich bei dem geplanten Baugebiet um Nahrungsflächen der Weißstörche handelt. Der NABU Berlin fordert, dass während der Erntezeit, wenn die Störche auf der Fläche auf Nahrungssuche gehen, während dieses Zeitraums von drei bis fünf Tagen die Windkraftanlage abgeschaltet bleibt.
Energiewende als komplexes Thema
Häufig werden die Naturschützer in eine Diskussion für bzw. wider die alternativen Energien gezwungen, die in dieser Form und Vehemenz gar nicht notwendig wären, denn natürlich unterstützt der Naturschutz die Energiewende. Allerdings plädiert der NABU Berlin für mehr Augenmaß. „Es ist nun mal so, dass gerade in der Natur bzw. bei der Nutzung natürlicher Ressourcen auf sehr unterschiedliche und teilweise komplexe Aspekte Rücksicht genommen werden muss“, betont Altenkamp. „Der Kampf gegen den Klimawandel kann jedoch nicht permanent als Entschuldigung dafür herhalten, dass wieder ein Stück Lebensraum und Erholungslandschaft wissentlich zerstört wird. Gerade von Firmen aus dem Bereich des Umweltschutzes würden wir uns an dieser Stelle mehr Sensibilität wünschen. Wir werden die Auswirkungen dieses Windrades auf den Habichtbrutplatz kritisch beobachten.“
21. Mai 2013